In Griechenland kommen viel weniger Menschen an Schon fast eine Million Flüchtlinge in Deutschland

Postdam/Nürnberg · Es ist kalt geworden, doch noch immer kommen täglich Tausende Flüchtlinge über die Grenze. Seit Jahresbeginn sind schon knapp 945.000 Menschen angekommen. Das zuständige Bundesamt kommt mit Terminen für die Antragstellung nicht hinterher.

Flüchtlinge an der griechischen Grenze.

Flüchtlinge an der griechischen Grenze.

Foto: dpa Symbolbild

In diesem Jahr sind bereits knapp 945 000 Flüchtlinge in Deutschland angekommen - weit mehr als von der Bundesregierung erwartet. Bislang hatte sie mit 800 000 Flüchtlinge bis zum Jahresende gerechnet. Diese Zahl ist nach Informationen aus Länderkreisen schon jetzt weit überschritten. Allein im November kamen mehr Flüchtlinge an als jemals zuvor in einem Monat.

Die Bundespolizei zählte bis Anfang der Woche mehr als 190 000 Einreisen von Asylsuchenden, wie ein Sprecher der Behörde am Donnerstag in Potsdam sagte. Er bestätigte damit einen Bericht der „Welt“. Damit wurde der Rekordwert von Oktober mit etwa 180 000 neuen Flüchtlingen schon wenige Tage vor Monatsende übertroffen.

Und die Zahl der Neuankömmlinge an den deutschen Grenzen nimmt derzeit auch trotz Kälte und schlechten Wetters nicht ab. Am Mittwoch seien bundesweit etwa 7500 Menschen angekommen - davon etwa 6050 in Bayern.

Diese Zahlen seien in den vergangenen drei Wochen relativ konstant gewesen. „Wir merken vom schlechteren Wetter noch nichts“, sagte auch eine Bundespolizei-Sprecherin in München. Aus Griechenland meldete die Internationale Organisation für Migration (IOM) allerdings, dass die Zahl der Flüchtlinge, die von der Türkei aus über das Mittelmeer kommen, wegen des schlechten Wetters stark zurückgegangen ist.

Zahl beruht auf dem EASY-System der Länder

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nimmt derzeit nur noch eingeschränkt Asylanträge entgegen. Grund ist nach Angaben des bayerischen Innenministeriums, dass die Wartezeit für einen sogenannten Anhörungstermin ansonsten ein Jahr betragen würde.

Wie ein BAMF-Sprecher mitteilte, vergibt die Behörde derzeit Termine für die Antragstellung nur noch für die nächsten drei Monate. Bei der sogenannten Anhörung wird jeder Asylantrag persönlich mit dem Flüchtling besprochen. Der Sprecher kündigte jedoch an, dass die Behörde dank zusätzlicher Mitarbeiter vom nächsten Jahr an die Anträge deutlich schneller als heute annehmen könne.

Die Zahl von rund 945000 Asylbewerbern beruht auf dem sogenannten EASY-System der Länder, mit dessen Hilfe die neu ankommenden Flüchtlinge verteilt werden. Sie enthält jedoch Mehrfachregistrierungen, wie Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) zu bedenken gab: „Darunter sind einige, die doppelt gezählt werden. Da sind halt welche, die sich in München registrieren lassen, dann aber weiter nach Köln fahren und dort nochmal registriert werden.“

Nur sehr wenige abgelehnte Asylbewerber verlassen Deutschland wieder

Nicht zu verwechseln sind die EASY-Zahlen („Erstverteilung von Asylbegehrenden“) mit der Zahl der Menschen, die bereits formal einen Asylantrag gestellt haben. Das waren bis Ende Oktober etwa 330 000 Menschen in Deutschland.

Denn wegen der großen Zahl der Flüchtlinge kommt das BAMF in Nürnberg nicht mehr hinterher. Knapp 427000 Menschen hatten Ende Oktober noch darauf gewartet, ihren Asylantrag stellen zu können. Gleichzeitig lag die Zahl der noch nicht entschiedenen Anträge bei rund 328000.

Im Vergleich dazu haben nur sehr wenige abgelehnte Asylbewerber Deutschland wieder verlassen. Bis September wurden nach Zahlen aus dem bayerischen Innenministerium bundesweit 13 464 Menschen abgeschoben.

Großteil der abgeschobenen Asylbewerber aus dem ehemaligen Jugoslawien und Albanien

Am häufigsten zur Abschiebung griff Nordrhein-Westfalen mit 2936 Fällen, das auch die meisten Flüchtlinge beherbergt. Bayern lag auf Platz zwei mit 2718 Fällen. Der Großteil der abgeschobenen Asylbewerber stammte aus dem ehemaligen Jugoslawien und Albanien.

Die Flüchtlingkrise und die Angst vor Terroranschlägen bringt derweilen die Polizei an ihre Belastungsgrenzen. Nach Recherchen von „Focus Online“ hat allein die Bundespolizei zwischen Mitte September und Mitte Oktober über eine halbe Million Überstunden aufgebaut. Auch in den einzelnen Bundesländern müssen die Beamten demnach massiv Mehrarbeit leisten. So waren es in allein Hamburg bis Ende Oktober mehr als eine Million Überstunden.

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