Verlorenes Gepäck: Entschädigung pro Person, nicht pro Koffer

Luxemburg · Geht auf Flugreisen Gepäck verloren, muss die Airline dafür aufkommen. Teilen sich zwei Reisende einen Koffer, wird doppelt Entschädigung fällig, entschied der Europäische Gerichtshof. Schmuck und Wertgegenstände gehören trotzdem nicht in den Koffer.

 Koffer auf einem Gepäckband: Flugunternehmen müssen für verlorenes Gepäck zahlen - nicht nur pro Koffer, sondern pro Person. Foto: Federico Gambarini

Koffer auf einem Gepäckband: Flugunternehmen müssen für verlorenes Gepäck zahlen - nicht nur pro Koffer, sondern pro Person. Foto: Federico Gambarini

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Flugunternehmen müssen Entschädigung für verlorenes Gepäck zahlen - nicht nur pro Koffer, sondern pro Person. Das hat das oberste EU-Gericht in Luxemburg am Donnerstag (22. November) entschieden (Rechtssache C-410/11). Wenn Reisende sich einen Koffer teilen, habe jeder einzelne Anspruch auf Entschädigung. Er müsse aber zeigen, dass sich eigene Gegenstände in fremden Koffern befanden. Dies könne bei einer Familie, beim gemeinsamen Ticketkauf oder Einchecken der Fall sein, führten die Richter aus. Im konkreten Fall hatte eine vierköpfige Familie die Fluggesellschaft Iberia verklagt, weil auf einem Flug von Barcelona nach Paris ihr Gepäck verloren gegangen war.

Bleibt der Koffer auch nach intensiven Nachforschungen der Fluggesellschaft verschwunden, steht dem Fluggast Schadenersatz zu. Gleiches gilt bei Beschädigungen. Dazu muss der Passagier auflisten, welche Gegenstände sich im Koffer befunden haben und welchen Wert diese hatten. "Idealerweise kann ich dazu Kaufbelege vorweisen", erklärt der Reiserechtler Paul Degott aus Hannover. Häufiger Streitpunkt zwischen Airline und Fluggast ist der Zeitwert der Gegenstände.

Bei Fragen rund um Gepäckverlust tritt nicht die EU-Verordnung 261/2004 in Kraft, sondern das Montrealer Abkommen, dem unter anderem alle EU-Staaten und die USA beigetreten sind. Dabei wird der zu zahlende Höchstbetrag mit sogenannten Sonderziehungsrechten beschrieben, deren Wert sich nach mehreren Währungen richtet. Die Obergrenze liegt bei 1131 Sonderziehungsrechten, das entspricht aktuell rund 1345 Euro. Schmuck oder Wertgegenstände sollten deshalb laut Degott nicht im normalen Gepäck transportiert, sondern separat bei der Airline angemeldet werden.

Ist der Koffer verschwunden, muss trotzdem niemand seinen Urlaub ohne Zahnbürste und Badehose verbringen. Laut Degott stellen die Airlines Urlaubern für die ersten Ersatzbeschaffungen meist Geld zur Verfügung. Tun sie dies nicht, darf der Reisende die Kosten später zurückfordern. Dabei gilt das Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Wer sich bei einem Badeurlaub also zwei neue Designeranzüge als kurzfristigen Ersatz kauft, könnte Probleme bei der Erstattung bekommen.

Weltweit gehen täglich fast 90 000 Koffer im Flugverkehr verloren, in Europa sind es rund 10 000. Damit erreicht etwa ein Prozent der Gepäckstücke nicht pünktlich seinen Besitzer am Zielort. In jedem zweiten Fall geht das Gepäck bei Anschlussflügen verloren. Nach Angaben des Luftverkehrs-Netzwerkes Sita kamen 2011 weltweit knapp 26 Millionen Koffer und Taschen nicht ordnungsgemäß ans Ziel (2007 waren es noch insgesamt 42,4 Millionen). Allein bei der Lufthansa betrifft das jährlich rund 800 000 Gepäckstücke. Etwa 40 000 davon können auch nach intensiver Nachforschung keinem Fluggast zugeordnet werden und landen bei der Gepäckversteigerung.

Klage bei Flugausfall: Nationales Recht giltWie lange Reisende ihre Fluggesellschaft auf Schadenersatz bei Flugausfall verklagen können, hängt von der nationalen Gesetzgebung ab, entschied der EuGH (Rechtssache C-139/11). Welches Recht gilt, hängt vom Ort der Klage ab - dies kann entweder das Abflugs- oder das Ankunftsland sein. Dies hatten die Richter bereits 2009 entschieden. In Deutschland sind Klagen wegen des Ausfalls der Verbindung in den drei folgenden Jahren möglich. Im aktuellen Fall hatte ein Mann mehr als drei Jahre nachdem sein Flug ausgefallen war Klage gegen die Fluggesellschaft KLM erhoben.

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