Fit ins neue Jahr Wer als Kind viel Sport gemacht hat, profitiert bis ins Alter davon

BONN/REGION · Früher ist sie sogar Marathon gelaufen. Jetzt ist Sigrid Baier froh, wenn sie bald vorsichtig mit Nordic-Walking beginnen kann. Ein Bandscheibenvorfall setzte die 54-Jährige schachmatt. "Ich habe Sport gemacht. Aber nicht umfassend genug. Bei meinem Bürojob hätte ich mich viel früher um meinen Rücken kümmern müssen."

Das tut sie jetzt. Unter Anleitung eines Fachmannes, der unter anderem ein spezielles Rückentraining an speziellen Maschinen anbietet. Rüdiger Fiehn ist Sportwissenschaftler und Inhaber des Zentrums für Medizinisches Rückentraining (MRT) in Bad Honnef. Ähnlich wie Baier geht es fast allen, die das Studio 50plus in Beuel besucht: "Fast jeder, der hier trainiert, ist nicht vollständig gesund, hatte bereits einen Infarkt, einen schweren Bruch oder starkes Übergewicht", so Frank Röhrig, Mitinhaber der Einrichtung.

Zipperlein und Wehwechen kennt Andreas nicht. Der Zwölfjährige sagt von sich selbst, dass er "ein Supersportler" ist. "Rennen, Fußball, Klettern und auch mal so Liegestütze oder mit den Hanteln von meinem Vater üben" - das macht er gerne und am liebsten jeden Tag. "Die Kinder gehen auch bei jedem Wetter raus. Wenn die sich mal einen Tag nicht bewegen, merke ich förmlich, wie es in ihnen brodelt. Wenn zu Hause die Fetzen fliegen, schicke ich Andreas und seine Schwester auch bei Regen und Schnee raus, damit sie sich austoben können", erzählt seine Mutter. Damit erfüllt sie ihren Kindern den Wunsch, nach einem natürlichen Drang: "Die meisten Kinder sind ständig in Bewegung. Stillhalten ist nicht nach ihrem Geschmack."

Doch je älter Kinder werden, umso mehr Zeit verbringen sie im Sitzen. Schottische Forscher ermittelten, dass Dreijährige nur zwei Prozent der Zeit, die sie wach sind, mit intensiver Bewegung verbringen, 79 Prozent aber sitzend. Fünfjährige bewegen sich immerhin vier Prozent ihrer wachen Zeit intensiv und verbringen 76 Prozent im Sitzen. Experten fordern, dass Kinder sich 60 Minuten täglich bewegen sollten. Leider sieht die Realität anders aus: Bewegung findet nur 20 Minuten pro Tag statt. So kommt es, dass Kinder einerseits immer dicker und andrerseits auch immer ungeschickter werden", teilte ein Eltern-Ratgeber vor Kurzem mit.

"Kinder bewegen sich instinktiv, sooft es geht. Je älter sie werden, desto mehr geht dieser Bewegungsdrang leider zurück. Daher sollten eigentlich Ältere viel häufiger in Sportvereinen anzutreffen sein als Kinder", sagt auch Fiehn. Seine Klientel ist durch die Bank schon lange raus aus dem Schulkindalter. An den Spezial-Maschinen der Rückenschule trainieren Männer und Frauen, die entweder bereits deutliche Folgen von schwindender Muskelkraft und wenig Bewegung zu spüren bekommen haben, und jene, die um den schleichenden Prozess wissen, dem nun mal jeder unterliegt:

Fiehn: "Die biologische Uhr tickt in jedem von uns. Es kommt unausweichlich zu altersbedingten Veränderungen der Körperfunktionen mit einer Abnahme der Muskelmasse." Röhrig: "Wer als Kind und Jugendlicher viel Sport gemacht hat, profitiert davon bis ins Alter. Der Körper erinnert sich an die Bewegungsmuster, man ist schneller 'wieder drin'."

Knochenschwund und die Abnahme der Knochendichte, also die Osteoporose, ist eine der Sorgen älterer Menschen, vor allem von Frauen. "Knochen bleiben länger stabil, wenn sie beansprucht werden", sagt Fiehn. Von der Struktur her aufgebaut wie ein Schwamm, profitieren Knochen von "Zug und Druck" beim Training: Die Kräfte, die auf Knochen wirken, regen die knochenaufbauenden Zellen an, neue Knochensubstanz zu bilden - bei Kindern wie bei Erwachsenen.

"Grundsätzlich ist für alle Kinder so gut wie jedes Sportartangebot als förderlich anzusehen,", sagt Bernd Ehrich, Leiter des Gesundheitsamtes des Rhein-Sieg-Kreises. Wichtiger als die Frage nach der einzelnen Sportart sei, dass das gewählte Angebot hinreichend regelmäßig und ausdauernd betrieben wird. Bewegungsmangel führt bei Älteren zu Kraftverlust und geht bei Kindern häufig einher mit Übergewicht. Jedes zehnte Kind sei schon bei der Einschulungsuntersuchung zu dick, teilt die Verwaltung des Rhein-Kreises mit. Ehrich: "Bei der Wahl des Sports sollten daher die Neigungen des Kindes beachtet werden. Vielleicht machen Freunde den gleichen Sport. Das hilft bei Hemmschwellen. Für das Sozialverhalten ist es ebenfalls gut." Was für jedes Alter gilt: Es gibt kaum einen Grund, keinen Sport zu machen.

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