Flüchtlinge in Königswinter Ein kleines Stückchen Normalität

KÖNIGSWINTER · Nach der Ankunft der ersten Flüchtlinge in den vergangenen Tagen in Königswinter läuft der Betrieb in der Notunterkunft nahezu reibungslos. Einen Asylantrag konnte aber noch kein Flüchtling stellen.

Die junge Frau hängt Wäsche auf der provisorisch eingerichteten Leine aus. Sie komme aus Ghana, sagt die junge Mutter schüchtern. Warum sie aus ihrer Heimat geflohen ist, das möchte sie der Zeitung nicht erzählen. Aber sie lächelt freundlich, bevor sie nach ihrer Tochter schaut, die mit einem Laufrädchen über das Gelände am Königswinterer Palastweiher saust. So weit es irgendwie unter den Umständen geht, ist so etwas wie Alltag eingekehrt in der Notunterkunft in der Königswinterer Altstadt.

Sozialdezernentin Heike Jüngling geht Richtung Turnhalle, wo die Mensa, die Spielecke - in der inzwischen ein Kicker steht - und auch die provisorische Teeküche untergebracht sind, in der sich die Flüchtlinge mit Getränken versorgen können. Überall wird sie strahlend begrüßt. Die Menschen kennen sie. Jüngling ist täglich in der Unterkunft. "Ich kann mir nicht ein nettes Wochenende machen, wenn ich weiß, dass meine Mitarbeiter hier Tag und Nacht arbeiten", sagt sie. Denn derzeit ist die Stadt Betreiberin der Notunterkunft. "Aber wir sind eine kleine Sozialverwaltung", sagt Jüngling. Daher würde sie gerne einen Betreiber finden. Die meisten Hilfsorganisationen seien aber inzwischen selbst an der Grenze ihrer Kapazitäten angekommen.

Eines von vielen Problemen, die die Dezernentin in den kommenden Tagen und Wochen lösen muss. Ein weiteres: Obwohl die Flüchtlinge seit rund sechs Wochen in Deutschland sind, hat noch keiner von ihnen bislang einen Asylantrag stellen können. Sie sind auch nicht in Deutschland registriert. Würden sie aus Jünglings Tabellen verschwinden, ist es, als habe es diese Menschen nie gegeben. Umso mehr freuen sie sich, dass ihnen die Stadt so etwas wie "Pässe" ausgestellt hat, in dem zumindest Name, Geburtsdatum, Herkunftsland und die Notunterkunft als Adresse angegeben sind.

Keine Asylanträge in Königswinter möglich

Die Stadt würde den Flüchtlingen beim Stellen der Asylanträge gerne helfen. Doch das kann man nur beim zuständigen Bundesamt, das laut Jüngling ebenfalls völlig überlastet ist. Und dessen Mitarbeiter kommen nicht in die Heime, die Flüchtlinge müssten dafür nach Bielefeld oder Düsseldorf, sagt Jüngling. Noch ein Problem, dass es zu lösen gilt. Und das sich nicht so leicht lösen lässt, wie das Problem mit der Wäsche.

Zwar hat die Stadt neben Waschmaschinen auch Trockner zur Verfügung gestellt, aber die waren nicht allen Flüchtlingen geheuer. Ein paar Anrufe später stand die provisorische Wäscheleine. "Wir versuchen den Menschen das Gefühl zu geben, dass wir alles tun, was wir können", sagt die Dezernentin. Das mag auch daran liegen, dass die Schicksale der Menschen die Helfer berühren. "Wenn eine Mutter erzählt, dass sie ihr Kind bei der Überfahrt mit dem Boot verloren hat, dann kommt das nicht nur im Kopf an, sondern auch im Herzen", sagt Jüngling.

Bei aller Professionalität, die man wahren muss, denn schließlich werden die Flüchtlinge nicht in Königswinter bleiben. Sie müssen damit rechnen, jederzeit abgeholt zu werden. "Wir hoffen aber, dass sie wenigstens ein bisschen bleiben können und nicht morgen abgeholt und dafür 20 neue zu uns geschickt werden." Denn die meisten Flüchtlinge scheinen trotz der Enttäuschung, dass sie wieder in einer Notunterkunft gelandet sind, zufrieden zu sein. Ihnen gefällt es in Königswinter, besonders der Rhein hat es ihnen angetan.

Ärztliche Untersuchungen

Die Ärzte des Bad Honnefer Cura-Krankenhauses stehen bereit. Nachdem sie in einer Nachtaktion die 130 Flüchtlinge untersucht hatten, ist noch nicht klar, wie viele der Menschen noch geröntgt und geimpft werden müssen. Auch am Montag war die Dokumentation noch nicht vollständig.

"Wir können die Menschen wegen der Strahlenbelastung nicht zweimal kurz hintereinander röntgen", sagte der ehrenamtliche Malteser-Einsatzleiter Frank Meurer. Der Dozent für den Bereich operative Führung und Leitung an der Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz in Ahrweiler eilte auch gestern vom Dienst nach Königswinter zur Stabsbesprechung. "Vielleicht können wir am Dienstag röntgen." Das Team der Röntgenabteilung des Cura-Krankenhauses hat die Flüchtlinge jedenfalls weiterhin "auf dem Schirm".

Bereits am Sonntag stand ein Freiwilligen-Team für eine Sonderschicht bereit. Cura-Geschäftsführer Manfred Müller: "Unseren Ärzten und Mitarbeitern gebührt großer Dank für ihr Engagement." Und auch Chefarzt Harald Schmidt fand große Bereitschaft bei seinen Mitstreitern für diese Aktion. Müller besorgte die Impfstoffe in der Zentralapotheke der Cura-Trägergesellschafft GFO in Spich. "Das hat alles wunderbar geklappt." Sozialdezernentin Heike Jüngling erfuhr, dass eine Flüchtlingsfrau schwanger ist, aber noch nie untersucht wurde. Auch ihr wird im Honnefer Krankenhaus geholfen werden, wie Manfred Müller gegenüber dem GA sagte: "Es ist selbstverständlich, dass wir das machen. Es ist unsere Aufgabe zu helfen."

Montagabend eilten die Bad Honnefer Kinderärzte Beate Schaaf und Thilo Schmalbach in die Unterkunft am Palastweiher, um den Tuberkulosetest zu machen - für die kleinen Kinder per Hauttest, bei den größeren per Bluttest. Beate Schaaf: "Am Mittwoch werden wir die Kinder impfen."

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