„Jason Bourne“ im Kino Blutige Jagd nach Bonusmeilen

Bonn · Ab Donnerstag im Kino: Matt Damon ist zurück und verkörpert „Jason Bourne“. Das fünfte Abenteuer der Serie führt den Agenten-Killer nach Reykjavik, Athen, Rom, London, Berlin und Las Vegas.

 Immer unterwegs: Jason Bourne (Matt Damon) drückt in Folge fünf der Reihe aufs Tempo.

Immer unterwegs: Jason Bourne (Matt Damon) drückt in Folge fünf der Reihe aufs Tempo.

Foto: epd

"Ich erinnere mich, ich erinnere mich an alles“, meint er zu Beginn. Doch damit stapelt Jason Bourne ein wenig hoch. Gewiss, im „Bourne Ultimatum“ (2007) fand er seine per Gehirnwäsche ausradierte Identität weitgehend zurück. Und konnte als CIA-programmierte Kampfmaschine gewissermaßen die eigene Festplatte löschen.

Dass der Killer-Agent jedoch auf dem Weg zum eigenen Ich noch einige Action-Stolpersteine aus dem Weg räumen muss, zeigt nun Teil fünf der Serie. Im vorigen Kapitel hatte Jeremy Renner als Ersatzheld versagt, doch nun wird wieder nach dem Reinheitsgebot gebraut: Ur-Bourne Matt Damon ist zurück und zumindest physisch in Topform: Beim illegalen Boxkampf an der griechisch-albanischen Grenze fällt er den Gegner mit dem ersten Hieb, doch Jasons Psyche scheint weniger abgehärtet als die Faust.

Albtraumbilder flackern durch sein Hirn: das Treadstone-Programm, sein erster Mord und all die anderen, dazu immer wieder der Attentatstod des Vaters. Genau hier setzt seine frühere Kampfgefährtin Nicky (Julia Stiles) ein. Als sie einem neuen perfiden CIA-Projekt namens Ironhand auf die Spur kommt, ködert sie Bourne mit Geheiminformationen über seine Rekrutierung und die Rolle, die sein Vater dabei spielte. Klar, dass das wiedervereinte Enthüllungsgespann bei der CIA alle Alarmsirenen schrillen lässt.

Und Regisseur Paul Greengrass macht von Beginn an keine Gefangenen. Im flammenden Athener Protest-Inferno hetzt er Jason und Nicky gleich einen Superkiller namens Asset (Vincent Cassel) auf den Hals. Faszinierend, wie die Geheimdienstler ihr elektronisches Raster über die brennende Metropole werfen, blitzschnell Individuen aus dem Chaosgewimmel picken und entsprechend ihre Truppen lenken.

In der Kommandozentrale huschen Finger über die Computertastaturen, auf der Straße fliegen Molotowcocktails, brechen Knochen, sterben Menschen. Technische Finesse und brutalste Gewalt kann niemand so furios verzahnen wie Greengrass. Gewiss kennt man dieses virtuose Regie-Schema inzwischen fast auswendig. Doch sei's drum: Nervöse Reißschwenks, skalpellscharfe Schnitte und zehntelsekundengenau getaktete Nahkampfchoreographie geben dem Geschehen eine überrumpelnde Wucht. Schleudertraumakino im tiefroten Drehzahlbereich. Nebenbei drückt das Drehbuch einige aktuelle Krisenknöpfe: Griechenlandmisere, Terror aus Nahost, dazu ein Teufelspakt staatlicher US-Überwachungsfanatiker mit den neureichen Gründern sozialer Netzwerke.

Schon in den Vorgängerfilmen waren die Machtzentralen moralische Kältekammern, doch in „Jason Bourne“ sinkt die Temperatur weiter. CIA-Boss Robert Dewey, verkörpert von einem fast satanischen Tommy Lee Jones, paktiert hier mit der skrupellosen (?) Streberin Heather Lee (so schön wie dubios: Alicia Vikander). Doch auf Allianzen ist kein Verlass. Denn das schizophrene System, das im Namen nationaler Sicherheit selbst Terror verbreitet, frisst seine Kinder. Auch diese bittere Botschaft ist allerdings keine Novität der Serie. Ohnehin zählt auf der blutigen Bonusmeilenjagd zwischen Reykjavik, Athen, Rom, London, Berlin und Las Vegas eine möglichst kurze Reaktionszeit mehr als die Muße zu gesellschaftskritischer Reflexion.

Und der Titelheld? Bleibt im gnadenlosen Dauerstress des Action-Stakkatos gefangen. Den Preis dieser endlosen Zerreißprobe macht Matt Damon zwar ab und an mit einem müden Seitenblick spürbar, doch das Drama dieses staatlich traumatisierten Charakters wird eher an- als ausgespielt. Und bei der finalen Autoverfolgungsjagd durch Las Vegas entfesselt Greengrass eine monströse Materialschlacht.

So verlässt man das Kino nach zwei Stunden eher gründlich geschüttelt als sonderlich gerührt. Und mit dem flauen Gefühl, dass Jason Bournes Märtyrergeschichte nun doch auserzählt ist.

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