Politdrama "Das ist unser Land": Rechtspopulisten auf Stimmenfang

München · Das Erstarken der Rechtspopulisten wird in ganz Europa und den USA mit Sorge betrachtet. Warum sind so viele Menschen für nationalistische Parolen empfänglich? Das in Frankreich spielende Politdrama "Das ist unser Land" wagt einen Erklärungsversuch.

 Pauline (Emilie Dequenne, M) arbeitet hart, um ihre Familie zu versorgen. Hilfe bekommt sie von einem Arzt. Dieser will sie für die populistische Partei RNP (Rassemblement National Populaire) anwerben.

Pauline (Emilie Dequenne, M) arbeitet hart, um ihre Familie zu versorgen. Hilfe bekommt sie von einem Arzt. Dieser will sie für die populistische Partei RNP (Rassemblement National Populaire) anwerben.

Foto: Jonathan Prime/Focus Features LLC./Universal Pictures/dpa

Der Rechtspopulismus drängt an die Macht. Die Front National in Frankreich, die FPÖ in Österreich oder in Deutschland die AfD. Wie diese Parteien vorgehen, darüber hat sich der Belgier Lucas Belvaux Gedanken gemacht.

In seinem politisch brisanten Drama "Das ist unser Land" gehen Nationalisten in Frankreich auf Wählerfang und machen sich die frustrierte Stimmung vieler Menschen zunutze: Armut, Arbeitslosigkeit, fehlende Perspektiven. Die Krankenschwester Pauline soll in einer Kleinstadt als Bürgermeisterkandidatin gewonnen werden und findet sich plötzlich an der Seite der mächtigen Parteiführerin Agnès Dorgelle wieder. Unübersehbar, dass damit die französische Front National mit ihrer Chefin Marine Le Pen gemeint ist. Bei der Partei sorgte der Film für großen Unmut, zumal er in Frankreich während des Wahlkampfes im Frühling ins Kino kam.

Pauline (Èmilie Dequenne) aus dem nordfranzösischen Hénart schuftet hart, um sich und ihre Kinder durchzubringen. Für einen ambulanten Pflegedienst macht sie Hausbesuche bei kranken Menschen. Nebenbei sorgt sie sich um ihren Vater, der gesundheitlich stark abgebaut hat. Hilfe bekommt sie von dem Arzt Dr. Berthier (André Dussollier), einem ehrbaren, älteren Herren, der die Familie seit Jahrzehnten begleitet.

Er erkennt, wie frustriert Pauline ist und will sie für die populistische Partei RNP (Rassemblement National Populaire) anwerben. Vertrauensvoll hört er sich ihre Sorgen an und schlägt ihr vor, für das Bürgermeisteramt von Hénart zu kandidieren. Pauline ist erst unsicher, ist ihr Vater doch überzeugter Sozialist. Doch Berthier und die Parteichefin Dorgelle lassen nicht locker.

Belvaux zeigt in seinem nüchtern inszenierten Werk die rechten Parteien als zynische Vereinigungen, denen es nur vordergründig um die Sorgen und Nöte der Menschen geht. Viel wichtiger ist demnach der Kampf um die Macht - mit allen Mitteln. Das bekommt auch Pauline zu spüren, die anfangs große Vorbehalte hat. Doch die sympathische, junge Frau ist einfach perfekt für die Zwecke der Partei: eine Mutter, hart arbeitend und mit gutem Kontakt zu ihren Patienten, mit deren Wählerstimmen es die Populisten ins Rathaus schaffen wollen.

So wird Pauline von Berthier und der Parteichefin massiv bedrängt und letztlich zum Werkzeug in einer rücksichtslosen, machtbesessenen Wahlkampfmaschinerie. Sogar über das Privatleben der jungen Frau wollen die Funktionäre mitbestimmen.

"Wir können nicht für das Elend der ganzen Welt zahlen" oder "Ich bin weder links noch rechts, ich bin für Frankreich": Wie leicht sich die Leute in "Das ist unser Land" von Parolen überzeugen lassen, ist erschreckend. Belvaux macht deutlich, dass der Siegeszug der Rechten auch ein Versagen der etablierten Parteien ist. Sie nehmen die Sorgen der Wähler nicht ernst und überlassen den Rechtspopulisten das Feld.

Das ist wenig überraschend und auch in Deutschland im Hinblick auf die AfD vielfach diskutiert worden. Neue Erkenntnisse steuert der Film nicht bei. Trotzdem zeigt Belvaux spannend auf, wie sich die Sympathie für rechte Parteien ganz schleichend entwickelt. Ein paar verständnisvolle Worte und das Gefühl, dass sich endlich jemand für die Sorgen des Alltags interessiert - mehr braucht es schließlich nicht, um Pauline für derartige Botschaften empfänglich zu machen. Ein gefährlicher Mechanismus, über den man sich wenige Wochen vor der Bundestagswahl am 24. September unbedingt Gedanken machen sollte.

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