Radtour entlang der Sieg Der Fluss gibt die Richtung vor

RHEIN-SIEG-KREIS · Die Radtour entlang der Sieg ist ein faszinierendes Naturerlebnis. Weite Auenlandschaften und idyllische Dörfer prägen das Bild.

 An der Sieg: Erst fließt sie am Campingplatz Lauthausen ruhig dahin, dann kommt die Stromschnelle.

An der Sieg: Erst fließt sie am Campingplatz Lauthausen ruhig dahin, dann kommt die Stromschnelle.

Foto: Michael Lehnberg

Was ist das nur für eine komische blaue Säule, die da emporragt aus der Böschung? Jetzt weiß ich es. Der Zufall wollte es wohl so, denn zum zweiten Mal radele ich über den Siegtalradweg und treffe zwischen Buisdorf und Hennef auf dem Deich auf André Bail, Mitarbeiter des Wahnbachtalsperrenverbandes. Er hat gerade sein Notstromaggregat herausgeholt und schleift die verwitterte Säule ab. "Die wird jetzt gestrichen." Und was ist das nun für eine Säule? "Ein Peilrohr. Ein Mal in der Woche wird hier mit einem Kabellichtlot der Grundwasserspiegel gemessen. Die Ergebnisse gehen dann in den Grundwassergleichenplan ein". Aha, denke ich und verabschiede mich. Wieder etwas gelernt.

Die Tour entlang der Sieg startet am Morgen am Mondorfer Jachthafen (1), nahe der Stelle, wo die Sieg in den Rhein mündet. Der Weg führt an zwei Seitenarmen der Sieg vorbei Richtung Siegfähre. Kurz bevor das idyllische Plätzchen mit Biergarten und Gaststätte auftaucht, gilt es, sich zu entscheiden - links oder rechts der Sieg?

Ich wähle die flussaufwärts gesehen rechte Seite, wenngleich auf beiden Seiten herrlich weite Auenlandschaften das Auge erfreuen. Ich nehme dieses Mal also nicht den Weg am Fischereimuseum (2) in Bergheim vorbei. Wer den Weg zum ersten Mal fährt, sollte sich das Museum aber nicht entgehen lassen - ein lohnendes Ausflugsziel.

Nach dem Damm geht es weiter direkt an der Sieg entlang auf einem asphaltierten und gut zu befahrenen Weg an Meindorf vorbei. Auch dort bietet sich ein atemberaubender Blick auf saftig grüne Wiesen und Weiden, so als führe man durchs Auenland des Bilbo Beutlin im "Kleinen Hobbit".

Die Kette schnurrt, gleichmäßig treten die Beine in die Pedalen, der Fahrtwind sorgt an diesem schon recht warmen Morgen für ein wenig Abkühlung. Der Weg führt bei Menden unter der A 59 durch, in der Ferne sieht man schon die Abtei auf dem Siegburger Michaelsberg (3). Die Kreisstadt lohnt immer für einen Abstecher. Auf dem Markt laden Eisdiele, Restaurants und zahlreiche Cafés zum Verschnaufen ein. Nach knapp 13 Kilometern durchaus verdient.

Nach einem Cappuccino im Museumscafé geht es über die Bonner Straße (B 56) zurück an die Sieg, hinter der Mülldorfer Brücke. Als nächste Station wartet das Buisdorfer Wehr (4) mit seiner Lachs-Fang- und Kontrollstation. Dort werden im Jahr 100 bis 200 Lachse und einige tausend andere Fische registriert.

Seit gut anderthalb Stunden befinde ich mich nun auf dem rund 60 Kilometer langen Siegtalradweg, den ich heute bis Eitorf fahren will, was ungefähr 40 Kilometer sind. Auf dem 2007/2008 gebauten neuen Deich zwischen Buisdorf und Hennef erfahre ich auf einer Infotafel, dass hier der seltene und stark bedrohte Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling sein Zuhause hat. Weil die Stadt Sankt Augustin dort artenreiche Glatthaferwiesen angelegt hat. Dort ist auch der Große Wiesenknopf zu finden, der der bedrohten Schmetterlingsart Nahrung bietet.

Immer orientiert am Schild "Radweg Sieg", geht es nach der Begegnung mit André Bail weiter nach Hennef. In der Stadt suche ich aber vergeblich nach dem Logo des Siegtalradwges. Es ist ein bisschen "tricky", den richtigen Weg auf Höhe des Chronos-Geländes zu finden. Wer sich aber an das Hinweisschild mit dem roten Radfahrer auf weißem Grund hält, macht nichts verkehrt. Auch wenn die Sieg - wie auf Höhe Weldergoven oder Lauthausen - mal nicht mehr in Sichtweite ist: Das drüsige Springkraut überall am Fluss zeigt an, dass man auf dem richtigen Weg ist.

Es ist eine Traumlandschaft rechts und links der Sieg. Es duftet aus den Wiesen. In Lauthausen möchte man sich sofort auf dem idyllisch gelegenen Campingplatz einbuchen und Urlaub machen. Ein Stück weiter geht es nach Oberaul, wo die Sieg überquert wird und sich oberhalb der Siegschleife die mittelalterliche Stadt Blankenberg (5) mit der Burgruine erhebt. Im Fachwerkdörfchen Auel, das schon allein wegen seiner hübschen Häuser einen Ausflug wert ist, geht es über den an der Eisenbahnbrücke angedockten neuen Fuß- und Radweg weiter Richtung Merten. Zuvor ist eine kurze, aber knackige Steigung zu überwinden, ehe man leicht bergab zum Bahnhof Merten rollt.

Der Weg in den Eitorfer Ortsteil führt bergauf, anstrengend, aber gut machbar, auch für den weniger trainierten Radfahrer. Im Ort lohnt eine Visite des sehenswerten Schloss Merten (6), in dem sich ein Altenheim befindet. Die Außenanlagen sind öffentlich, ebenso die Caféteria in der Orangerie.

Von Merten aus heißt es wieder die muskulären Kraftquellen aktivieren. Richtung Lützgenauel wartet eine längere und ziemlich giftige Steigung auf den Radler. Doch dafür entschädigen wenig später die schöne Aussicht und die rasante Abfahrt an die Sieg nach Eitorf. Dort am Markt ist für mich und heute das Ziel erreicht. Den Abschnitt nach Windeck-Schladern spare ich mir für das nächste Mal auf. Dort ist der 84 Meter breite mehrstufige Siegwasserfall (7) zu sehen, ein Naturschauspiel. Und es gibt einen Biergarten.

Eines ist sonnenklar: Diesen Weg bin ich nicht zum letzten Mal gefahren. Den kann ich immer wieder fahren und auch Familien empfehlen. Da die Strecke Troisdorf-Windeck nahe der Bahnlinie liegt, auf der der RE 9 und die S 12 fahren, lässt es sich jederzeit bequem zu- und aussteigen - perfekt für den Ausflug mit Kindern.

In Eitorf entschließe ich mich, nicht wie geplant den Zug zu nehmen, sondern ich radele wieder zurück. Weil es hin so schön war. Es geht flussabwärts gefühlt etwas leichter. Nur wieder nach Merten hoch muss der kleine Gang herhalten. Noch einmal zieht vorbei, was auf der Tour so fasziniert: saftige Wiesen, tolle Ausblicke, weite Auenlandschaften und idyllische Dörfer.

Als ich an der Grundwasserpeil-Säule vorbeifahre, ist André Bail weg. Das Rohr aber glänzt im frischen blauen Anstrich, der Farbe des Wassers. Vor mir erhebt sich schon die Abtei auf dem Siegburger Michaelsberg. Mein letztes Ziel für heute, das ich am Ende nach gut 60 Kilometern und knapp fünf Stunden mit dem Rad einigermaßen ausgepowert erreiche - ein herrlicher Tag.

Der Siegtal-Radweg

Ausgangspunkt: Mondorfer Jachthafen, alternativ die Siegfähre. Parkplätze gibt es dort genug.

Anfahrt: Mit dem Auto über die A 3 und die A 565 bis Anschlussstelle Niederkassel. ÖPNV: Bahnhof Bonn-Beuel, linksrheinisch Bahnhof Bornheim-Roisdorf (dann die Fähre Mondorf).

Tourplanung: Der Weg ist in beide Richtungen markiert. Familien und Genussradler sollten sie als Zweitagestour mit einer Übernachtung planen.

Strecke: Die Strecke Mondorf bis Windeck ist rund 60 Kilometer lang und mit einer Fahrtzeit von 6,5 Stunden angegeben. Zumeist führt der Weg über Asphalt- und gute Schotterwege

Profil: Die Strecke ist weitgehend flach und auch für den weniger trainierten Radler gut zu fahren. Richtung Windeck sind insgesamt 272 Höhenmeter zu überwinden.

Informationen:www.siegtalradweg.com

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