Liebfrauenschule, Klasse 8b, Bonn Von der Welt vergessen

BONN · Private Stadtforscher entdecken verlassene Plätze und berichten über sie in speziellen Blogs und Chats. Solche Orte gibt es überall, auch bei uns in Bonn.

 Das ehemalige Opel-Autohaus erobert sich die Natur zurück.

Das ehemalige Opel-Autohaus erobert sich die Natur zurück.

Foto: Alexandra Falkenberg

Die Welt ist bis in den letzten Winkel erforscht. Man muss oft lange suchen, um einen Fleck Erde zu finden, der noch nicht in einem Reiseführer beschrieben wurde. Doch es gibt immer noch Raum für moderne Abenteurer: die sogenannten Lost Places (engl.: vergessene Plätze).

Egal, ob stillgelegte Fabriken, alte Bunker oder öffentliche Einrichtungen im Dornröschenschlaf. Sie alle sind das Ziel der Urban Explorer (private Stadtforscher). Sie betreten verlassene Gebäude, um sie zu erkunden, mit Fotos zu dokumentieren und später in Foren oder Blogs zu posten, damit man sich darüber austauschen kann. Mystische Fotos und spannende Texte - das lieben die Blogger.

Aber es gibt auch jene, die Lost Places einfach nur für sich selbst erkunden. Die meisten Urban Explorer sind sozusagen Botschafter, da sie diese Lost Places der Öffentlichkeit zugänglich machen. Denn oft läuft man täglich an ihnen vorbei, ohne sie zu bemerken, und man weiß kaum etwas über diese Gebäude und ihre Glanzzeiten: Sie sind vergessen.

Solche Plätze gibt es auch in Bonn: Beispielsweise den Zivilschutzbunker, der direkt hinter dem Hauptbahnhof liegt. Auch das ehemalige Autohaus von Opel an der Reuterbrücke gehört dazu.

Dem Londoner Geograf und Urban Explorer Bradley L. Garrett zufolge ist Urban Exploration eine Reaktion auf die zunehmende Überwachung und Kontrolle des öffentlichen Raumes. Überall in der Stadt gibt es Vorschriften, die von Überwachungskameras und aufmerksamen Bürgern kontrolliert werden. Aber verlassene Gebäude und Plätze entziehen sich dieser Kontrolle.

Für Urban Explorer ist auch anziehend, dass man in den Lost Places selbst eine unveränderte Vergangenheit erleben kann. Lost Places geben uns einen ehrlicheren Blick in die Zeit unserer Vorfahren, so wie Museen es tun. Außer, dass die verlassenen Gebäuden nicht nach unseren Maßstäben aufgearbeitet und zurechtgerückt wurden. Genau das ist das, was Urban Exploration neben dem Adrenalinkick, der Stille und der fantasieanregenden, mystischen Umgebung so spannend macht: die Nähe zur Vergangenheit.

Doch Urban Exploration hat auch Schattenseiten. Denn juristisch gesehen ist es ohne Genehmigung des Eigentümers Hausfriedensbruch, wenn man solche Plätze betritt. Doch die Erlaubnis zu bekommen, ist oft sehr schwierig. Außerdem ist das Betreten baufälliger Bauten, die auch von Schimmelpilz befallen sein können, riskant. Und nicht jeder Urban Explorer erkundet einfach nur Lost Places. Oft werden solche Plätze und ihre Abgeschiedenheit auch von Dieben aufgesucht und von Menschen, die Vandalismus betreiben.

Die haben aber nichts mit den Urban Explorern gemeinsam. Denn deren zentraler Leitsatz lautet: "Nimm nichts mit außer Fotos, und hinterlasse nichts, außer Fußabdrücken."

Liebfrauenschule, Klasse 8b

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