Buhlen um Queen Anne Star-Trio bei "The Favourite" in Topform

Los Angeles · Historien-Dramen um Intrigen am Hof gibt es viele, doch keines so schrill wie "The Favourite - Intrigen und Irrsinn" von Yorgos Lanthimos. In der Star-besetzten Komödie buhlen zwei Zofen um die Gunst von Queen Anne - ein Trio in Topform.

 Olivia Colman (r) als Queen Anne und Rachel Weisz als Lady Sarah.

Olivia Colman (r) als Queen Anne und Rachel Weisz als Lady Sarah.

Foto:  Twentieth Century Fox

Eine Queen, wie von Olivia Colman in der Historien-Groteske "The Favourite - Intrigen und Irrsinn" gespielt, hat es auf der Leinwand noch nicht gegeben.

In einer mutigen Tour de Force verwandelt sich die britische Schauspielerin (44) in die kränkelnde, von Gicht und Selbstzweifeln geplagte Regentin Anne Stuart (1665-1714). Mal hilflos, mal herrisch, eine aufgedunsene, tragische Figur, die von ihren Hofdamen und Ministern umworben und hintergangen wird.

Mit der Golden-Globe-Trophäe als beste Komödiendarstellerin gekürt sagte Colman, durch TV-Serien wie "Broadchurch" und "The Crown" bekannt, Anfang Januar in ihrer mit Flüchen gespickten Dankesrede, sie habe während der Dreharbeiten ständig essen dürfen. Sie dankte Regisseur Yorgos Lanthimos und "ihren Bitches" - gemeint waren Co-Stars Emma Stone und Rachel Weisz - für den "verdammten" Spaß, den sie beim Drehen hatten.

Das sieht man "The Favourite" in jeder Szene an. Das Frauentrio läuft in der schrillen Sittenkomödie des griechischen Regisseurs zur Topform auf und stellt alle bislang verfilmten Formen von royaler Dekadenz in den Schatten.

"Ihr seht aus wie ein Dachs", raunzt Lady Sarah (Weisz, "Der ewige Gärtner") der Queen respektlos ins grell geschminkte Gesicht. Wenig später toben sie ausgelassen im prunkvollen Himmelbett der Monarchin, während England mitten im Krieg mit Frankreich steckt. Sarah, die Vertraute, heimliche Liebhaberin und rechte Hand der labilen Königin, hat zugleich auch das politische Ruder in der Hand.

Als die junge Abigail (Stone, "La La Land") als Dienstmädchen an den Hof kommt und sich raffiniert von der Küche ins Schlafzimmer der Queen hocharbeitet, beginnt ein unerbittlicher, mitreißender Zweikampf der kämpferischen Zofen um die Gunst der Herrscherin.

Ihm habe vor allem gefallen, dass in dem Film drei "komplexe und komplizierte Frauenrollen" im Mittelpunkt standen, sagte Lanthimos im Herbst bei den Filmfestspielen in Venedig, wo der Grieche mit dem Großen Preis der Jury gekürt wurde.

Männer spielen in dem Wahnsinn von Intrigen und Machtspielen nur eine Nebenrolle. Es sind eitle Kabinettsmitglieder mit weiß gepuderten Haaren, die ihre Enten um die Wette laufen lassen oder zum beiderseitigen Vergnügen einen splitternackten Perückenträger mit Orangen bewerfen.

Lanthimos provoziert gerne mit eigenwilligen Geschichten und surrealistischen Bildern. Zuletzt holte er Colin Farrell und Nicole Kidman für den schaurigen Psycho-Thriller "The Killing of a Sacred Deer" vor die Kamera. In dem düsteren Science-Fiction-Film "The Lobster" malte er eine Zukunft, in der kein Mensch Single bleiben darf.

"The Favourite" ist sein erster Historien-Film, doch mit traditionellen Kostümwerken hat er wenig gemein. Lanthimos orientiert sich lose an bekannten Fakten aus dem Leben der Königin im frühen 18. Jahrhundert. Während man zwar weiß, dass sie ihre 17 Kinder verlor, wurden mögliche lesbische Beziehungen bisher oft nur angedeutet.

Der Regisseur schwelgt in dem absurden Treiben. Den üppigen Kostümen und hinterlistigen Machenschaften verpasst er allerdings einen frischen Anstrich, etwa mit der ungewöhnlichen Perspektive einer Fischaugenkamera oder mit fetzigen Tanzschritten bei einem höfischen Ball. Mal erklingt traditionelles Cembalo, mal untermalen schrille Stakkato-Töne das Geschehen. Lanthimos erzählt die Geschichte in acht Kapiteln, die mit vielversprechenden Titeln locken - von stinkendem Schlamm bis zu gefährlichen Wunden.

"The Favourite - Intrigen und Irrsinn" wird als Komödie deklariert, doch die Lacher bleiben mitunter im Hals stecken. Die Queen ist eher eine traurige als lächerliche Figur, der Film ist ein bitterböser Kommentar über soziales Gefälle, Machtkämpfe und Unterdrückung. Sogar die von der Königin heiß geliebten Kaninchen, die durch ihr Schlafzimmer hüpfen, kommen am Ende nicht schadlos davon.

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