"Jeder kann singen"

"Der Chor der Nicht-Sänger" steht auf der Notenmappe. Langsam füllt sich der Raum im Rudolf-Steiner-Haus mit den Musikbegeisterten, die - wie der Name schon sagt - keine Ahnung vom Singen haben. GA-Familienvater Joachim Behn ist auch mit dabei

"Jeder kann singen"
Foto: Barbara Frommann

Bonn. "Der Chor der Nicht-Sänger" steht auf der Notenmappe, die Chorleiter Werner Gorzalka auf sein Klavier legt. Langsam füllt sich der Raum im Rudolf-Steiner-Haus mit den Musikbegeisterten, die - wie der Name schon sagt - keine Ahnung vom Singen haben. Denkste.

Nicht-Sänger ist wohl die Untertreibung des Jahrhunderts. Das zeigt sich schon beim Einsingen. Und kaum legt der Chor, der deutlich weiblich dominiert ist, nach dem Warm-up mit "The Lion Sleeps tonight" los, weiß man, dass die Laien-Musiker alles sind - nur keine Nicht-Sänger.

Gorzalka, Diplom-Informatiker und Stimmtrainer, ist der Vater des mittlerweile 25-köpfigen Chores. Aus der Taufe gehoben wurde er vor vier Jahren.

"Es waren zu 100 Prozent Leute, die noch nie gesungen hatten", erzählt Gorzalka. Stimmbildung - "eine Technik, die von der Boston University gekommen ist" - Körpertechnik und mehr standen dann auf dem Programm. Das Besondere ist, "dass ich etwas gemacht habe, was eigentlich verboten ist. Wenn man Solo-Stimmen lernt, gehen die Sänger aus dem Chor raus, damit die anderen Stimmen nicht stören. Ich habe das Gegenteil gemacht." Mit Erfolg. "Nach drei Monaten haben wir angefangen, den Mondaufgangschor zu singen. Meiner Meinung nach neben der Carmina Burana der schwerste Chor."

Mit dabei ist auch GA-Familienvater Joachim Behn. "Ich habe eine typische Nicht-Sänger-Karriere hinter mir", erzählt der 58-Jährige. Die startete und endete in der Grundschule - einmal vorgesungen, danach durfte er nicht mehr mitmachen. Später am EMA stand eine Schulaufführung auf dem Programm, "und es gab kaum jemanden, der nicht an den Chorproben teilgenommen hat - und zu denen gehörte ich".

Die Wende kam mit den Kindern. "Zuerst habe ich die Gute-Nacht-Lieder notgedrungen gesungen und später mit Vergnügen." So kam Behn zum Einsteigerkurs des Familienbildungswerks, über das auch der Chor der Nicht-Sänger läuft. Und schon am ersten Abend kam die Begeisterung. "Du singst mit zehn Leuten und denkst, dass es sich nicht mal schlecht anhört."

"Jeder kann singen", ist Gorzalka überzeugt. Tipps für zu Hause hat er allerdings nicht. "Das bringt nicht viel. Es ist zu komplex. Wenn man es ohne Gesangslehrer macht, macht man es falsch und dann kann es kontraproduktiv sein."

Wichtig sei, sich dem Singen zu überlassen und sich einfach gehen zu lassen. "Es muss klar sein, dass man nicht an einem Tag die Welt erschaffen kann. Aber wenn man sich bemüht, dann geht es schneller, als man denkt", sagt der Chorleiter.

Der Chor trifft sich donnerstags von 21.15 bis 22.45 Uhr im Rudolf-Steiner-Haus, Thomas-Mann-Straße 36. Außerdem ist die Gruppe auf der Suche nach einem neuen Raum. Kontakt: Werner Gorzalka, Telefon (0 22 23) 2 66 24.

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