"Margos Spuren" Sehnsuchtsvolle Schnitzeljagd

Vampire, Werwölfe, Superhelden oder düstere Zukunftsszenarien gehören nicht zu seinem Erzählkosmos. Trotzdem zählt John Green zu den erfolgreichsten Jugendbuchautoren, vielleicht gerade, weil seine Geschichten ganz im Hier und Jetzt verankert sind.

 Der schwer verliebte Junge und seine Traumfrau: Filmszene mit Cara Delevingne und Nat Wolff.

Der schwer verliebte Junge und seine Traumfrau: Filmszene mit Cara Delevingne und Nat Wolff.

Foto: Twentieth Century Fox

Das Geheimnis von Greens Romanen ist, dass er die Gefühls- und Erlebniswelten von Teenagern ernst nimmt, die Intelligenz der jungen Leserschaft nicht unterschätzt und die Emotionen seiner Figuren auf Augenhöhe verhandelt - ganz unverschnulzt und trotzdem herzzerreißend. 2014 zeigte sich mit dem Krebsdrama "Das Schicksal ist ein mieser Verräter", dass sich dieser Mut zur Komplexität auch im Kino auszahlt. Nun folgt mit "Margos Spuren" die Adaption eines etwas älteren Green-Romans. Auch dies eine leidenschaftliche Jugendliebesgeschichte, die jedoch auf weniger tragischem Terrain ausgetragen wird.

Margo Roth Spiegelman (Cara Delevingne) ist die coolste Braut an der High-School. Sie wird von allen bewundert, weil sie ihren eigenen Kopf hat und immer für eine Überraschung gut ist. Quentin (Nat Wolff) kennt sie schon seit Kindertagen. Aber dann kam die Pubertät mit dem Reifungsgefälle zwischen Mädchen und Jungen.

Während Margo zum geheimnisumwitterten Star der High-School aufstieg, wurden Quentin und seine nerdigen Freunde vom innerschulischen Mainstream ignoriert. Bis eines Nachts Margo wie früher zum Fenster einsteigt und ihn für einen nächtlichen Rachefeldzug gegen ihren untreuen Geliebten entführt. Am nächsten Tag ist Margo verschwunden.

Aber sie hat Spuren und Hinweise hinterlassen, die Quentin Stück für Stück entschlüsselt. Gemeinsam mit seinen Freunden beginnt für ihn eine Schnitzeljagd, in deren Verlauf die Bedeutungsebenen eines Gedichts genauso erforscht werden müssen wie verlassene Geisterstädte.

"Margos Spuren" geht in Form einer Schatzsuche dem Wesen der romantischen Liebe auf den Grund. Der schwer verliebte Quentin mystifiziert seine Angebetete hoffnungslos, aber auch für seine Mitschüler ist die vermeintlich geheimnisvolle Margo vor allem eine Projektionsfläche für eigene unausgelebte Sehnsüchte.

Als romantischer Held gibt Quentin alles, um die Frau seines Herzens wiederzufinden und ihr mysteriöses Wesen zu entschlüsseln. Am Schluss muss er festzustellen, dass die Wahrheit eine profane Angelegenheit sein kann und sein persönliches Happy End einen ganz anderen Verlauf nimmt. Regisseur Jake Schreier hat den Stoff für die Leinwand mit großer Behutsamkeit entschlackt, nimmt sich Zeit, die sehnsuchtsvolle Suche seines jungen Helden zu einem allmählichen Reifungsprozess auszubauen, und findet den richtigen Erzählton für die schwebende Stimmung, in der sich die Jugendlichen in den Wochen vor ihrem High-School-Abschluss befinden.

Die emotionale Wucht, die "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" auszeichnete, findet man hier vielleicht nicht, aber jenen unaufdringlichen, lebensphilosophischen Erkenntnisdrang, der alle Green-Romane antreibt - von denen sicherlich noch weitere den Weg ins Kino gehen werden.

Kinopolis, Stern, Woki

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