"Kramperl-Lauf" Nikolaus mal anders

In Berchtesgaden geht es am 5. Dezember sehr traditionell und schaurig zu. Was für das Rheinland der Karneval ist, ist für Berchtesgaden der "Kramperl-Lauf", ein dort traditioneller Nikolausbrauch.

 Am Vorabend zu Nikolaus ziehen Buttnmandl und Kramperl durch die Straßen.

Am Vorabend zu Nikolaus ziehen Buttnmandl und Kramperl durch die Straßen.

Foto: Sarah Riehl

In diesem kleinen, abgelegenen Dorf im Süden Bayerns bin ich aufgewachsen. Schon Monate vorher gibt es kein anderes Gesprächsthema mehr. Alle Jungs, die in diesem Jahr 16 geworden sind, freuen sich auf diesen Tag.

Sie unterziehen sich schwierigen Prüfungen, um in die sogenannte Bass aufgenommen zu werden und endlich an der Tradition des "Kramperl-Laufs" teilnehmen zu dürfen.

Auch ich unterstütze meine Freunde bei den Vorbereitungen immer fleißig. Ich suche mit ihnen Tierfelle aus, nähe sie zusammen, sammle Strohspenden, putze Glocken und flechte Ruten aus Weiden.

Los geht es am 5. Dezember. Schon ganz früh versammeln sich die Mitglieder in einem Heuschuppen. Dort bekleiden wir sie mit ihren Fellen zu sogenannten Kramperln oder binden sie in Stroh zu "Buttnmandl" ein.

Danach schnüren wir ihnen mit breiten Lederriemen große, schwere Glocken auf den Rücken, ziehen ihnen gruselige Masken an, die wir Einheimischen "Larve" nennen und statten sie mit Ruten aus. Ab jetzt sind sie auf unsere Hilfe angewiesen, da sich die Kramperl und Buttnmandl kaum noch bewegen können.

Mit Einbruch der Dämmerung geht es endlich los. Schaulustige haben sich versammelt und warten gespannt, dass sich die Tür öffnet und der Nikolaus mit seinen Kramperln und Buttn-mandl erscheint.

Dann erklingt endlich ein dumpfes "Buttn-mandl, auf geht's!", und die Tür öffnet sich. Zuerst läuft die Gruppe zu einer Wiese, um in Ruhe beten zu können. Erneut erklingt ein Schrei. Los geht es. Langsam bewegt sich die Gruppe mit lautem Geschrei und Glockengeräusch zu den Häusern, wo schon die Familien auf den Besuch des Nikolaus warten. Dann betreten sie das Haus.

Der Nikolaus sagt sein Sprüchlein auf und liest die guten und schlechten Taten. Dazu knurren und scheppern die Buttnmandl und Kramperl. Danach bekommen alle ihre Nikolaussäckchen mit Süßigkeiten, Äpfeln und Nüssen.

Nun folgt das "Stubn ausramma". Die Gestalten zerren dabei junge Frauen aus dem Haus. Auch ich bleibe nie verschont! Ich wehre mich zwar, freue mich aber über den Schnee, der auf den Wiesen liegt, mit dem uns die Buttnmandl und Kramperl einreiben.

Liegt kein Schnee, wird man mit Blättern und Moos eingerieben. Kinder und alte Leute bleiben davon verschont. Bevor ich wieder frei gelassen werde, versucht der Buttnmandl sich ein "Buttnmandl-Busserl" abzuholen.

Gelingt ihm das nicht, gibt es die Rute. Nachdem alle ihre "Strafe" erhalten haben, trinken wir versöhnt gemeinsam heiße Getränke und sprechen miteinander. Um dem Spektakel ein Ende zu setzen, ruft der Buttnmandl-Meister, um die Bass zu versammeln. Dann geht es zum nächsten Haus. Ich freue mich jetzt schon auf das nächste Jahr.

Ludwig-Erhard-Berufskolleg, FABKMV1

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