"Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind" Die Zauberei im Verborgenen

Bonn · Mit „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ erscheint ein weiteres Fantasy-Abenteuer aus der Feder von „Harry Potter“-Autorin J.K. Rowling; mit neuen Figuren und neuer Geschichte. Ob sich der Ausflug in das New York der 1920er Jahre lohnt? Unsere Filmkritik.

 Die Helden aus "Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind": Jacob Kowalski (v.l.n.r.), Newt Scamander und Tina Goldstein.

Die Helden aus "Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind": Jacob Kowalski (v.l.n.r.), Newt Scamander und Tina Goldstein.

Foto: Jaap Buitendijk/Warner Bros./dpa

In der Welt geht die Panik um: der Magier-Terrorist Grindelwald verbreitet Angst und Schrecken. Nach Taten in Europa fürchten sich nun auch die USA davor, dass der Zauberer dort Schaden anrichtet. Und tatsächlich häufen sich die mysteriösen Vorfälle in New York: Ganze Häuser werden zerstört, Straßenzüge aufgebrochen; eine noch unbekannte magische Macht scheint dahinter zu stecken.

Ganz andere Probleme hat parallel dazu Newt Scamander nach seiner Ankunft in New York. Der britische Abenteurer ist mit seinem magischen Koffer voller phantastischer Tierwesen gerade eingereist - obwohl das in den USA streng verboten ist – als ihm eines seiner Tiere, ein Niffler, entwischt, und ein großes Chaos anstiftet. Der Zauberer bekommt das Wesen zwar wieder eingefangen, da naht schon das nächste Unheil: Er vertauscht versehentlich seinen Koffer mit dem des Fabrikarbeiters Jacob Kowalski. Der erlebt dann in seiner Wohnung die böse Überraschung, als ihn die Wesen aus dem Gepäckstück anspringen, die Einrichtung und die Hauswand verwüsten und dann in die Straßen der Stadt fliehen. Nun muss Newt seine Ausreißer wieder einfangen. Ihm auf die Schliche kommt die degradierte Aurorin Porpentina Goldstein, die die Tiere samt ihren Besitzer einfangen und so die Gunst der Präsidentin des magischen Kongresses der USA zurückzugewinnen will.

Inspiriert von dem fiktiven Sachbuch „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ kommt nun, fünf Jahre nach dem Kinostart des letzten „Harry Potter“-Films, eine weitere Verfilmung aus dem Universum von Joanne K. Rowling auf die Leinwand. Und eben die titelgebenden Tierwesen sorgen dafür, dass dieses Fantasy-Abenteuer über weite Strecken schöne und durchaus charmante Unterhaltung bietet. Da stibitzt der maulwurfartige Niffler mal wieder Wertsachen, da sorgt ein flusspferdähnliches Wesen für Aufregung im schneebedeckten Central Park: Diese Situationen sind voll von Wortwitz und auch Slapstick-Momenten, teilweise aber nahe der Grenze zum Übertriebenen. Die Bandbreite der Fantasy von Rowling, die das Drehbuch zum Film schrieb, zeigt sich besonders, wenn die Helden sich im Koffer aufhalten und die vielen Wesen näher vorgestellt werden.

Eine Welt, in der Zauberei stattfindet

Doch anders als bei „Harry Potter“ ist die Welt in „Phantastische Tierwesen“ keine Zauberwelt, sondern eine, in der Zauberei stattfindet, wenn auch meist nur im Verborgenen. Angesiedelt im New York der 1920er Jahre, optisch auch hier schön umgesetzt, halten sich die Zauberer in der Öffentlichkeit bedeckt. In den USA breitet sich angesichts der Taten von Grindelwald in Europa Panik aus; doch vor den in Amerika lebenden Zauberern hat die Bevölkerung, und teilweise die Politik, ebenso Angst. Und das nur, weil sie auch zaubern können. Mit diesen politischen Untertönen und einer ernsten und düstereren Stimmung setzt der Film einen Gegensatz zur fröhlichen Jagd von Newt nach seinen Tierwesen. Und besonders im Verhältnis zwischen No Majs, das amerikanische Synonym zum Muggel, also den Nicht-Zauberern, bieten sich spannende gesellschaftliche Fragen. Doch diese werden höchstens angedeutet, diskutiert werden sie nicht. Auch macht es sich der Film bei der Beantwortung dieser Fragen am Ende doch sehr einfach.

Da ist „Phantastische Tierwesen“ eben doch „nur“ ein Unterhaltungsfilm. Den größten Reibungspunkt, jedoch im Sinne der leichten Komödie, bietet sich noch durch den Fabrikarbeiter Jacob Kowalski, der zusammen mit den zaubernden Titelhelden das Abenteuer erleben darf und immer wieder über ihre Fähigkeiten wundert. Hier findet eine Annäherung zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen statt.

Lange Zeit laufen auch die beiden Handlungsstränge, das Einfangen der Tierwesen auf der einen und die düsteren Bedrohungen auf der anderen Seite, mehr neben- als miteinander. Erst im Verlauf der Handlung häufen sich die Bezugspunkte, besonders gelingt dies in der Integration der Tierwesen und ihrer Fähigkeiten.

Jacob in der Rolle des staunenden Zuschauers

Generell wartet der Film mit einigen spannenden und interessanten Nebenfiguren auf. Kowalski ist nicht bloß ein sympathischer Side-Kick, sondern sein gutes Gemüt macht ihn zu einem Freund von Newt, dessen Staunen über die Zauberer auch dem Zuschauer immer wieder die Magie in dieser eigentlich „normalen“ Welt in Erinnerung ruft. Jacob nimmt quasi die Rolle des staunenden Kinozuschauers in der Erzählung ein.

Daneben ragen der zwielichtige Magier-Agent Percival Graves und eine magierfeindliche Gruppierung um Mary Lou und ihrem Ziehsohn Credence, deren Absichten und Hintergründe teilweise im Verborgenen liegen, noch aus den vielen Figuren heraus, die der Film neu in die Erzählwelt integrieren muss. Das gelingt mal mehr, mal weniger überzeugend. So wird vieles, besonders im Hinblick auf den Protagonisten, nur angedeutet, einzelne Handlungselemente hängen nach dem Filmende in der Luft. Allerdings ist „Phantastische Tierwesen“ auch erst der Auftakt zu einer fünfteiligen Filmreihe. Möglichkeiten und auch Chancen, Offenes auszuerzählen oder Diskussionen wieder aufzugreifen, bieten sich also genug.

Potenzial für die Fortsetzungen

Mit der Autorin Joanne K. Rowling und Regisseur David Yates, der schon die letzten vier „Harry Potter“-Verfilmungen inszenierte, in der Verantwortung, liegen Vergleiche mit der in Hogwarts spielenden Filmreihe natürlich nahe. Und mit Einblendung des Logos erklingt direkt zu Beginn auch eine vertraute Filmmelodie; inhaltlich belässt es der Film aber überwiegend bei Andeutungen an Altbekanntes, wenn beispielsweise Newt, ehemaliger Schüler von Hogwarts, seine Zauberschule anspricht. Abwarten, was sich Rowling und Yates, der alle weiteren Teile inszenieren wird, für die Fortsetzungen einfallen lassen. Steigerungspotenzial und zahlreiche Möglichkeiten bietet der insgesamt solide und unterhaltsame Auftakt in jeden Fall.

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