GA-Podium Viele Ansichten zur Sterbehilfe

BONN · Dass die Sterbehilfe ein kompliziertes Thema ist, wurde einmal mehr in der GA-Podiumsdiskussion im LVR-Museum am Mittwoch deutlich. "Es fängt schon bei den Begriffen an, die selbst Ärzte und Juristen nicht ausreichend kennen", trug Dr. Lukas Radbruch von der Gesellschaft für Palliativmedizin zu Beginn vor.

 Beim GA-Podium zum Thema Sterbehilfe diskutieren (v. l.) Dr. Lukas Radbruch, Claudia Lücking-Michel (CDU), Moderatorin Sylvia Binner, Katja Dörner (Grüne) und Ulrich Kelber (SPD).

Beim GA-Podium zum Thema Sterbehilfe diskutieren (v. l.) Dr. Lukas Radbruch, Claudia Lücking-Michel (CDU), Moderatorin Sylvia Binner, Katja Dörner (Grüne) und Ulrich Kelber (SPD).

Foto: Nicolas Ottersbach

Es gebe die Tötung auf Verlangen als aktive Sterbehilfe, dann das Sterben lassen, indem man beispielsweise Beatmungsmaschinen abschaltet, als passive Sterbehilfe und schließlich Therapien am Lebensende, die als indirekte Sterbehilfe gelten würden. Unterstütze ein Dritter auf ausdrücklichen Wunsch des Patienten den Suizid, sei es Beihilfe. Übernehme diese Rolle ein Arzt, handele es sich um ärztlich assistierten Suizid.

Worüber sich die Diskussionsteilnehmer und Bonner Bundestagsabgeordneten Claudia Lücking-Michel (CDU), Katja Dörner (Grüne) und Ulrich Kelber (SPD) unterhielten, waren vor allem die Gesetzesentwürfe, die derzeit im Bundestag diskutiert werden. Während Lücking-Michel ändern möchte, dass geschäftsmäßige Sterbehilfe unter Strafe gestellt wird, und Dörner das auf gewerbliche, also gewinnorientierte Sterbehilfe begrenzen will, sah Kelber in diesem Punkt keinen Handlungsbedarf. "Die Regelungen des Strafrechts, die wir jetzt haben, reichen aus", sagte er. Alle drei waren sich einig, dass die Palliativmedizin ausgebaut werden müsse. Und die sei finanzierbar, wenn auch mit der Unterstützung Ehrenamtlicher.

Das Publikum bewegte allerdings viel mehr die Frage, inwieweit der Wunsch und die Entscheidung über den eigenen Tod zur Selbstbestimmung und Autonomie gehöre. Ein Mann, der seit Jahren als Arzt in einem Hospizverein tätig ist, berief sich auf den hippokratischen Eid, Leben zu erhalten. "Ich für mich will und kann auch nicht die Entscheidung über meinen Tod treffen, ich gebe mich da in die Hände meiner Lieben", sagte er.

Deswegen sah er auch die Patientenverfügung als überflüssig an. Eine ältere Dame argumentierte, dass für jeden Menschen jede Behandlung verfügbar sein müsse. Auch eine solche, die für den Tod sorge. "Tod wird immer als so bedrohlich angesehen und mit etwas Schlimmem assoziiert", sagte ein Besucher. Die Menschen im hiesigen Kulturraum hätten Angst vor dem Tod, manch einer begegne dem durch Religion. Er nannte es "heuchlerisch", dass der Patient auf der einen Seite Kunde sei und bekomme was er wolle, auf der anderen aber nicht aus medizinischer Sicht den Freitod für sich wählen könne. "Letztlich sterben wir alle alleine, also sollten wir auch entscheiden können", erklärte er.

Radbruch warnte davor, die Gesetzeslage in der Palliativmedizin aufzuweichen, weil so immer neue Grenzen überschritten würden. Das System in Belgien habe gezeigt, dass sich ganze Wirtschaftszweige entwickelten.

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