4. Bonner Immobilienmesse Experten plädieren für mehr Zusammenarbeit im Immobilienbereich

Wer mit Besuchern und Ausstellern der 4. Bonner Immobilienmesse sprach, bekam bestätigt: Viele Verbraucher suchen nach wie vor händeringend ein Haus oder eine Wohnung in Bonn, ersatzweise auch im näheren Umfeld wie beispielsweise in den Kommunen Sankt Augustin, Alfter und Bornheim.

 Immobilienmesse im Telekom Dome: GA-Messetalk mit Rolf Ludwig Becker, Victoria Appelbe, Hermann Tengeler, Jens Bräutigam, Helmut Hergarten und Moderator Holger Willcke (von links).

Immobilienmesse im Telekom Dome: GA-Messetalk mit Rolf Ludwig Becker, Victoria Appelbe, Hermann Tengeler, Jens Bräutigam, Helmut Hergarten und Moderator Holger Willcke (von links).

Foto: Axel Vogel

Daran dürfte sich auch mittelfristig nichts ändern, denn wie Immobilienmakler fast unisono bestätigten, fehlt es an Objekten. Von daher wird das Thema des GA-Messetalks manchen Verbrauchernerv getroffen haben.

"Wohnen und Arbeiten in der Region - schafft mehr Miteinander zwischen Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis neue Perspektiven auf dem Immobilienmarkt?" Diese Frage diskutierte GA-Redakteur Holger Willcke mit dem Wirtschaftsförderer des Rhein-Sieg-Kreises, Hermann Tengler, sowie Victoria Appelbe, Wirtschaftsförderin der Stadt Bonn. Mit auf dem Podium saßen ferner Helmut Hergarten Hauptgeschäftsführer on Haus & Grund Bonn/Rhein-Sieg, Jens Bräutigam Geschäftsführer der Wohnbau GmbH, und Rolf udwig Becker, Inhaber des Büros Becker Immobilien aus Bonn.

Als großer Freund einer verstärkten Kooperation zwischen Kreis und Bundesstadt erwies sich bereits zu Beginn des Talks Wirtschaftsförderer Hermann Tengler. Er beschwor nicht nur die Chancen einer solchen Kooperation, sondern bezeichnete diese auch als schlichte Notwendigkeit. "Bonn und der Rhein-Sieg-Kreis sind so eng verflochten wie kaum eine andere Region in Deutschland", so Tengler. Rund 60 000 Menschen würden jeden Tag vom Kreis in Richtung Bonn pendeln.

Bonn auf Kooperation mit dem Umland angewiesen

Aber Fakt sei eben auch: "Die Region stößt mit ihrer Infrastruktur an ihre Grenzen." Es gebe insbesondere Engpässe in Bonn, wo es an Gewerbe- wie auch Wohnflächen fehle. Daher sei die Bundesstadt auf eine Kooperation mit dem Umland angewiesen: "Dazu muss die Region endlich an einem Strick ziehen", lautete der Appell des Wirtschaftsförderers.

Dem will sich Victoria Appelbe nicht verschließen, weil auch für sie klar ist: "Die hiesige Infrastruktur hält nicht Schritt mit dem Wachstum." Appelbe sieht aber bereits einen „neuen Konsens bei den Entscheidern“. Dabei verwies sie auf die Ausweisung gemeinsamer Gewerbegebiete, wie sie der Kreis unlängst auf der Grundlage eines Gutachtens angeregt hatte: „Das würde bedeuten, dass wir gemeinsam investieren müssen.“

Klar ist für Tengler aber auch, dass dann "jeder etwas gewinnen" würde – und zwar 50 Prozent Beteiligung an den Verkaufserlösen und Gewerbesteuern. Auf die Nachfrage von Moderator Willcke, wo es gemeinsame Flächen gebe, sagte Appelbe, genaue Aussagen könne man im Detail noch nicht machen, aber in den kommenden fünf Jahren könnte das Ringen um Lösungen vertieft werden, und die Flächen könnten "konkrete Formen annehmen".

Auch für Helmut Hergarten, Hauptgeschäftsführer von Haus Grund Bonn/Rhein-Sieg, ist eine intensivere Zusammenarbeit zwischen Bundesstadt und Kreis "alternativlos". Das habe auch mit einem in den nächsten Jahren erwarteten Zuzug von rund 35 000 Bürgern allein in Bonn zu tun: "Hier Arbeit zu finden, ist nicht das Problem", betonte Hergarten, "es fehlen die Wohnungen."

Daher dürften die Bürgermeister aus dem Kreis nicht länger von Bonns Beigeordneten abgefertigt werden, so der Haus & Grund-Chef. "Bonn muss sich auf Augenhöhe mit den angrenzenden Kommunen zusammensetzen." Probleme müsse man partnerschaftlich lösen, so Hergarten, wofür er Applaus der Zuhörer bekam.

Wie eng es auf dem Bonner Markt zugeht, erklärt Diplom-Immobilienwirt Rolf Ludwig Becker, der sich auch stark als Projektentwickler und im Vertrieb engagiert: "Es gibt rund 300 angemeldete Makler in Bonn, die rund 200 Einfamilienhäuser als Bestandsobjekte verwalten." Daher sei es sehr schwierig, die Nachfrage zu bedienen.

Zumal laut Becker auch viele Kunden ganz gezielt in Bonn eine Immobilie suchen würden. Appelbe appelliert an die Bundesstadt, "hier zu klugen austarierten Lösungen zu kommen".

Es gebe zwar nur wenige Potenziale, gleichwohl einige "dicke Brocken" wie die Ermekeilkaserne. Trotzdem prophezeite Kollege Tengler, dass sich mangels Flächen und zu hoher Preise „der Trend, in die Stadt zu ziehen, in einigen Jahren umkehren wird“.

Doch für Jens Bräutigam, Geschäftsführer der Bonner Wohnungsbaugesellschaft Wohnbau, besteht überhaupt noch nicht die Notwendigkeit, "Bonner Probleme in Sankt Augustin zu lösen".

Bräutigam weiß, wovon er redet: Sein bundesweit tätiges Unternehmen versucht schon seit geraumer Zeit, Wohnungsbau in Bonn zu betreiben, doch das wird ihm schwer gemacht: "Wir haben zeitgleich in Bonn und Hamburg ein Projekt gestartet. In Hamburg ist das Projekt inzwischen vollvermietet. In Bonn konnten wir bislang nur die ersten Schritte zur Erlangung des Baurechtes einleiten." Bauen in Bonn sei eine Geduldsprobe, zur Verbesserung der Situation forderte Bräutigam "Berechenbarkeit und stabile Rahmenbedingungen".

Die allgemeine Schelte von Hergarten, die Bonner Verwaltung sei "entscheidungsunwillig", wollte Bräutigam allerdings so nicht stehen lassen: "Was der Verwaltung fehlt, ist der politische Rückhalt."

Messe hat hohe Akzeptanz

Projektentwickler Rolf Ludwig Becker schlug in die gleiche Kerbe: "In Bonn wird vielen kleineren Interessengruppen, die Bauprojekte grundsätzlich gut finden, aber nicht vor der eigenen Haustür, zu viel Gehör geschenkt." Dass oft Wahlkampf auf potenziellen Baugrundstücken gemacht werde, bevor der Investor Gelegenheit habe, seine Pläne zu konkretisieren und offenzulegen, "ist ein Bonner Spezifikum", so Jens Bräutigam.

Hoch zufrieden mit der Besucher- und Ausstellerresonanz waren die Organisatoren der 4. Bonner Immobilienmesse, der General-Anzeiger und das Anzeigenportal kalaydo.de. "Die Messe hat inzwischen eine hohe Akzeptanz und einen festen Platz in der Immobilienlandschaft", betonte GA-Anzeigenleiter Martin Busch. Darum werde es im kommenden Jahr eine Neuauflage der Messe im Telekom Dome auf dem Hardtberg geben. Ein Termin steht noch nicht fest.

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