e-sports oder nicht Sport - das ist die Frage

Tausende Spieler messen sich jeden Tag online in verschiedenen PC- und Konsolenspielen. Auch den 14-jährigen Stefan aus Bonn sieht man stundenlang nicht. Selbst zum Essen kommt er nur nach mehrfacher Aufforderung.

 Die Hardtberg-Gymnasiasten (schwarze T-Shirts) um Andreas Wosnitza (stehend) wurden Schulmeister.

Die Hardtberg-Gymnasiasten (schwarze T-Shirts) um Andreas Wosnitza (stehend) wurden Schulmeister.

Foto: Turtle Entertainment/esl

Bonn. Am Wochenende geht Stefan oft in sein Zimmer. Dann sieht man den 14-Jährigen stundenlang nicht mehr, selbst zum Essen kommt er nur nach mehrfacher Aufforderung. Stattdessen hört man ihn reden, manchmal auch auf Englisch.

Mit einem Headset auf den Ohren sitzt er vor seinem Computer und misst sich online mit anderen Gamern auf der ganzen Welt in verschiedenen Spielen. Mittlerweile wohl ein alltägliches Bild in vielen Familien - das Internet macht's möglich.

Auch Andreas Wosnitza, Spielername "m4rS.", hat sich den e-sports verschrieben. Der 20 Jahre alte Zivildienstleistende spielt am liebsten Warcraft III oder World of Warcraft - klassische Strategiespiele.

Während seiner Zeit auf dem Bonner Hardtberg-Gymnasium hat er mit einigen Mitschülern sehr erfolgreich an den Schulmeisterschaften teilgenommen. 2008 gewannen sie das bundesweite Turnier, 2009 wurden die Bonner Dritter.

Bei dem jährlichen Wettkampf für Schulen und Berufskolleges in ganz Deutschland gibt es fünf verschiedene Computerspiel-Disziplinen: Warcraft III, FIFA, Trackmania, Tetris und Billard - die im eins gegen eins oder zwei gegen zwei gegeneinander gespielt werden - waren es zu Wosnitzas Zeiten.

Teamfähigkeit, Kreativität, Kommunikation und ein systematisches Auseinandersetzen mit dem eigenen Team und dem jeweiligen Spiel sind vonnöten. Fähigkeiten, die für die Schüler auch im Schul-, Studien- und Berufsalltag wichtig sein können.

Nach dem Zivildienst will Wosnitza Sonderpädagogik auf Lehramt studieren. Seine Leidenschaft für e-sports hat er natürlich auch nach der Schule nicht verloren. "Ich spiele noch online World of Warcraft, manchmal auch drei Stunden am Tag, aber nicht immer. Das ist eben mein Hobby - so wie andere viel Zeit in ihre Hobbies investieren."

Ausnahmen seien natürlich früher die Lan-Partys gewesen. "Da haben wir schon mal 24 Stunden durchgespielt", erinnert er sich. "Aber ich halte die Aussage, dass alle Spieler immer so lange vor dem PC oder der Konsole sitzen, für überzogen."

Studien zufolge gibt es in Deutschland rund drei Prozent Internet-Süchtige und noch einmal so viele stark Gefährdete. Gerade junge Leute zwischen 13 und Anfang 30 seien betroffen. Problematisch wird es aus Sicht von Experten, wenn jemand mehr als 35 Stunden pro Woche im Internet spielt.

Für Wosnitza ist das Spielen vielmehr ein Sport, "weil man physisch und psychisch gefordert wird und der ganze Körper in Spannung ist". Der Deutsche Sportbund sieht das allerdings anders. Eine eigenmotorische Leistung fehle, heißt es. In einigen Ländern wie China, Russland, Brasilien oder Schweden wird e-sports dagegen von den Verbänden als Sportart anerkannt.

Den meisten Spielern dürfte das ziemlich egal sein. "Es muss Spaß machen", findet Wosnitza. Den meisten Spaß scheint vielen Gamern Counter Strike zu machen. Jedenfalls gehört der Egoshooter zu den beliebtesten Spielen.

Durchschnittlich daddeln jeden Tag weltweit rund 200 000 Akteure gleichzeitig online. Mit bis zu 100 000 Aktiven folgt das Strategiespiel Warcraft III. Wer in einer der vielen professionellen e-sports-Ligen antritt, muss regelmäßig trainieren.

Online wird überwiegend die Umsetzung neu erarbeiteter Taktiken und Strategien geübt. Ohne Übung sinken die Einzel- und Teamleistungen, einfaches Zocken verbessert das Spielvermögen ab einem gewissen Leistungsstand nur noch geringfügig. Kein Wunder also, dass sich der eine oder andere in seinem Zimmer verkriecht.

e-sportsDer Begriff e-sports (englisch kurz für Electronic Sport) bezeichnet das wettbewerbsmäßige Spielen von Computer- oder Videospielen im Mehrspielermodus.

E-sports versteht sich entsprechend der klassischen Definition als eigene Sportdisziplin, welche Spielkönnen (Hand-Augen-Koordination, Reaktionsschnelligkeit) und taktisches Verständnis (Spielübersicht und -verständnis) erfordert.

Alles begann in den 90er Jahren mit Lan-Turnieren - Wettkämpfen, bei denen sich bis zu 3 000 Akteure mit ihren PCs unter dem Arm in großen Hallen trafen, um dort herauszufinden, wer der Beste in einer Disziplin beziehungsweise in einem Computerspiel ist.

Längst hat dieser Trend mit der Verbreitung von Internetanschlüssen diese räumlichen Grenzen gesprengt.

Es gibt keine genauen Zahlen über die Anzahl der Spieler weltweit. Für Deutschland schwanken die Angaben zwischen 1,5 und 4,5 Millionen. In Europa werden rund 22 Millionen Spieler den e-sports zugeordnet. In den USA gibt es Turniere, die mit Preisgeldern von bis zu einer Million US-Dollar dotiert sind.

Bei der nationalen Königsklasse der Electronic-Sports-Liga treffen die besten deutschen Computerspieler und Teams aufeinander und kämpfen um Preisgelder von mehr als 300 000 Euro jährlich. Im Kölner Tanzbrunnen wollten jüngst 1 100 Zuschauer einen Spieltag sehen.

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