Aus der Vogelperspektive Besuch auf Schloss Drachenburg offenbart Kuriositäten längst vergangener Tage

KÖNIGSWINTER · Aus der Vogelperspektive: Ein Besuch auf Schloss Drachenburg offenbart einige Kuriositäten aus längst vergangenen Tagen

Aus der Vogelperspektive: Besuch auf Schloss Drachenburg offenbart Kuriositäten längst vergangener Tage
Foto: Volker Lannert

Nicht Schloss, nicht Burg, aber auf jeden Fall herrschaftlich und beeindruckend: Schloss Drachenburg gehört zu den absoluten Top-Sehenswürdigkeiten im Rheinland. Rund 150.000 Besucher kraxeln pro Jahr den Berg hoch und tummeln sich im Schloss und Park. 200.000 Touristen lautet die Wunsch-Prognose für dieses Jahr.

Ein Magnet ist auch die Geschichte um den Erbauer Stephan von Sarter, die viele Spekulationen zulässt. Nur eines ist sicher: Der Mann war sehr vermögend. "Wir wissen wirklich nicht sehr viel über ihn", bedauert auch Joachim Odenthal, Geschäftsführer der Schloss Drachenburg gGmbH. Viele Quellen seien angezapft. Weltweit. Denn sein Geld soll er unter anderem als Börsenspekulant gemacht haben und durch eine riskante, aber gewinnbringende Investition in den Suezkanal - der Verbindung zwischen dem Mittelmeer und dem Roten Meer.

Die Belohnung: Schloss Drachenburg und ein Adelstitel. Letzteres konnte er sich ebenfalls von dem Gewinn kaufen. Seitdem wurde aus dem bürgerlichen Bonner Gastwirtsohn, Stephan Cornelius Sarter, Baron Stephan von Sarter.

1,7 Millionen Mark sollen die Baukosten der Villa verschlungen haben. Die Grundsteinlegung war 1882. Bereits 1884 war der Bau fertig. Doch wirklich darin gelebt hat er nie. Stephan von Sarter residierte in Paris. "Schloss Drachenburg ist wohl ein Stück von der Pariser Architektur inspiriert", meint Odenthal.

Aber auch eine rheinische Inspirationsquelle versteckt sich wortwörtlich unter dem Dach. Das Gewölbe des Daches wird durch eine für damalige Verhältnisse hochmoderne Stahlkonstruktion gehalten. Bis dahin wurde diese Bauweise nur im Kölner Dom verwendet. Das kommt nicht von ungefähr, schließlich war einer der Architekten der Dombauschüler Wilhelm Hoffmann.

Und eine weitere Gemeinsamkeit hat das Gebäude mit dem Kölner Dom: Es liegt auf der gleichen Achsen. Sichtbar wird dies im Kneipzimmer (siehe Punkt 11).

Nachdem von Sarter 1903 gestorben war, kaufte sein Neffe Jakob Hubert Biesenbach das Anwesen und öffnete Tür und Tor für die Öffentlichkeit - inklusive einem Souvenirshop, der unter anderem Postkarten des Anwesens verkaufte. Einige sind davon bis heute erhalten, so dass anhand dessen die Schloss-Historiker Architektur und auch Möblierung rekonstruieren konnten. Denn durch die beiden Kriege und die unterschiedlichen Nutzungen - etwa als Heim- und später als nationalsozialistische Kaderschule, sowie als Privatanwesen des exzentrischen Paul Spinat - wurde einiges an dem Gebäude verändert.

Die heutige Eigentümerin, die Nordrhein-Westfalen-Stiftung, kaufte die Villa 1989 und machte es sich zur Aufgabe, das Gebäudeensemble wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen. Etwa 15 Jahre dauerten die Arbeiten. Auch Odenthal kann sich an die Zeit noch gut erinnern: "Das war wie Lego für Erwachsene." In großen Geröllhaufen fanden die Historiker immer wieder kleine steinerne Hinweise auf das Gebäude.

Heute steht das Haus, das seit 1986 unter Denkmalschutz steht, wieder. Aber das Interieur ist noch nicht komplett. Zahlreiche Buntglasfenster und Gemälde fehlen. Sachen, die wohl nach dem Zweiten Weltkrieg von Besuchern "gesichert" wurden.

Ziel von Odenthal ist es zumindest, alle Buntglasfenster zu rekonstruieren. Die Kosten für ein einfaches Oberlicht betragen dabei zwischen 6000 und 8000 Euro. Ein großes Lancette-Fenster liegt bei etwa dem Dreifachen. Alleine in der Kunsthallen fehlen noch rund 60 Stück. Das Ziel wird unter anderem durch Übernachtungen auf dem Schloss finanziert.

1. Wagenhallenplatz: Bei gutem Wetter steht auf dem Platz vor der Wagenhalle immer ein goldener Rolls Royce. Er ist baugleich mit dem von Paul Spinat, ehemaliger und letzter privater Eigentümer von Schloss Drachenburg. Einziger Unterschied: Spinat hatte einen Linkslenker und keinen Rechtslenker wie diesen vor dem Schloss. Regelmäßig wird der Wagen gefahren.

2. Wagenhalle: Hinter dem großen, braunen Holztor verbirgt sich normalerweise eine Ausstellung zur Restaurierung und Sanierung des Anwesens. Im Moment ist dort allerdings eine Werkstatt untergebracht. In wenigen Wochen soll aber die Ausstellung in dem hohen Raum wieder zu sehen sein.

3. Nordturm: Von diesem Aussichtsturm aus haben Besucher einen ganz besonderen Blick über das Tal unterhalb des Schlosses. Zum einen ermöglicht der Turm einen 360-Grad-Blick über das Gelände. Zum anderen lassen sich von dort auch die filigranen Arbeiten an der Dachlandschaft gut anschauen.

4. Trauzimmer: Unter dem Wäge-Wage-Wappen befindet sich das Fenster des Trauzimmers. Der Leitspruch des Wappens geht auf den Erbauer des Schlosses, Stephan von Sarter, zurück. Es war sein Motto. Wenn in dem Trauzimmer gerade keine Trauung stattfindet, dürfen Besucher einen Blick hineinwerfen. Pro Jahr lassen sich dort rund 180 Paare trauen.

5. Kunsthalle: Der große Saal ist die Verbindung zwischen dem Nordturm und dem Hauptschloss. Früher waren dessen Fenster aus Buntglas. Langfristig soll dieser Zustand wieder hergestellt werden.

6. Kuppel der Kunsthalle: Nach dem Zweiten Weltkrieg war von der Kuppel nichts mehr übrig. Sie musste im Rahmen der Sanierung komplett nachgebaut werden. In einem Geröllhaufen fanden die Restauratoren einen passenden Stein. Anhand dessen waren Rückschlüsse auf die Größe und Wölbung der Kuppel möglich.

7. Billardzimmer: In diesem Raum steht ein Carambolage-Tisch, wie er schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts dort gestanden haben muss. Das Wissen dazu haben die Schloss-Historiker von Postkarten aus der damaligen Zeit.

8. Bibliothek: Auch dieses Zimmer wurde nach den Vorlagen von alten Postkarten wieder hergestellt. In diesem Raum wurden auch die ersten restaurierten Buntglasfenster eingesetzt. Sie zeigen Jagdszenen.

9. Hauptturm: Dieser Bereich ist nur bei Themen- und Sonderführungen zugänglich, da der zweite Rettungsweg fehlt. Allerdings lohnt sich der Ausflug für Architektur-Fans besonders. So gewähren diese Touren einen Blick auf die Dachkonstruktion von innen.

10. Portikus: Bei dem Aufgang und dem anschließenden Treppenhaus wird deutlich erkennbar, welche Steine alt sind und welche neu. So verweist etwa der Sockel der linken Säule auf ihr hohes Alter. Der Stein ist dunkler gefärbt und kleine Fugen verraten, dass das komplette Bauteil nicht aus demselben Stein gefertigt wurde.

11. Kneipzimmer: Bei gutem Wetter wird eine Verbindung mit Köln sichtbar. Denn das Schloss wurde auf einer Achse mit dem Kölner Dom gebaut. Wenn sich die Besucher direkt vor das große Fenster stellen, verdeckt der mittige Holzrahmen der Fensterflügel den Kölner Dom. Wer sich leicht nach rechts oder links neigt, sieht ihn wieder.

12. Venusbrunnen mit Venusterrasse: Ursprünglich stand in dem kleinen Park eine Venusstatue. Da sie aber für die späteren Nutzer des Schlosses, die Heimschule Sankt Michael, zu leicht bekleidet war, wurde sie weggenommen. Heute steht an der Stelle eine Figur mit einem langen Kleid.

13. Gelbes Haus: Das Gebäude gehört zu einer Gruppe von Blockhäusern. Sie wurden an Gäste in den Sommermonaten vermietet. Später dienten sie Privatleuten als fester Wohnsitz. Heute werden die Häuser saniert. Auch sie stehen, wie Schloss Drachenburg, unter Denkmalschutz. Ein Gebäude wird die Abteilung Museumspädagogik beherbergen.

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