Gegensätze ziehen sich an Komödie "High Society": Luxustussi im Plattenbau

Berlin · Als Autorin von Kinohits wie "Keinohrhasen" hat sich Anika Decker einen Namen gemacht. Mit "Traumfrauen" feierte sie 2016 ihr erfolgreiches Regiedebüt. Und nun ist ihr auch die Komödie "High Society" zur amüsanten Unterhaltung geraten.

 Anabel von Schlacht (Emilia Schüle, M) wurde nach der Geburt vertauscht und zieht von der Villa in eune Plattenbau-WG.

Anabel von Schlacht (Emilia Schüle, M) wurde nach der Geburt vertauscht und zieht von der Villa in eune Plattenbau-WG.

Foto: Edith Held/Warner Bros

Beim Titel "High Society" schwärmen etwas ältere Filmfans wohl unwillkürlich von der Kinokönigin Grace Kelly, wie sie auf einer Bootstour mit dem unvergleichlichen Bing Crosby den romatischen Song "True Love" anstimmte.

Bevor sie kurz darauf als Fürstin von Monaco selbst die höchste Ebene der internationalen Gesellschaft erklomm. Im Jahr 2017 ist "High Society" aus anderem Holz geschnitzt als der Hollywood-Klassiker von 1956 - nicht nur wegen des Untertitels "Gegensätze ziehen sich an": Knallhart richtet sich die gleichnamige deutsche Liebeskomödie von Anika Decker an ein deutlich junges Publikum und buhlt mit schnellen Bildern aus dem Berlin der Gegenwart, poppiger Musik und jeder Menge frechen Sprüchen um Aufmerksamkeit.

Dabei hat auch dieser Filmspaß seine Meriten. Die 42-jährige Decker, die als Drehbuchautorin für Kinohits wie Til Schweigers "Keinohrhasen" (2007) und Detlev Bucks "​Rubbeldiekatz"​ (2011) reüssierte und mit "Traumfrauen" 2016 ihr erfolgreiches Regiedebüt feierte, baut in die von ihr selbst verfaßte, eher seicht daher kommende Geschichte durchaus nachdenkenswerte Aspekte ein. Identitätssuche und wahre Werte zum Beispiel. Und ein erstklassiges Darstellerensemble lässt sich spürbar gern mitreißen vom schrägen Geschehen. Macht so aus dieser "High Society" auch eine schrill-amüsante Gesellschaftssatire.

Allen voran agiert Katja Riemann ("Fack ju Göthe") schwer berlinernd als Proletin mit buddhistischen und konsumkritischen Ambitionen. Ihre Carmen Schlonz, eine Supermarktkassiererin, die den Kunden so manches Produkt ausredet, ist die wahre Mutter der Heldin Anabel von Schlacht (Emilia Schüle, "Jugend ohne Gott"). Bislang wähnte sich die 25-Jährige nämlich als Tochter einer schwerreichen, wenngleich dekadenten Unternehmerfamilie. Lebte ein Leben mit Designerklamotten und Luxusparties, in dem allein ihre Bis-Dato-Mutter Trixi (Iris Berben, "Jugend ohne Gott") nervte. Denn diese Frau mit gelifeten Pobacken und gekauftem Realschulabschluss kreist allein um sich und ihr Image als Charity-Lady. Doch dann stellt sich bei einem handfesten Skandals heraus, dass Anabel als Baby in der Klinik von Prosecco trinkenden Säuglingsschwestern vertauscht worden war.

Also machen sich die im Kern gutherzige Anabel und ihr Gegenstück, die aufstiegswillige Aura Schlonz (Caro Cult, "Gut zu Vögeln"), auf den Weg in ihre eigentlichen Elternhäuser: Die eine in die modernistische Protzvilla der von Schlachts, die andere in die Plattenbau-WG, in der die Hanf rauchende Mutter Schlonz mit zwei weiteren Kindern von verschiedenen Männern und einem illegalem Untermieter haust. Schon vor der Haustür gerät Anabel in Disput mit dem attraktiven Polizisten Yann (Jannis Niewöhner, "Ostwind - Aufbruch nach Ora"), der ebenso spitzzüngig drauf ist wie sie.

Die turbulenten Szenen und Begegnungen, die folgen, bis die Heldin am Ende weiß, wer sie wirklich ist und wohin sie gehört, sind wahrhaft leichtfüßige Kinokost. In der nicht zuletzt Dialogzeilen wie "Wer Geld hat, hat auch Brüste" - hier geflötet aus dem überschminkten Mund der Trixi von Schlacht - für gute Laune und gelegentlich eine kleine Einsicht sorgen.

High Society - Gegensätze ziehen sich an, Deutschland 2017, 90 Minuten, FSK ab 0, von Anika Decker, mit Emilia Schüle, Iris Berben, Katja Riemann, Jannis Niewöhner

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