Expedition zum "K2" Ein Abenteuer namens Witterschlick

Alfter · Extrem-Wandern im Rheinland? Das geht! Sophie Schimansky hat sich per Expedition zum "K2" aufgemacht - zumindest zum gleichnamigen Planquadrat auf dem Bonner Stadtplan. Dort fand sie zwar keinen Achttausender. Aber jede Menge Gefahr und Abenteuer. Ihr Expeditionsbericht.

Ich gehe noch einmal meine Ausrüstung durch: Wanderschuhe, Rucksack, Zelt, Seil, Karte, Proviant. Sogar eine Lupe, falls ich Feuer machen muss. Es soll gewittern. Hoffentlich finde ich rechtzeitig einen Platz für mein Basislager. Ich falte den Stadtplan auf und fahre mit dem Finger von links nach rechts die Buchstaben der Planquadrate entlang, bis zum "K". Dann zwei Ziffern nach unten zu "K2". Laut Karte ist dort nichts als Wald. Aber der nächstgelegene Ort heißt Witterschlick. Ein kleiner Bach scheint von dort in Richtung K2 zu fließen - da will ich hin!

9 Uhr: Regionalexpress von Köln nach Bonn

Der Bahnsteig an Gleis drei ist überfüllt. Mit dem sperrigen Rucksack komme ich kaum voran. Ich schwitze. Zäh fließen die Menschenmassen, ich lausche fremd klingenden Sprachfetzen, bin nervös und doch voller Tatendrang. Ich trete aus dem Bahnhof hinaus auf den Vorplatz.

Wie eine Wand erschlägt mich die schwüle Hitze, oder besser: ein dicker Teppich, der sich auf der Stadt ausgebreitet hat. Ich will so schnell wie möglich weg, am besten per Anhalter. Bastle mir aus einem Stück Pappe ein Schild. Habe schon die Hälfte meines Wasservorrats aufgebraucht, dabei bin ich nicht mal in der Nähe meines Ziels.

10 Uhr: Am Bonner Hauptbahnhof

Habe hilfsbereite Eingeborene getroffen. Eine Frau und ihre Tochter bringen mich bis in ihren kleinen Ort an der Stadtgrenze. Ich frage nach einem geeigneten Platz für mein Basislager. Antwort der älteren Eingeborenen: "Naja, ich würde vielleicht nicht unbedingt auf dem Dorfplatz zelten!" Ich kann den Unterton in ihrer Stimme nicht deuten. Was ist faul in Witterschlick?

10.30 Uhr: Unterwegs auf dem Feldweg

Die Einheimische hat mich am Rande des Ortes an einem Feldweg ausgesetzt. Kann nicht sagen, wie lange ich bereits dieser Schotterpiste folge. Meine Füße sind schwer, ich bin müde und hungrig. Der Stadtplan ist hier in der Wildnis wertlos, kann nur meinen Instinkten vertrauen. Da! Eine Behausung, wilde Rosen ranken sich um den hohen Zaun. Ich höre Stimmen, und frage mich: Freund oder Feind?

11.30 Uhr: Die Straße nach Witterschlick

Die Stimmen aus dem kleinen Haus klingen dumpf und unverständlich. Es duftet nach gebratenem Fleisch und Zwiebeln. Mein Magen knurrt. Soll ich die Fremden um Hilfe bei der Suche nach dem Bach bitten? Plötzlich öffnet sich die Tür. Eine alte Frau bittet mich hinein. Sie scheint nicht feindselig zu sein, bietet mir sogar an, meine mitgebrachten Ravioli zu kochen. Verschlinge die Nudeln hastig.

Ich frage nach dem Bach von der Karte. "Meine Bienen habe ich gen Westen fliegen sehen", antwortet sie. "Da muss Wasser sein." Sie klopft mir ermutigend auf die Schulter. Draußen erwartet mich wieder die flirrende Mittagshitze. Die Frau reicht mir ein Päckchen Proviant, "zum Abendessen." Am Himmel türmen sich Gewitterwolken.

12 Uhr: Mit Stadtplan in die Wildnis

Es ist windig geworden. Ich beschleunige meine Schritte. Die Felder um mich herum bieten keinen Schutz. Doch einige Meter weiter windet sich der Weg um einige Sträucher und kleinere Bäume herum.

14 Uhr: In der Hütte der Einheimischen

Ich lasse meinen Rucksack ins Gras fallen. Keine Zeit, das Zelt aufzubauen, das Wetter drängt mich, die Suche nach dem Bach zu beginnen, solange es noch trocken bleibt. Ich schlage ein dürftiges Lager aus Matten auf, den Schlafsack nutze ich als Dach. Wenn ich zurück bin, werde ich hier Schutz finden.

15.30 Uhr: Wieder draußen auf dem Feld

Der Himmel wird immer schneller dunkel. Irgendwo muss doch dieser Bach sein! Das Unwetter ist jetzt definitiv im Anmarsch. Starker Wind, die Temperatur fällt schnell, Donner grollt. Beschließe, die Expedition abzubrechen.

16.15 Uhr: Donnergrollen am Basislager

Auf der Suche nach meinem Basislager lausche ich immer wieder, ob da nicht doch irgendwo ein Bach plätschert. Aber: nichts! Als ich das Basislager erreiche, packe ich rasch alles wieder ein. Ich krame ein weiteres Mal die Karte hervor. Ich bin nicht weit von der Siedlung entfernt. Und das Wetter wird schlimmer. Ich muss eine Entscheidung fällen. Mir schießen die beunruhigenden Worte der Einheimischen durch den Kopf. Doch ich habe keine Wahl. Trotz Warnung marschiere ich Richtung Dorfplatz.

17 Uhr: Am Bahnhof in Witterschlick

Nach einigen Kilometern erblicke ich vor dem düsteren Himmel die Spitze eines Kirchturms. Der Regen prasselt. Ich habe mich auf eine kleine Treppe unter einem Dach gesetzt und warte, bis das Unwetter weiterzieht. Immer wieder versuche ich im strömenden Regen jemanden oder etwas zu erkennen - doch die Einheimischen sind in ihre Häuser geflüchtet. Ich bin erschöpft. Und enttäuscht, weil ich auf dem K2, meinem Planquadraten, meinen Bach nicht finden konnte. Aber ein Abenteuer war es!

Von Köln nach Bonn: Studenten der Kölner Journalistenschule sind für den General-Anzeiger in Bonn und der Region unterwegs. In lockerer Folge stellen wir ihre Sommer-Reportagen vor.

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