39. GA-Wandertag Ein Ort des Schreckens

RHEINBACH · Der Rheinbacher Hexenturm erinnert an ein dunkles Kapitel der Stadtgeschichte. Allein in den Jahren 1631 bis 1636 ließen die Hexenkommissare Franz Buirmann und Jan Moeden etwa 70 Menschen foltern und verbrennen. Insgesamt starben in Rheinbach 130 Menschen in den Flammen.

 Im Hexenturm wurden die Opfer eingesperrt, gefoltert und verurteilt.

Im Hexenturm wurden die Opfer eingesperrt, gefoltert und verurteilt.

Foto: Heinrich Pützler

Wenn die Teilnehmer des GA-Wandertags am Sonntag, 4. September, am Ziel ankommen, kündet der Hexenturm von einer schrecklichen Epoche der Rheinbacher Stadtgeschichte. Allein in den Jahren 1631 bis 1636 ließen die Hexenkommissare Franz Buirmann und Jan Moeden etwa 70 Menschen foltern und verbrennen. Insgesamt starben in Rheinbach 130 Menschen in den Flammen. Vorwiegend waren es ältere Frauen, aber auch Männer, die als „Werwölfe“ Kinder getötet haben sollen.

Bereits Anfang des 16. Jahrhunderts ist in Rheinbach ein Hexenprozess nachgewiesen. Styne Donnernails wurde von einer gewissen Guetgin wegen Zauberei verklagt. Einer der bekanntesten Fälle ist der von Kaufmann Hermann Löher, der 1627 Bürgermeister von Rheinbach wurde. 1631, mit 36 Jahren, wurde er als jüngster Schöffe am Hochherrengericht aufgenommen. Im gleichen Jahr begannen die Hexenverfolgungen. In Rheinbach entpuppte sich die Hexenverfolgung laut Stadtarchivar Dietmar Pertz als „mörderischer Machtkampf“ innerhalb der städtischen Führungsschicht. Fünf der sieben Schöffen flohen oder wurden ermordet.

Hermann Löher floh 1636 nach Amsterdam. Ein Gedenkstein für ihn befindet sich auf dem Rheinbacher Friedhof.

Im Wahrzeichen der Stadt, dem Hexenturm, wurden die Angeklagten eingesperrt. Dort fanden auch die Prozesse statt. Durch die grausame Nagelprobe wurden die Geständnisse erpresst. Dabei stach der Henker mit einem Nagel in die Haut. Zeigte das Opfer keinen Schmerz, galt dies als Beweis, eine Hexe zu sein.

Die damalige Hexenverfolgung ist im Kontext des Dreißigjährigen Krieges (1618 bis 1648) und einiger extrem kalter Jahre, die ganze Ernten vernichteten, zu sehen. Diese Katastrophen schob man allzu gerne „Hexen“ in die Schuhe. Rheinbach war damals durch Wollverarbeitung und Waldbesitz ein reicher Ort. Das Schöffengericht bestand aus angesehenen Bürgern, darunter auch Hermann Löher. Zunächst trug er die Hexenurteile mit. Dann wurde die angesehene Witwe Christina Böffgens hingerichtet.

Es war erstmals eine Frau aus der Führungsschicht Rheinbachs, nicht vom Rande der Gesellschaft. Löher empfand Mitleid. Als auch sein Schwiegervater hingerichtet wurde, floh Löher nach Amsterdam. Dort schrieb er seine Lebensbeichte nieder, die „Wehmütige Klage“. Sie wurde später für Historiker zu einer einzigartigen Quelle in der Erforschung der Hexenverfolgung.

Rund 380 Jahre nach ihrem grausamen Tod auf dem Scheiterhaufen wurden die Opfer vom Rheinbacher Stadtrat offiziell rehabilitiert. Rheinbachs Bürgermeister Stefan Raetz war sich im Jahr 2011 zunächst nicht sicher, ob die Stadt für eine Rehabilitierung zuständig sei. Denn die Hexenprozesse seien wesentlich von der Kirche angestrengt worden. Raetz damals: „Wir können die Schande zwar nicht auslöschen, aber wir können aus ihr lernen, heute gegen Ausgrenzung und Brandmarkung einzelner Menschen oder Gruppen vorzugehen.“

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