Holy Craft Beer-Messe Geschmack abseits des Reinheitsgebots

Bornheim · 200 Craft-Biere stehen am 23. und 24. April in der ehemaligen Klosterkirche von Bornheim-Walberberg zum Probieren bereit.

 Jedes anders: Craft-Biere haben unterschiedliche Zusatzstoffe.

Jedes anders: Craft-Biere haben unterschiedliche Zusatzstoffe.

Foto: capacitorphoto - Fotolia

Das deutsche Reinheitsgebot wird nicht von jedermann geschätzt. „Wir zeigen, dass es jahrzehntelang auch interessante Biere verhindert hat“, sagt Ralf Mechlinski. Er ist Initiator der „Holy Craft Beer & Food-Messe“, die am 23. und 24. April in der ehemaligen Klosterkirche der Bornheimer Domäne Walberberg stattfinden wird. Zum Craft-Bier gibt es dort Street Food, Barbecue und Musik, außerdem einen Biergarten und hoffentlich etwas Sonne.

An die 200 Craft-Biere, handwerklich hergestellte Biere aus aller Welt, werden ausgerechnet am 500. Jahrestag des Deutschen Reinheitsgebotes, das zur Herstellung von Bier ausschließlich Wasser, Hopfen, Malz und Hefe erlaubt, zur Verkostung angeboten. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel im oberbayerischen Ingolstadt an einem Festakt zum Geburtstag des Reinheitsgebotes mit Hunderten traditionsbewussten Brauern aus Deutschland und Europa den konsequenten Verzicht auf zugefügte Aromen, Enzyme oder auch auf Konservierungsstoffe feiert, gibt es in dem einstigen Dominikanerkloster in Bornheim-Walberberg Biere, die durchaus mit Zusatzstoffen wie Ingwer, Honig, Beeren oder Kaffee aromatisiert sind. Sie versprechen geschmackliche Vielfalt.

Obwohl der Deutsche Brauer-Bund zufrieden verkündet, dass sich laut einer 2014 bei dem Forsa-Institut in Auftrag gegebenen Umfrage 85 Prozent der Deutschen für den Fortbestand des Reinheitsgebotes aussprachen, ist der Trend zum Craft-Bier unaufhaltsam. Einfach weil es Spaß macht, die höchst unterschiedlichen Bierkreationen auszuprobieren – von Indian Pale über Gose, einem Gebräu, das einst aus Goslar kam, von belgischem Trappistenbier bis hin zu britischen Stouts. Rein, das bedeutet, dass nach dem ältesten noch gültigen Lebensmittelgesetz zwar mit pestizidbehandelter Gerste und Hopfen gebraut werden darf, nicht aber mit Kräutern aus kontrolliertem Öko-Anbau.

Das im April 1516 vom bayerischen Herzog Wilhelm IV. erlassene Reinheitsgebot wird heute von den Liebhabern deutschen Biers in erster Linie als ein Qualitätsversprechen verstanden. Bei seiner Verkündung vor 500 Jahren sollte es vor allem die verhängnisvollen Fehler verhindern, die mit der Zugabe von Binsenkraut, Tollkirsche, Stechapfel, Spänen, Wurzeln, Ruß oder Pech gemacht wurden, um Aussehen, Geschmack oder auch die berauschende Wirkung des damaligen Hauptnahrungsmittels zu verstärken. So wurde in der Urfassung des Reinheitsgebotes festgelegt, dass Bier nur aus Wasser, Malz und Hopfen gebraut werden darf. Die Hefe, deren Wirkungsweise im Brauprozess damals noch nicht bekannt war, wurde als vierte Zutat erst später hinzugefügt.

Doch erst durch Craft-Biere wurde in letzter Zeit bekannt, dass es auch in Deutschland Hunderte von Hopfenarten gibt, die alle ihre geschmacklichen Spuren im Bier hinterlassen. War es früher nur ein Hopfen, der meist aus der bayerischen Hallertau stammte, werden jetzt verschiedene Hopfenarten kombiniert. Auf den Etiketten der in Deutschland hergestellten Craft-Biere sind nun so geheimnisvoll klingende Aromasorten wie Aurora, Opal, Golding, Perle oder auch Saphir zu lesen. So lässt sich zum Beispiel mit Cascade, einer Hopfensorte, die sich auch bei den deutschen Craft-Brauern großer Beliebtheit erfreut, dem Bier ein Hauch von Grapefruit oder Orange hinzufügen.

Ist die passende Hopfenkomposition gefunden, lassen sich noch über den Zeitpunkt, an dem der Hopfen der flüssigen Bierwürze zugefügt wird, die verbleibenden Bitterstoffe und die Aromaöle des Hopfens im Bier steuern. Der zu den Hanfgewächsen zählende Hopfen ist damit für den ersten Eindruck verantwortlich, der bei einem frisch eingeschenkten Bier entsteht. Für den Braumeister ist der Hopfen die Seele des Bieres.

Auch unter Einhaltung des Reinheitsgebotes ist weitaus mehr möglich, als Kölsch und Alt, Pilsener und Export, Weizen, Lager- oder Bockbier. Das Craft-Bier, egal ob aus Deutschland, Belgien, USA oder Skandinavien, versteht sich als ein Gegengewicht zum Mainstream-Bier. Und wer es einmal für sich entdeckt hat, könnte damit den Spaß am industriell hergestellten Bier schnell verlieren.

Holy Craft Beer-Messe, Sa, 23. 4., 13-23h (ab 22h Party mit Musik), So, 24. 4.,11-21h. 200 Craft-Biere, Foodtrucks und Grillstationen. Eintritt: 2 Euro In der Domäne Walberberg, Rheindorfer Burg, in Bornheim-Walberberg. Von der S-Bahn-Haltestelle Brühl-Schwadorf wird ein Shuttleservice eingerichtet

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