Fremdenverkehr in Nordrhein-Westfalen NRW mausert sich zum Tourismusmagneten

Bonn · Mit 21,7 Millionen Gästen und 48,7 Millionen Übernachtungen konnte Nordrhein-Westfalen 2015 den sechsten Rekord in Folge aufstellen. Die Branche profitiert von der guten Konjunktur und attraktiven Angeboten.

Es duftet nach frisch gebackenen Waffeln, zu denen Kirschen und Sahne nicht fehlen dürfen. Aber die hungrigen Wanderer greifen zunächst nach Schwarzbrot und Schinken, bevor sie sich Rosinenstuten, Milchreis und andere süße Sachen zum Kaffee aus der Dröppelminna, einer Zapfkanne aus Zinn, schmecken lassen. Wer die Königsetappe des Bergischen Wegs zurücklegt, der hat sich die gleichnamige Kaffeetafel verdient. Auch wenn sie ganz schön üppig ist. Genauso üppig wie die knapp 28 Kilometer lange Strecke von Burg nach Altenberg.

Kindelsbergpfad, Hansa-Pfad, Natursteig Sieg oder Skulpturenpfad Neanderland – Nordrhein-Westfalen lockt Einheimische und Touristen mit zahlreichen Wanderwegen. Römer-Lippe-Route, Ederauen-Radweg oder Balkantrasse heißen die Pendants für Radfahrer. Aber nicht nur mit Bewegung in der Natur kann Nordrhein-Westfalen punkten: Städte- und Kulturtrips nach Aachen, Bonn, Düsseldorf oder Köln, Extra-Schichten für Liebhaber von Industriekultur im Ruhrgebiet oder Wasserschlösser im Münsterland – die Ziele in NRW sind vielfältig. Und das, obwohl das Land an Rhein und Ruhr sich erst vom Schmuddelkind zum Tourismusmagneten mausern musste.

Die Zahlen belegen, dass dieser Strukturwandel gelungen ist: Mit 21,7 Millionen Gästen und 48,7 Millionen Übernachtungen konnte Nordrhein-Westfalen 2015 den sechsten Rekord in Folge einfahren. Insgesamt reisten rund 480.000 Gäste mehr als im Jahr zuvor an Rhein und Ruhr. Und viele blieben über Nacht. Die Zahl der Übernachtungen stieg um knapp 764.000. Damit liegt NRW bei den Ankünften auf Platz zwei hinter dem klassischen Urlaubsziel Bayern, bei den Übernachtungen auf Platz drei, hinter Bayern und Baden-Württemberg.

Erfolgskurve, die seit Jahren stabil nach oben zeigt

Von 2005 bis 2015 stieg die Zahl der Übernachtungen nach Angaben des NRW-Wirtschaftsministeriums um 26,7 Prozent. Die Anreisen nahmen sogar um 34,2 Prozent zu. Damit verzeichnete NRW im Jahr 2015 fast 5,3 Millionen Besucher mehr als 2005. Zudem wurden 10,2 Millionen Übernachtungen mehr registriert als zehn Jahre zuvor. Ein Trend, der deutschlandweit gilt: Der Tourismus-Boom ist auch auf Bundesebene ungebrochen.

Zum sechsten Mal in Folge gab es einen Übernachtungsrekord. Das Statistische Bundesamt zählte 2015 insgesamt 436,4 Millionen Übernachtungen von Reisenden aus dem In- und Ausland. Hotels, Pensionen, Jugendherbergen, Ferienhäuser und Campingplätze registrierten ein Plus von drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wie die Wiesbadener Behörde mitteilte. Dabei stieg die Zahl der Übernachtungen von Gästen aus dem Ausland um fünf Prozent auf 79,7 Millionen. Bei Reisenden aus dem Inland gab es ein Plus von zwei Prozent auf 356,7 Millionen.

„Deutschland als Gastgeberland eilt weiter von Rekord zu Rekord“, sagt Ernst Fischer, Präsident des Verbandes Dehoga. Die Branche profitierte nach eigenen Angaben unter anderem von der robusten deutschen Konjunktur und der Konsumlaune der Verbraucher.

Aber auch für ausländische Reisende ist das Reiseland Deutschland attraktiv: Gäste aus den Niederlanden buchten laut Statistik rund jede siebte der Übernachtungen aus dem Ausland. Dahinter folgten Schweizer, Amerikaner und Briten. Immer beliebter wird Deutschland als Ziel für Asiaten, aber auch für Reisende aus den Golfstaaten. Allein die Zahl der Gäste aus Russland brach um 30 Prozent ein.

NRW kann den positiven Bundestrend in mancher Hinsicht sogar noch übertrumpfen: In den vergangenen zehn Jahren stieg die Zahl der Übernachtungen dynamischer als in anderen Flächenländern. Kein Wunder also, dass die Tourismusbranche wirtschaftliches Gewicht in die Waagschale wirft: 41,1 Milliarden Euro Jahresumsatz, rund 425.000 Arbeitsplätze – die Zahlen können sich sehen lassen.

Beliebte Radfernwege durch NRW

Zum Vergleich: Mit 4,7 Prozent aller Erwerbstätigen in NRW arbeiten im Tourismus ungefähr so viele Menschen wie im Baugewerbe. Was auch daran liegt, dass große Reiseunternehmen wie Rewe, HRS, Trivago oder Alltours ihren Sitz im Land haben.

Von Winterberg nach Duisburg gelangen Autofahrer in wenigen Stunden. Tausende lassen sich aber jedes Jahr mehrere Tage Zeit für die Strecke und treten am Ufer der Ruhr in die Pedale. Das Marketingunternehmen Ruhrtourismus geht von rund 6,5 Millionen Radfahrern aus, die bislang zumindest auf Teilstücken des 240 Kilometer langen Radweges unterwegs waren und den Ruhrtal-Radweg zum beliebtesten in NRW gemacht haben.

Mehr noch: Vier der zehn beliebtesten Radfernwege in Deutschland verlaufen laut ADFC durch NRW. Und das Münsterland rangiert hinter Bayern auf Rang zwei der beliebtesten Radregionen in Deutschland. Das Ruhrgebiet folgt auf Rang acht.

„NRW ist mit einem Radwegenetz von 13.800 Kilometern Radfahrland Nummer eins in ganz Deutschland“, sagt eine Sprecherin von NRW-Tourismus. Auch die Römer-Lippe-Route oder der NRW-Teil des Weser-Radweges seien überaus gut befahren. Und die Eifel habe mit den Rad- und Wanderbahnhöfen nun auch die Radler für sich entdeckt. Nicht ohne Grund, denn selbst bei Tagestouren geben Radler im Schnitt 17 Euro entlang der Strecke aus, bei Radurlaubern sind es inklusive Übernachtung sogar 54 Euro.

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