Als Saunameister in den Ahr-Thermen 95 Grad – Sommertour bricht Hitzerekord

BAD NEUENAHR · Blauer Himmel, Sonne, 30 Grad Außentemperatur – kein klassisches Saunawetter. Unsere Reporter haben sich trotzdem auf den Weg in die Ahr-Thermen gemacht und waren dort wider Erwarten nicht alleine.

 Draußen heiß, drinnen noch heißer: GA-Reporter Clemens Boisserée war trotz glühenden Sonnenscheins einen Tag lang als Saunameister in den Ahr-Thermen unterwegs.

Draußen heiß, drinnen noch heißer: GA-Reporter Clemens Boisserée war trotz glühenden Sonnenscheins einen Tag lang als Saunameister in den Ahr-Thermen unterwegs.

Foto: Andreas Dyck

Warm ist es. Die 30 Grad und der wolkenlose Himmel sind ein Wetter für kurze Hosen, Freibad und Liegestuhl. Aber Stephan Kern von Radio Bonn/Rhein-Sieg und ich haben heute andere Pläne. Uns zieht es in die Ahr-Thermen, genauer gesagt: in die Saunalandschaft der Ahr-Thermen. Auf uns wartet der heißeste Ferienjob der Sommertour.

Um Saunameister zu werden, muss man Hitze mögen. Nein, man muss sie lieben. Und genießen können. So wie Jutta Heinen. Seit rund zwei Jahren ist die 46-Jährige in Bad Neuenahr für Aufgüsse und Zeremonien zuständig. Ein heißer Job. „Ich bin ein Sauna-Junkie. Für mich gibt es nichts Schöneres“, sagt sie. Im Vorbeigehen spricht sie ein älterer Herr an: „Sie haben richtig Freude an ihrem Job, das sehe ich Ihnen an“, sagt er und erntet ein breites Grinsen und zustimmendes Nicken.

Etwa 70 Angestellte arbeiten in den Ahr-Thermen, 16 davon betreuen das tägliche Saunaangebot. Egal bei welchem Wetter, egal zu welcher Jahreszeit – und vor allem auch im Hochsommer. „Das Wetter hat auf unser Angebot keine Auswirkungen.

Die Leute kommen genauso wie im Winter“, sagt Petra Till, die als Teamleiterin den Wellness-Bereich der Thermen betreut. Auch heute, an diesem Hochsommertag, sind die acht Trocken- und Feuchtsaunen im Außenbereich gut frequentiert. Und jetzt kommen auch noch wir.

Zunächst geht es in den Ankleideraum. Wir erhalten hellblaue Polo-Hemden und den wichtigsten Ausrüstungsgegenstand: ein Saunatuch. Ohne das wird es nachher auf den Holzbänken kaum erträglich sein, erklärt uns Petra Till. Dann geht es los – allerdings gehören zu unserer Ausrüstung auch Schreibblock, Kamera und Radiomikrofon.

Argwöhnische Blicke verfolgen uns – es scheint keine allzu beliebte Ausstattung im textilfreien Saunabereich zu sein. Denn Sauna bedeutet Entspannung und Ruhe – da passen ein brabbelnder Radioreporter, ein Fotograf und ein eifrig schreibender Journalist nicht rein. Der Start in den Nachmittag als Saunameister-Praktikant ist ein holpriger.

Alle zwei Stunden wird in den acht verschiedenen Saunen neu aufgegossen, mal fruchtig, mal würzig, immer heiß. In einem kleinen Schuppen werden alle Utensilien aufbewahrt und von den „Meistern“ angerührt. „Natürlich gibt es fixe Aufgüsse. Als Saunameister kann man aber auch kreativ sein und eigene Mixturen entwerfen“, erzählt Jutta Heinen, während wir Minze und Wasser mischen.

Vor der „Eventsauna“ wartet schon eine Gruppe, die sich heute als „Testgenießer“ hergeben muss – denn einen Aufguss zu mischen ist eine Sache, die Kreation dann auch auf die heißen Steine zu bringen und den aufsteigenden Dampf angenehm im Raum zu verteilen, eine ganz andere.

14 Tage dauert der Lehrgang für die perfekte Sauna-Zeremonie. Dazu gehören dann neun Aufgüsse, unterschiedliche Schwenktechniken mit dem Handtuch und Massagen mit Ölen oder Eiswürfeln.

Über zwei Stunden dauert die Zeremonie heute, verteilt auf drei Aufgüsse von je zwanzig Minuten. Die werden unterbrochen von Trink- und Duschpausen an der (sonst) kühlenden Luft.

Die Luft im Außenbereich steht. Die Sonne knallt auf die Terrasse. Optimal, um schon mal unter realitätsnahen Bedingungen das „Handtuchwedeln“ zu üben. Kreisen, schütteln, peitschen und immer darauf achten, dem Gast das Frotteetuch nicht ins Gesicht zu schlagen – ganz schön anstrengend. Stephan und ich begeben uns von der heißen Terrasse in die noch heißere „Eventsauna“. 95 Grad hat die Luft hier. „Das ist angenehmer als draußen“, stellt Saunagast Martina aus Erftstadt schon nach wenigen Minuten und dem ersten verwedelten Wasser-Minze-Dampf fest.

Dennoch: Schon nach der ersten Runde gehen 95 Grad Raumtemperatur langsam auf den Kreislauf. Und das soll auch so sein, erklärt Gesundheitsexperte Ingo Froböse: „Der Körper mag extreme Temperaturen nicht. Deshalb reagiert er zum Beispiel mit erhöhtem Stoffwechsel, um uns mit diesen Bedingungen klarkommen zu lassen.

Aber natürlich sind die Reaktionen auch belastend.“ Geradezu erfrischend wirken da die 30 Grad, wenn nach zwanzig Minuten die Tür zur Außenterrasse aufgeht und ein Glas Limonade oder die kühle Dusche wartet.

Sauna im Sommer. Wieso? Diese Frage stellen wir an diesem Sommertag unseren Zeremonie-Gästen. „Wenn die Arbeit zu sehr stresst, ist Sauna die perfekte Entspannung – auch im Sommer, wobei ich lieber gehe, wenn es draußen kalt ist“, begründet beispielsweise Doris aus der Eifel ihren Besuch.

Ihr Partner Herbert sieht es pragmatischer: „Ob Sommer oder Winter, das ist mir ziemlich egal. Ich gehe regelmäßig in die Sauna. Zum einen, weil es entspannt, zum anderen, weil es gesund ist.“

Zur Abkühlung eine Massage mit Eiswürfeln

Mit der Entspannung ist das heute so eine Sache, mit zwei Amateuren an den Aufgusseimern. Beim zweiten Gang, einem Aufguss und einem Körperpeeling mit Maisgries und Minzfresh, dürfen wir nämlich selbst anpacken. Wie ein Lasso wirft Stephan as Handtuch durch die Luft und versucht, den Dampf zu verwirbeln.

„Nein, nein, nein. Schneller und kontrollierter“, korrigiert ihn Saunameisterin Jutta Heinen und übernimmt. Die Leute sollen etwas für ihr Geld bekommen – und zwar kein Handtuch ins Gesicht. Erst beim dritten Saunagang der Zeremonie schlagen wir uns ganz gut: Zur Abkühlung werden die Gäste mit Eiswürfeln massiert.

Das gibt es in den Freibädern der Region nicht. Entsprechend seien diese kaum Konkurrenz, erklärt Thermen-Sprecherin Iris Zimmermann. „Die Leute wollen hier die Alternative zum übervollen Freibad.“ Mehr als 400 Besucher am Tag verzeichne das Bad momentan.

„Ein Großteil davon nutzt das komplette Angebot, also auch Wellnessangebote“, sagt Zimmermann. Gute Zahlen für eine Einrichtung, deren Fortbestand lange mehr als fraglich war und die nach einer kurzzeitigen Schließung die Stadt Bad Neuenahr erst vor ziemlich genau einem Jahr wiedereröffnete. Zimmermann: „Das ist unser erstes Sommergeschäft, wir sind gespannt, wie es sich noch entwickelt.“

An Jutta Heinen soll es dabei nicht scheitern. „Ich mache bis zu fünf Aufgüsse täglich, das muss der Körper abkönnen“, sagt sie und lacht. Fünf Mal mixen, aufgießen, wedeln und massieren und das mit bis zu 15 Besuchern zeitgleich in der Sauna. „Da wächst du rein“, sagt Heinen. „Und das Beste: Ich weiß nicht, wann ich zum letzten Mal krank war.“

Die präventive Wirkung scheint wie ein guter Grund, die Tastatur gegen ein Saunatuch zu tauschen. Doch für mich ist nach einem Tag als Saunameister klar: Dieser Job ist mir zu schweißtreibend.

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