Mediterranes Flair ...hier unten, da leuchten wir

Bonn · Ein Hauch von Sommerurlaub: Simon Bartsch war auf der Clemens-August-Straße unterwegs.

 Mediterranes Flair macht sich breit, wenn man an einem Sommerabend auf der Clemens-August-Straße unterwegs ist, findet unser Autor Simon Bartsch.

Mediterranes Flair macht sich breit, wenn man an einem Sommerabend auf der Clemens-August-Straße unterwegs ist, findet unser Autor Simon Bartsch.

Foto: Nicolas Ottersbach

Ein leichter Wind kühlt die von der Sonne erhitzte Promenade, Radfahrerinnen mit Handtuch auf dem Gepäckträger halten neben aufgemotzten Autos, in denen braun gebrannte Muskelpakete sitzen. Nur wenige Meter entfernt trinken Herren in maßgeschneiderten Anzügen mit Frauen in schicken Sommerkleidern ein Glas Wein. In den zahlreichen Restaurants und Bars auf der Clemens-August-Straße heißt es im Sommer: Sehen und gesehen werden. Nirgendwo in der Stadt erlebe ich solch mediterranes Flair wie auf den wenigen Metern zwischen Botanischem Garten und Poppelsdorfer Platz.

Wenn sich Melbbad und die Wiese vor dem Poppelsdorfer Schloss leeren, füllen sich langsam die Lokale auf der Clemens-August-Straße. Ich beginne meinen Abend in einem der Restaurants. Und davon gibt es viele. Ob Mexikaner, Libanese, Argentinier oder Chinese – für jeden Geschmack ist etwas dabei. Und für jede Geldbörse: Der Edelitaliener liegt nur wenige Meter neben der türkischen Imbissbude. Zugegeben, der Sitzplatz direkt an der Straße ist alles andere als ruhig. Doch mit sehr viel Vorstellungskraft und geschlossenen Augen wird der Fahrzeuglärm zum Rauschen des Meeres.

„Hier ist es doch schön, oder?“, fragt eine Frau, die sich gerade von ihrem Fahrradhelm befreit. Ihr ebenfalls behelmter Begleiter nickt, scheint aber ob der viel befahrenen Straße noch nicht überzeugt. Während ich auf meinen Burger warte, hält ein Auto in zweiter Reihe. Der Fahrer schaltet die Warnblickanlage an, steigt aus und setzt sich in der gegenüberliegenden Bar an einen voll besetzten Tisch. Das Auto wird sich während meines gesamten Abendessens nicht vom Fleck bewegen.

In der Eisdiele auf der Ecke gibt es den passenden Nachtisch. Eine Gruppe von Italienern lässt mich von Sommerferien in Apulien träumen. „Die Meile ist natürlich bekannt für ihren Flair. Das gibt es in Bonn so nicht noch einmal“, sagt Besitzer Aurelio Lazzarin. Seit 1998 führt er den Familienbetrieb in unmittelbarer Nähe zum Botanischen Garten. Für das Wohl ihrer Gäste zeigt die Familie vollen Einsatz: Sommerurlaub gibt es nicht, denn zu dieser Zeit herrscht Hochsaison. Dafür schließt das Eiscafé im Winter vier Monate lang seine Pforten. „Das ist dann der Lohn für die harte Arbeit“, sagt Lazzarin.

Es ist dunkel geworden am Himmel. Doch hier bekommt der markante Sternenhimmel nicht viel Aufmerksamkeit in dieser Nacht, wird doch die Straße von zahlreichen Laternen und Kneipenbeleuchtungen erhellt.

„Für einen Urlaub in Spanien fehlt mir das nötige Kleingeld. Aber das hier ist doch die perfekte Alternative.“

Von Italien sind es nur wenige Schritte bis nach Kuba: Direkt neben der Eisdiele liegt das Havanna, ein beliebter Treff für das junge Publikum. Die Bänke sind bis auf den letzten Platz gefüllt. „Wir versuchen den Gästen einen Hauch von Sommerurlaub zu vermitteln“, sagt Kellnerin Johanna Dicken. Und das offensichtlich erfolgreich. „Ich bin gerade erst umgezogen“, erzählt Julia, die mit ihren Freundinnen hier ist. „Für einen Urlaub in Spanien fehlt mir das nötige Kleingeld. Aber das hier ist doch die perfekte Alternative.“

Ein weißer Audi biegt mit quietschenden Reifen um die Ecke und gibt auf der Clemens-August-Straße Vollgas. Er fährt schon zum x-ten Mal vorbei. „Das ist hier normal“, sagt Julia. „Hier kommen zig Angeber mit ihren aufgepimpten Autos entlang.“ Einige Meter weiter stehen vor einer Bar zwei Liegestühle. Der Cocktail schmeckt auf dem gemütlichen Platz besonders gut. Der Ausblick lässt allerdings zu wünschen übrig. Anstelle von Segelschiffen am Horizont sehe ich zwei ältere Männer, die offenbar schon zu viel getrunken haben. Über ihre Witze kann ich nicht lachen. Um 23 Uhr werden die Straßenlaternen abgeschaltet. Die Werbetafeln der Bars spenden den „Urlaubern“ dennoch ausreichend Licht.

Eine gute Stunde später wandert der Pulk ins Ladeninnere. So auch Marco. „Jetzt fängt die Sommernacht erst richtig an“, sagt er und lächelt. Er weiß offenbar nicht, dass diese Bar am südlichen Teil der Straße schon bald schließt. „Ich treffe mich gleich mit einem Mädchen. Mal sehen, was daraus wird.“ Dazu muss er vielleicht noch einmal Richtung Norden wandern. Dort schließen die Bars nämlich erst zwischen zwei und drei Uhr – und dann wird es auch auf der Clemens-August-Straße dunkel.

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