Sommertour in Bornheim Nachts im Freibad

BORNHEIM · Im Freibad unterm Sternenhimmel: Die Volontäre des General-Anzeigers und von Radio Bonn/Rhein-Sieg durften in der Dunkelheit Rutsche, Sauna und Schwimmbecken ausprobieren. Gut, dass "GA-Bademeister" Simon Bartsch für Ordnung gesorgt hat.

 Die Beamten der Bornheimer Polizei stellen sich bei Radio-Volontär Stephan Kern nicht so dumm an.

Die Beamten der Bornheimer Polizei stellen sich bei Radio-Volontär Stephan Kern nicht so dumm an.

Foto: Nicolas Ottersbach

Wenn das abendliche Kältebad für die Füße flugs die Temperatur einer heißen Käsesuppe erreicht und selbst den Nacht-Eulen der Balzruf vor trockener Kehle im Halse stecken bleibt, dann schlüpfen sie im Schutze der Dunkelheit aus ihren Löchern: die Nachtbader. Leichtbekleidet schleichen sie mit dem Handtuch unterm Arm gebückt durch die Straßen und suchen den versteckten Zutritt zur ersehnten Abkühlung - zum Freibad.

In diesen Nächten bekommt Lars Kaiser kaum ein Auge zu. Sobald das Thermometer auch in der Nacht an der 25-Grad-Grenze kratzt, schiebt der Betriebsleiter des HallenFreizeitBads Sonderschichten am fließenden Band. "Da kann man die Uhr nach stellen. Dann ist hier eigentlich jeden Abend was los", sagt Kaiser, der uns Volontären des General-Anzeiger und von Radio Bonn/Rhein-Sieg gegen 22 Uhr die Pforten zum Schwimmbad öffnet. Mit seiner Erlaubnis begeben wir uns auf die Spuren des romantischen Reizes.

Bei mir weckt das Schwimmbad erst einmal Kindheits-Erinnerungen. Hier habe ich vor mehr als drei Jahrzehnten schon im Babybecken geplanscht - heute komme ich als aufmüpfiger Nachtbader wieder. Wenn ich ehrlich bin, weckt auch das Erinnerungen an vergangene Tage. Seitdem hat sich viel verändert. Es gibt mittlerweile einen Sauna- und Ruhebereich mit zahlreichen im Rund angeordneten Blockhütten: ideal für die nötige Entspannung oder, wie in unserem Fall, die perfekte Kulisse für Fleisch vom Grill und alkoholfreie (!) Getränke. Das kleine Lagerfeuer ist natürlich im Regelbetrieb strengstens untersagt. Aber als Kaiser die Klampfe des Radio-Kollegen Stephan Kern erblickt, ist auch er hin und weg und drückt ein Auge zu, bevor er uns das Feld überlässt. Erst jetzt wird uns das Ausmaß dieser Nacht so richtig bewusst. Wir sind Herrscher über sämtliche Becken und Saunen und dank des Generalschlüssels auch über Sprungturm und Schwimmerbecken. Ein Genuss, in den der "herkömmliche" Nachtbader nur mit dem passenden Einbrecherbesteck und nachfolgender Strafverfolgung kommt.

Während sich bei meinen Kollegen, den jungen Wasserhüpfern, also der Kindheitstraum vom heimlichen Nachtbaden erfüllt, wird für mich ein anderer in jungen Jahren gehegter Wunsch endlich wahr: In roter Badehose, mit lockigem Haupthaar mime ich als der älteste und damit sicherlich auch seriöseste der Volontäre den Baywatch-Star David Hasselhoff alias Mitch Bucchanon, den Rettungsschwimmer von Malibu. Zugegeben, ähnlich wie bei Hasselhoff hat der Zahn der Zeit seit den 90ern auch an meinem Körper genagt, die Kollegen scheint das aber nicht weiter zu stören. Wie junge Hunde tollen sie im Wasser.

Sprung vom Fünf-Meter-Brett

Während Radio-Volo Stephan Kern den gewagten, aber missglückten Kopfsprung vom Fünf-Meter-Brett (Haltungsnote 1,3) probiert, kabbeln sich Jessica Lambertz von Radio Bonn/Rhein-Sieg und GA-Kollegin Katrin Puvogel um den Gummidelfin "Ruprecht". GA-Volo Marcel Dörsing und Chris Necke vom Radio liefern sich unterdessen ein packendes Wasserball-Duell und kommen dem ehemaligen Sportstudenten Sebastian Fink bei seinem Delfin-Versuch bedrohlich nahe. Der richtige Zeitpunkt einzuschreiten. Ich lehne mich gekonnt über den Beckenrand, wickle meinen Fuß um eine Metallstange - ich will ja nicht ins Wasser fallen -, platziere die Rückseite meines kleinen Fingers zwischen den Lippen und scheitere kläglich mit einem Otto-Rehagel-Pfeifversuch.

Also muss ich andere Saiten aufziehen und verschwinde in der Schwimmmeister-Kabine. Dort gibt es eine Sprechanlage. Sie ist funktionsfähig - leider fallen mir die passenden Worte nicht ein. Zum Glück flackert ein Blaulicht auf und bewahrt mich vor der peinlichen Situation. Denn im Gegensatz zu mir haben die beiden Beamten der Bornheimer Polizeiwache sofort die ungeteilte Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Das muss an der schicken Uniform liegen. "Wir fahren hier schon mehrmals in der Woche lang und schauen nach dem Rechten", erklärt Polizeikommissar Martin Stiglbauer. "Wenn wir jemanden erwischen, nehmen wir in der Regel die Personalien auf und sprechen ein Platzverbot aus."

Gemeinsam mit den Beamten stattet uns auch Herr Kaiser einen weiteren Besuch ab. Mehrmals am Abend geht er mit seinem Hund Mexx, einem 15 Monate alten Mischling, am Schwimmbad vorbei. Und erlebt die seltsamsten Dinge. Vom verliebten Pärchen, das aus dem romantischen Nachtbaden ein Nacktbaden machte, bis hin zur ebenfalls nackten Jugendgruppe, denen Kaiser die Kleider klaute - der Betriebsleiter hat nahezu alles erlebt.

"Das war schon ein wenig komisch"

Vor wenigen Jahren staunte er nicht schlecht, als eine Gruppe von Menschen weit nach Mitternacht im Freibad ihre Bahnen zog. "Normalerweise kommen die Eindringlinge ja, um ein wenig Party zu machen, oder in romantischer Zweisamkeit", sagt Kaiser. Diese Gruppe nicht. Es handelte sich um die amerikanische Schwimmnationalmannschaft, die sich auf die Olympischen Spiele vorbereitete. In Bornheim. Nachts. Unabgesprochen. "Das war schon ein wenig komisch", sagt Kaiser.

Das Toben im Wasser hat Spuren hinterlassen. Gegen zwei Uhr breiten sich Müdigkeit, aber auch Kälte zunehmend aus. Warum also nicht die Erdsauna aufsuchen, die uns ebenfalls zur Verfügung steht? Auf die angestrebten 90 Grad wird sie es zwar nicht mehr bringen, ein Nickerchen in der Blockhütte könnte dennoch zu gefährlichen körperlichen Schäden führen. Um die Volo-Bande wieder ein wenig aufzuheitern, geben Fotograf Nicolas Ottersbach und ich noch eine sehr improvisierte Version von Don McLeans American Pie zum Besten. Entweder ähneln wir mit unseren Gesangskünsten ebenfalls dem alternden David Hasselhoff oder Kerns Klampfe ist schrecklich verstimmt. Applaus gibt es für unsere Gesangseinlage jedenfalls nicht. Geht auch nicht. Die Kollegen halten bereits ihre Handtücher unter den Armen. Von unserem Frühmorgensport erschöpft, schleichen wir leichtbekleidet und gebückt die Straßen entlang - zurück in unsere Löcher.

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