Intergalaktischer Bilderrausch Kinokritik zu „Valerian – Stadt der tausend Planeten“

Action-Meister Luc Besson überzeugt mit „Valerian – Stadt der tausend Planeten“. Man muss Bessons kreativen Enthusiasmus bewundern, mit dem sich „Valerian“ von den sterilen US-Blockbustern deutlich abhebt

 Auf der Jagd nach dem Transmutator: Dane DeHaan in „Valerian – Stadt der tausend Planeten“. FOTO: STX

Auf der Jagd nach dem Transmutator: Dane DeHaan in „Valerian – Stadt der tausend Planeten“. FOTO: STX

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Als Regisseur und Produzent gehört Luc Besson zu den wenigen europäischen Filmemachern, die es immer und immer wieder mit Hollywood aufnehmen wollen. Bevorzugt wildert er in Genres und Marktsegmenten, in denen sich die amerikanische Filmindustrie als Platzhirsch behauptet. Dutzende von Action-Filmen hat Besson auf den Weg gebracht und konnte mit einschlägigen Franchises wie „Taken“ oder „Transporter“ auch an den US-Kinokassen punkten.

Und nun begibt er sich mit „Valerian – Stadt der tausend Planeten“ auf das hart umkämpfte Parkett der Comic-Verfilmungen. Als Vorlage diente Besson die futuristischen Comic-Serie „Válerian et Laureline“ (deutsch: „Valerian und Veronique“) von Jean-Claude Mézières und Pierre Christin. Schon George Lucas soll das Comic-Werk als Inspiration für „Star Wars“ gedient haben, und so darf es nicht verwundern, dass auch in Bessons Film eine Vereinte Intergalaktische Föderation im Zentrum des Interesses steht.

In einer hübschen Eingangssequenz wird der Brückenschlag zum Jahr 1975 gemacht, wo amerikanische und sowjetische Astro- und Kosmonauten sich zum ersten Mal im Weltall die Hand reichten, über die Jahrzehnte hinweg, in denen immer mehr Nationen aus verschiedenen Galaxien an die Raumstation andocken, bis hin ins 28. Jahrhundert, wo aus dem multikulturellen Projekt der synthetische Planet „Alpha“ entstanden ist. Aber nach dem Vorspann katapultiert sich der Film erst einmal in eine ganz andere Welt.

Die Flucht gelingt nur wenigen

Auf dem paradiesischen Planeten Mül lebt eine Spezies in Harmonie der Natur, bis ein fremder Krieg hereinbricht und sich nur einige wenige in ein Fluchtraumschiff retten können. Hier greift Besson schon tief in den digitalen Tuschekasten und zeigt, dass neben der Comic-Vorlage auch die überbordenden Fantasy-Welten von „Avatar“ als Anreiz dienten. Die Szene entpuppt sich scheinbar als Traum des intergalaktischen Geheimagenten Valerian (Dane DeHaan), der mit seiner Kollegin Laureline (Cara Delevingne) durchs Weltall schippert. Das Paar bekommt den Auftrag, einen sogenannten Transmutator, den letzten Lebenden vom zerstörten Planten Mül, aus den Fängen einer Schieberbande zu befreien.

Den ersten Einsatz auf einem virtuellen Großbasar kann man sich am besten als eine James-Bond-Eröffnung im LSD-Format vorstellen. Bei der Einfahrt ins Metropolis des Planeten Alpha steigert sich der visuelle Rausch noch einmal. Deutlich erkennt man hier auch, dass Besson an seinem eigenen Kultfilm „Das fünfte Element“ anknüpft, der ebenfalls durch die Comics von Mézières und Christin inspiriert wurde.

Zwanzig Jahre später sind die Möglichkeiten digitaler Bildproduktion unermesslich und Besson greift in die Vollen, wie ein Kind in der Spielzeugabteilung eines Großkaufhauses. Der kreativen und kinetischen Energie dieses Filmes kann man sich nicht entziehen. Dennoch kann der Rausch der Bilder nicht über die Schwächen des Drehbuches hinwegtäuschen, das keinen wirklichen Spannungsbogen entwickelt.

Auch die amourösen Unstimmigkeiten in der heroischen Paarbeziehung verdampfen emotional im Ungefähren. Delevingne macht als toughe Agentin eine gute Figur, was auch den Vorlieben des Regisseurs entspricht, der seit „Nikita“ (1990) die Sexyness seiner Frauencharaktere immer in deren Überlegenheit suchte. Dagegen bleibt DeHaan als Titelheld blass. Den verwegenen Alleskönner nimmt man ihm nicht ab. Dennoch muss man bei aller Unvollkommenheit Bessons kreativen Enthusiasmus bewundern, mit dem sich „Valerian“ von den sterilen US-Blockbustern deutlich abhebt. ⋌Woki, Kinopolis

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