Nicht alles wird besser, aber anders

Die wirtschaftliche Bedeutung des Internets wächst, doch die Mechanismen, auf denen es aufgebaut wurde, stammen teils aus den 70er Jahren. Ein Blick auf die Zukunft des Internets lässt daher zunächst Sorge hinsichtlich der Belastbarkeit des Systems aufkommen.

Ein junger Mann hat eines der ersten iPads erworben. Wirtschaft und Universitäten erwarten viel von diesen mobilen Geräten.

Ein junger Mann hat eines der ersten iPads erworben. Wirtschaft und Universitäten erwarten viel von diesen mobilen Geräten.

Foto: dpa

Bonn. Die wirtschaftliche Bedeutung des Internets wächst, doch die Mechanismen, auf denen es aufgebaut wurde, stammen teils aus den 70er Jahren. Ein Blick auf die Zukunft des Internets lässt daher zunächst Sorge hinsichtlich der Belastbarkeit des Systems aufkommen.

Denn die technische Evolution kann mit den wachsenden Anforderungen nicht mehr schritthalten, das Netz entwickelt sich "schrittweise zu einem Flickenteppich", sagt "German Lab", eine Forschungsgruppe mehrerer deutscher Hochschulen, die das "Internet der zweiten Generation" entwickeln, leistungsfähiger, sicherer und robuster als früher.

Kommentar Lesen Sie dazu auch den Kommentar " Online dabei, offline dabei"Für den Normalnutzer hält die Zukunft noch mehr Online-Mobilität bereit. Handliche Geräte sind bereits massentauglich: Apple verkaufte innerhalb eines Monats eine Million seiner iPads. Damit ist dem Medium Buch der Kampf angesagt. Auch Online-Gigant Google ist in den Markt mit elektronischen Büchern eingestiegen, immer mehr Schul- und Lehrbücher liegen in digitalisierter Form vor, und in Amerika wollen schon die ersten Universitäten ihren Studenten iPads statt teurer Studienliteratur ausgeben, zur Recherche während des Unterrichts.

Dazu kommt das "Internet der Dinge": "Schon jetzt gibt es den digitalen Bilderrahmen für Omas Fenstersims, der über das Netz Bilder von der anderen Seite der Erde empfängt", sagt Wolfgang Schmitz-Vianden, Leiter von General-Anzeiger Online. Autos, die ihren Mindestabstand kommunizieren oder sich vom Hersteller mit neuer Software beliefern lassen, Kühlschränke, die den nächsten Einkauf ordern: "Das alles ist technisch umsetzbar, aber noch kein Massenprodukt", sagt Schmitz-Vianden, "Aber in diese Richtung geht es."

Karl-Ulrich Witt, Informatik-Professor an der FH Bonn-Rhein-Sieg, erwartet mehr mobile Geräte, "integriert etwa in Brillen, Taschen oder Kleidung". Dabei werden die Daten im Netz aktiv, meint er: "So könnte jeder Nutzer, individuell nach Interesse und Standort, mit Hinweisen beliefert werden etwa zu Theatervorstellungen in meiner Stadt oder zu der Natur, die ich durchwandere."

Witts FH-Kollege Andreas Hense rechnet mit mehr Dienstleistung: Das Internet werde komplexe Prozesse, die heute noch "lästigen Papierkram" bedeuten, automatisiert ausführen. So konzentriert sich der Nutzer auf das Ergebnis, während integrierte Systeme die Routine abwickeln - wie ein Hochzeitsplaner den Kuchen bestellt und den Festsaal mietet, während das Paar nur noch vor dem Altar "Ja" sagen muss.

Um das Ertrinken in der Datenflut zu verhindern, entwickeln sich laut Hense "Vertrauensnetzwerke". Diese selektieren Daten nach Kriterien, die alle Mitglieder gleich bewerten würden. "Natürlich besteht dabei die Gefahr der Wettbewerbsverzerrung und des Kontrollverlusts", sagt der Professor.

"Aber was technisch möglich ist, wird auch gemacht. Natürlich wird dabei nicht alles besser, es wird nur anders." Lernen wird für die "Generation Internet", so Wirtschaftsinformatiker Volker Wulf von der Uni Siegen, mehr als zuvor ein lebenslanger Prozess sein.

Die vernetzte Arbeitsweise des Internets werde die Suchen nach "Praxisgemeinschaften" wichtiger machen, also von Menschen, die ihre Arbeitskraft bündeln wollen. Pädagogik-Professor Jürgen Fritz von der FH Köln warnt vor der kanalisierten Sichtweise, die mit der "Kommentierung des realen Raums" durch mobile Geräte einhergeht - wie schon vor 150 Jahren die Baedeker-Reiseführer dafür sorgten, dass bald alle die gleichen Orte besuchten.

"Die virtuelle Welt alleine macht nicht satt", so Fritz, und in den Führungsetagen werde der persönliche Kontakt, die emotionale Bindung zu Geschäftspartnern wieder geschätzt. "Konferenzen im Netz können nicht alles leisten", so Fritz. Die heutige Jugend stehe daher vor der Herausforderung, das Leben in zwei Welten lernen zu müssen - der virtuellen und der realen.

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