Auf Weltreise durch Bonn Vom Hauptbahnhof aus nach Griechenland, Afrika, Amerika, Tibet und Australien

Bonn · Wie weit ist es her mit dem internationalen Bonn? Auf Weltreise in der Beethoven-Stadt wird schnell klar: Multikulturell ist Bonn an allen Ecken und Enden.

 Vom Bonner Hauptbahnhof aus in die ganze Welt: Die afrikanische Lebensart ist zehn Kilometer entfernt, tibetisches Flair dagegen ist ganz nah am Zentrum der Bundesstadt zu finden.

Vom Bonner Hauptbahnhof aus in die ganze Welt: Die afrikanische Lebensart ist zehn Kilometer entfernt, tibetisches Flair dagegen ist ganz nah am Zentrum der Bundesstadt zu finden.

Foto: Lannert/Grafik: Sabrina Stamp

Griechenland - 4 Kilometer ab Hbf

Als sich die Türen öffnen, weiß ich nicht, wo ich zuerst hinschauen soll: Schnitzereien, goldener Zierrat, dunkelroter Samt und ein riesiger Kronleuchter. Ich stehe in der Kirche der griechisch-orthodoxen Metropolie in Beuel-Limperich, neben mir Erzpriester Sokratis Ntallis. Das wird wie "Thalis" ausgesprochen.

Er zeigt auf die Bonner Stadtpatrone Cassius und Florentius. Gleich neben dem Eingang sind Bilder von ihnen an der Wand verewigt. "Das sind meine Lieblingsheiligen." Die gesamte Kirche ist über und über mit Heiligen bemalt. An den Wandbildern habe ein griechischer Maler 23 Jahre gearbeitet, erklärt mir Ntallis. Er hat den Aufbau der Kirche von 1976 bis 1978 miterlebt.

Anders als in katholischen oder evangelischen Kirchen gibt es keine Bänke, nur ein paar Stühle mit klappbaren Sitzflächen. Eigentlich sitzt man nicht in orthodoxen Kirchen, erklärt Ntallis. Den Gottesdienst, der zwei bis drei Stunden dauert, verbringt die Gemeinde stehend. Obwohl ich bequeme Schuhe trage, bin ich froh, dass heute Montag ist.

Afrika - 10 Kilometer ab Hbf

Ich lausche den zarten Klängen einer afrikanischen Harfe. Der Musiker Nils Kercher singt dazu ein Lied über einen Reisenden. "Es geht darum, dass man immer wieder zu seinen Wurzeln zurückkehren soll." Wir sitzen in seinem Musikzimmer in Wachtberg. Hier gibt Nils Trommelkurse, bringt seinen Schülern bei, wie man Bongos spielt.

"Afrikanische Musik ist ein Lebensgefühl", erklärt er und erzählt von seiner musikalischen Lehre bei verschiedenen Meistern in Westafrika und wie er seine große Liebe Kora gefunden hat. Kora ist kein Mensch, sondern die afrikanische Stegharfe, deren Klangkörper aus einem Kürbis besteht. Seine Frau heißt übrigens Kira und ist Finnin. Kennengelernt hat Nils sie in Australien.

Amerika - 6 Kilometer ab Hbf

Kaum zu glauben, dass der Boden unter meinen Füßen mal zu den USA gehört hat. Ich schlendere durch die amerikanische Siedlung in Bonn-Plittersdorf. Die grünen Wiesen zwischen den Häusern, die Kirche mit dem spitzen Turm und die Mehrfamilienhäuser mit den großen Fenstern - als Deutsche wäre ich hier bis in die 1990er Jahre nur schwer reingekommen. Sicherheitsgründe. Ursprünglich lebten in der amerikanischen Siedlung nur Mitarbeiter der US-Botschaft.

Heute lese ich auf den Klingelschildern deutsche Namen, spanische oder auch russische. Nur das große Schild unter den Klingeln klingt noch ganz eindeutig nach USA: "No solicitors allowed - keine Vertreter erwünscht".

Matthias Weber von der Bonner Wohnungsbaugesellschaft lässt mich in eine der Wohnungen, und die erweist sich als typisch amerikanisch: beigefarbener Teppichboden, eine Schwingtür führt aus der Essecke des riesigen Wohnzimmers in die Küche. Dort stehen ein mannshoher Kühlschrank und ein ausladender Herd.

Asien - 1 Kilometer ab Hbf

Aus einer Ecke grinst er mich an, die ganze Zeit schon. Ich schaue kurz hin, dann wieder auf meinen Teller. Vor mir liegen neun Momos - Teigtaschen nach original tibetischem Rezept, gefüllt mit Fleisch und Gemüse. Auf dem Tisch brennt eine Kerze, die andere steht neben den Buddha-Figuren und Räucherkerzen unter dem Portrait des Dalai Lama. Die Kellnerin des Restaurants "Himalayak" in der Altstadt hat sie angezündet, als ich rein kam.

Die Momos schmecken ein bisschen wie schwäbische Maultaschen. Der Dalai Lama grinst. Aus den Lautsprechern plätschert tibetische Musik: klingelnde Windspiele und sanfter Gesang.

Ansonsten ist es still: In dem orange gestrichenen Raum sitze um diese Zeit nur ich. Die Wände sind liebevoll mit bunten Tüchern und fantasievollen Bildern dekoriert, auf einem Regal in der Ecke des Restaurants stapeln sich diverse Bücher über Tibet - und über den Dalai Lama natürlich.

"Wollen Sie mal Bier aus Nepal probieren?", fragt mich die Kellnerin. Drei Euro fünfzig. "Es wird mit Reis und Quellwasser aus dem Himalaya gebraut", erklärt sie mir. "Ich trinke kein Bier", sage ich. Und der Dalai Lama lächelt.

Australien - 1 Kilometer ab Hbf

In Meckenheim soll es Kängurus geben. Zumindest steht das auf einem gelben Schild in der australischen Bar "Billa-Bonn" in der Altstadt. Der Pfeil zeigt klar in Richtung Vorort. Ich frage mich, ob die Tiere dort überleben könnten.

Die Bar ist voller Kängurus: Eines im Logo, eines auf der Karte. Es ziert das Etikett von Australiens Bier "Foster's". Und als ich mich umschaue, entdecke ich immer mehr von ihnen an den sonnengelben Wänden, hinter Souvenirs, Bumerangs und Fahnen. Hier könnten sich die Viecher tatsächlich zu Hause fühlen. Und ich mich wie in Down Under.

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