Flüchtlingsunterkunft in Königswinter Plötzlich sind neue Flüchtlinge da

Königswinter · Die Königswinterer Sozialdezernentin Heike Jüngling war gerade in der ARD zu sehen und berichtete von den Zuständen in der Flüchtlingsunterkunft am Palastweiher, als am Montag ein Bus mit neuen Flüchtlingen eintraf. Niemand war informiert. Spontan mussten mehr als 30 Helfer zusammengerufen werden.

 Die Notunterkunft am Königswinterer Palastweiher ist für rund 100 Flüchtlinge eingerichtet.

Die Notunterkunft am Königswinterer Palastweiher ist für rund 100 Flüchtlinge eingerichtet.

Foto: Frank Homann

Ohne jede Vorankündigung sind in der Notunterkunft in Königswinter am Montagabend 16 neue Flüchtlinge angekommen. "Wie haben keinen Anruf, keine Mail erhalten", empörte sich Bürgermeister Peter Wirtz. "Das ist unfassbar!"

Er erfuhr von den Neuankömmlingen, als die Mitarbeiter aus der Notunterkunft ihm von dem Bus vor dem Tor berichteten. Ironie des Schicksals: Zeitgleich lief am Montagabend in der ARD das Magazin "Panorama" zum Thema Flüchtlinge, in der die Königswinterer Unterkunft ebenfalls eine prominente Rolle spielte.

Im Anschluss hatte Frank Plasberg in "Hart aber Fair" die Königswinterer Sozialdezernentin Heike Jüngling interviewt.

"Es gab keine Vorabinformation"

Die Pressestelle der Bezirksregierung Arnsberg, die in Nordrhein-Westfalen federführend für die Verteilung der Flüchtlinge zuständig ist, räumte am Dienstag die Informationspanne ein. "Es gab keine Vorabinformation. Das ist alles andere als optimal gelaufen", so Christoph Söbbeler und entschuldigte sich.

Aber: "Wir leben in extremen Zeiten. Da kann das leider passieren." Die 16 Neuankömmlinge - zumeist junge Flüchtlinge aus dem Irak, Syrien und Afghanistan - kamen offenbar aus der Erstaufnahmeeinrichtung in Unna-Massen nach Königswinter und sind seit sechs Tagen in Deutschland.

Allerdings, so Wirtz, hätten sie keine Verfügungen oder Papiere bei sich, auch Namenslisten seien in Königswinter nicht angekommen. Per WhatsApp-Gruppe habe man 15 städtische Mitarbeiter kurzfristig zusammengetrommelt, die die Begrüßung und Registrierung übernahmen. Zudem reichten die zur Verfügung stehenden Betten nicht, "wir mussten noch vier Matratzen besorgen", so Wirtz.

"Wir sind jetzt bei 104 Flüchtlingen mit vier Personen überbelegt", sagte auch Jüngling am Dienstagabend im Sozialausschuss.

Ehrenamtliche Helfer

Zu Hilfe kamen erneut 15 ehrenamtliche Mitarbeiter der Bad Honnefer Malteser, die die Notärzte des Rettungsdienstes der Stadt bei der zwingend erforderlichen Erstuntersuchung der Menschen unterstützten.

Dazu gehört unter anderem die Impfung der Neuankömmlinge. Als provisorische Untersuchungszimmer mussten die Notfallkrankenwagen herhalten. Erst nach Mitternacht kehrte wieder so etwas wie Ruhe in der Unterkunft ein, und die Helfer konnten nach Hause gehen.

"Die Menschen sind da, wir müssen sie unterbringen", sagte Söbbeler am Dienstag. Und die Erstaufnahmeeinrichtungen seien "bis an ihre Grenzen und darüber hinaus voll". Wenn dann auch noch eine Einrichtung wie in Düsseldorf ihre Tore schließe, müssten die anderen das auffangen.

"Die Mitarbeiter dort sind überlastet und auch nur Menschen, und Menschen machen Fehler", so Söbbeler weiter. Er könne nicht einmal garantieren, dass so etwas nicht noch einmal vorkomme. Dass die Flüchtlinge in Königswinter alle noch keinen Asylantrag gestellt hätten, sei klar.

"Rückführung"

Derzeit führe der Weg über die Erstaufnahme - oder auch direkt - in die Notunterkünfte. Von dort finde dann eine "Rückführung" in die Zentralen Unterbringungseinrichtungen statt. Dort werde dann auch dafür gesorgt, dass die Flüchtlinge beim Bundesamt einen Asylantrag stellen können.

Doch das System sei derzeit schlicht überlastet. "Wir hoffen, dass nun mehr Fluss reinkommt, da für die Registrierung mehr Polizisten zur Verfügung gestellt werden." So lange werden die Flüchtlinge weiter verteilt. Söbbeler: "Wir müssen Obdachlosigkeit verhindern."

KURZ GEFRAGTMit Zugtruppführer Christian Büsch (29) von den Bad Honnefer Maltesern sprach Claudia Sülzen.

Wie viele Stunden haben Sie in der Nacht zu Dienstag geschlafen?
Christian Büsch: Recht wenig. Summa summarum werden es so an die vier Stunden gewesen sein.

Wann haben Sie erfahren, dass Sie erneut gebraucht werden?
Büsch: Das war sehr kurzfristig, niemand wusste ja von der Ankunft weiterer Flüchtlinge. Wir haben montags Gruppenstunde und Fortbildung in der Unterkunft an der Quellenstraße. Um 21.30 Uhr wurden wir über die Leitstelle alarmiert.

Was haben Sie in Königswinter vorgefunden?
Büsch: Es war eine sehr ruhige, geordnete Situation. Die Mitarbeiter der Stadt hatten die Menschen schon mit Getränken und Essen versorgt. Das war ja erst mal das Wichtigste. Die Stadt hat die Ankommenden registriert und hielt Formulare bereit, auf denen die Erstuntersuchung festgehalten wird und die Impfung. Keiner der Ankommenden war bisher untersucht oder geimpft. Impfstoff haben wir über die Rettungswache zur Verfügung gestellt bekommen.

Wie schätzen Sie die Belastung für die ehrenamtlichen Helfer ein?
Büsch: Unsere Helfer kommen langsam an ihre Grenzen. Wir sind ja nicht nur in Königswinter im Einsatz, sondern waren etwa in einer Erstaufnahmeeinrichtung in Aachen dabei. Aber: Das war in den Ferien, da hatten Helfer, die zur Schule gehen oder studieren, mehr Zeit. Immer wichtiger wird auch die Akzeptanz der Arbeitgeber, wenn sich Einsätze mit der Arbeitszeit überschneiden oder man bis spät in der Nacht im Einsatz und entsprechend kaputt ist.

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