Interview mit Klaus Pipke "Es ist eine große Herausforderung"

Seit Mitte August ist für Klaus Pipke vieles anders. In erster Linie ist der 51-Jährige Bürgermeister in Hennef. Aber als klar wurde, dass die Stadt als Amtshilfe für das Land innerhalb kürzester Zeit in der Turnhalle "Am Kuckuck" eine Notunterkunft für 175 Flüchtlinge einrichten musste, veränderten sich seine Aufgaben.

 In der Unterkunft: Klaus Pipke schaut als Bürgermeister und DRK-Präsident fast täglich in der Turnhalle "Am Kuckuck" vorbei .

In der Unterkunft: Klaus Pipke schaut als Bürgermeister und DRK-Präsident fast täglich in der Turnhalle "Am Kuckuck" vorbei .

Foto: Ingo Eisner

Immer häufiger zog der Mann, der seit sechs Jahren Präsident des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) im Rhein-Sieg-Kreis ist, die rote Rettungssanitäterjacke an und half zusammen mit etlichen Ehrenamtlern, Organisationsstrukturen für die Hennefer Notunterkunft zu schaffen, die mittlerweile im Kreis als vorbildlich gelten. Die 175 Flüchtlinge, die dort seit Mitte August untergebracht waren, sind mittlerweile deutschlandweit anderen Kommunen zugeteilt worden. Die Halle ist jedoch schon wieder belegt: In der Nacht zum 29. Oktober sind 89 neue Flüchtlinge angekommen, weitere werden erwartet. Mit Klaus Pipke sprach Ingo Eisner über die Situation.

Herr Pipke, wie lange wird diese Unterkunft noch von der Stadt betrieben werden müssen?
Klaus Pipke: Nach den Angaben der Bezirksregierung noch bis April nächsten Jahres. Was dann passiert, werden wir sehen. Wir denken aber bereits jetzt über Möglichkeiten nach, weitere der Kommune zugewiesene Flüchtlinge unterzubringen. Für diese Menschen muss ja Wohnraum geschaffen werden.

Seit sechs Jahren sind Sie Präsident des DRK im Rhein-Sieg-Kreis. Hätten Sie gedacht, dass dieses Amt einmal ihre Aufgaben als Bürgermeister Hennefs fast überlagert?
Pipke: Nein, wirklich nicht. Es ist eine große Herausforderung, mit diesem Thema umzugehen. Aber meine Tätigkeit beim DRK hat mir da in punkto Organisation schon sehr geholfen. Es ist die Kombination aus Verwaltungserfahrung und DRK, die wichtig ist.

Wie viele Helfer sind denn in der Notunterkunft im Einsatz?
Pipke: In der Anfangsphase, als die ersten Flüchtlinge kamen, waren es 90 bis 100 DRK-Helfer aus dem gesamten Kreisgebiet. Das sind Katastrophenschützer mit einer Sanitätsausbildung, die im Ernstfall herangezogen werden können. Der Großteil sind Ehrenamtliche, aber natürlich sind auch einige Hauptamtliche dabei.

Gab es Probleme, die Helfer für den Einsatz zu bekommen? Schließlich müssen sie ja von ihren Arbeitgebern freigestellt werden.
Pipke: Nein. Ich muss den Firmen wirklich für ihre Kooperation danken. Generell ist da eine große Hilfsbereitschaft bei den Arbeitgebern. Das ist schon toll.

Was sind die Aufgaben der Helfer?
Pipke: Das DRK übernimmt bei der Ankunft die Erstregistrierung der Flüchtlinge und organisiert die erste ärztliche Inaugenscheinnahme. Der Sanitätsdienst arbeitet in 24-Stunden-Schichten, weitere Helfer in Tagschichten. Das ist für jeden Helfer eine 40-Stunden-Woche. Wir stellen zudem Fahrzeuge und Personal für Krankentransporte bereit. Unterstützung gibt es auch von der Hennefer Ärzteschaft und den umliegenden Krankenhäusern.

Seitens der Verwaltung haben Sie die Hierarchie absichtlich schlank gehalten. Warum?
Pipke: Weil sich das bewährt hat. Wir haben keinen Krisenstab eingerichtet und haben somit kurze Entscheidungswege. Neben mir gehören nur der stellvertretende Ordnungsamtsleiter Jochen Breuer als Leiter der Unterkunft und Ordnungsamtsleiter Karl-Heinz Nentwig zu den Haupt-Entscheidungsträgern. Das DRK und die Stadt entscheiden zusammen. Wir arbeiten aber mit den Helfern des THW, der Malteser und der Johanniter Hand in Hand. Ich bin übrigens fast jeden Tag in der Unterkunft, manchmal auch über mehrere Stunden. Mir ist es einfach wichtig, dass alles läuft. Wenn es in der Notunterkunft läuft, läuft es auch in der Stadt. Wir haben bisher keine einzige Beschwerde von Bürgern bekommen. Im Gegenteil: 200 Hilfsangebote sind bisher bei uns eingegangen, und die Kleiderkammern quellen über.

Aber Sie mussten schon für Ordnung sorgen, damit es läuft. Gab es nicht auch Polizeieinsätze?
Pipke: Ja, die gab es. Wir mussten ab und zu für Ruhe sorgen und von vornherein den Menschen die Regeln klar machen. Neben den vier Sicherheitsleuten gibt es natürlich Unterstützung von der Polizei. Schließlich waren hier 175 Flüchtlinge aus 18 Nationen untergebracht, die teilweise wirklich erschütternde Fluchtgeschichten haben. Bereits bei der Belegung der Unterkunft achten wir darauf, dass Menschen nach unterschiedlichen ethnischen und religiösen Gesichtspunkten getrennt voneinander untergebracht werden.

Mit der Halle des Berufskollegs gibt es eine zweite Notunterkunft in Hennef, die allerdings vom Kreis betrieben wird. Haben Sie mit ihren Erfahrungen dem Kreis helfen können?
Pipke: Natürlich, ich stehe mit dem Landrat in engem Kontakt, wie auch mit dem Rheinbacher Bürgermeister Stefan Raetz als Sprecher der Kreisbürgermeister. Als DRK haben wir sogar einen Leistungskatalog zusammengestellt, der durchaus Modellcharakter hat.

Weitere Flüchtlinge sind angekündigt, der Winter steht vor der Tür. Ist Hennef gerüstet?
Pipke: Ja. Die Halle ist winterfest. Derzeit baut die hauseigene Schlosserei der Stadt 100 Betten, denn die bisherigen Feldbetten sind ja eigentlich nur für Notfälle gedacht.

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