Kölner Rasen Von der Wissenschaft des perfekten Grüns

Köln · Dieses Wetter ist gefährlich. Christoph Seiler ist in Alarmbereitschaft. Denn von den Kollegen in Hoffenheim und Berlin hat er gerade am Telefon gehört, dass sie bereits gegen einige braune Stellen kämpfen.

 Für die einen sind es nur Halme, für Greenkeeper Christoph Seiler wachsen da Sorten wie Poa pratensis und Poa annua.

Für die einen sind es nur Halme, für Greenkeeper Christoph Seiler wachsen da Sorten wie Poa pratensis und Poa annua.

Foto: Marianne Suntrupp

Die Greenkeeper im Kölner Rheinenergie-Stadion konnten das bei ihren Rasen bisher verhindern. "Das Wichtigste in diesen Tagen ist die Krankheitskontrolle", erklärt Christoph Seiler, Leiter Gebäudetechnik und Greenkeeping der Kölner Sportstätten GmbH.

Die schwül-warme Witterung und viel Regen sind eigentlich optimal für das Wachstum des Rasens, aber eben auch für Krankheiten. "Wenn man nicht aufpasst, kann der Rasen in vier Tagen braun sein", sagt Seiler. 200.000 Euro würde es kosten, ihn neu zu verlegen.

Bei ihrer Arbeit verlassen sich Christoph Seiler und seine Kollegen nicht allein auf Sonne, Wind und Regen. Umgerechnet auf das Team von Seiler, das sich auch um andere Anlagen in Köln kümmert, ist ein Kollege einen ganzen Arbeitstag lang mit dem Rasen der Profis vom 1. FC Köln beschäftigt.

Der beginnt mit dem morgendlichen Tau abziehen. Damit die Halme gut trocknen können, werden Schläuche über den Rasen gezogen. Zusätzlich stehen riesige Ventilatoren am Spielfeldrand, die für Luftzirkulation im Stadion sorgen. "Bei dem Wetter ein Muss", sagt Seiler mit Blick auf den Dauerregen, der im Juli herrschte. Spätestens alle zwei Tage wird der Rasen gemäht, auf exakt 28 Millimeter, wie es den Vorgaben der Liga entspricht.

Dabei ist das satte Grün längst nicht so eben, wie es im Fernsehen oder von den Rängen aus scheint. Nur vom Spielfeldrand ist zu erkennen, dass der Platz zur Mitte hin leicht ansteigt. 28 Zentimeter macht der Höhenunterschied aus. Das soll die Entstehung von Pfützen verhindern.

Es ist nicht die einzige Idee, überschüssiges Wasser loszuwerden. Unter dem Rasen sind in 30 Zentimeter Tiefe gut 30 Kilometer Drainagerohre verlegt. Sie dienen nicht nur der Be- und Entwässerung. Eine riesige Anlage unter der Tribüne kann Über- und Unterdruck für Wasser und Luft in den Schläuchen erzeugen.

So erhält der Boden Sauerstoff und Feuchtigkeit. Für besonders beanspruchte Rasenstellen, die wegen des Stadiondaches nicht genügend Sonne bekommen, gibt es eine zusätzliche Kur: Licht. Dafür werden Stahlkonstruktionen mit riesigen Lampen daran über den Rasen geschoben.

Zu alldem kommt die regelmäßige Krankheitskontrolle. Ein Alptraum für den Handwerkermeister Seiler, der sich zusätzlich zum Agrarfachwirt hat ausbilden lassen, ist die Wurzelhalsfäule: "Das Schlimmste daran ist, dass man sie erst sieht, wenn es zu spät ist."

Ein guter und gesunder Rasen ist mittlerweile eine Wissenschaft, über die sich die Greenkeeper ligaweit und international austauschen. So hatte die deutsche Nationalmannschaft ihren eigenen Greenkeeper in Brasilien dabei und der FC Bayern München hat in der Sommerpause rund 1,5 Millionen Euro in sein Spielfeld investiert.

Ganz so viel Geld stecken die Kölner nicht in ihren Rasen, finden aber für ihre Arbeit große Anerkennung. In der abgelaufenen Saison 2013/2014 sind sie für das "Spielfeld des Jahres" in der 2. Bundesliga ausgezeichnet worden. Diese Auszeichnung freut Christoph Seiler. Und er nimmt auch das Lob von Gästemannschaften immer gern entgegen.

Das "Nonplusultra" aber sei es gewesen, als der Co-Trainer der Nationalmannschaft, Hansi Flick, seinen Rasen gelobt habe: "Was Höheres gibt es gar nicht", schwärmt der Rasenhüter.

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