Erich Kästner Realschule plus Bad Neuenahr-Ahrweiler, Klasse 8a Der Wecker weckt mit Licht

BAD NEUNAHR-AHRWEILER · Bei Schwerhörigkeit helfen in der Schule sowohl Klassenkameraden als auch Hörgeräte.

 Eine junge Frau hilft mit Gebärdensprache Besuchern eines Rockkonzerts, die Stücke besser zu verstehen.

Eine junge Frau hilft mit Gebärdensprache Besuchern eines Rockkonzerts, die Stücke besser zu verstehen.

Foto: dpa

Ich bin als jüngste Tochter in eine Familie mit vier Kindern geboren. Und ich bin ein glücklicher Mensch, der lacht, lebt und streitet wie alle anderen Menschen auch.

Als ich drei Jahre alt war, bekam ich Hörgeräte, weil ich nicht so gut hören konnte wie andere Kinder. Trotzdem war ich ein glückliches Kind und hatte genau wie andere Kinder Spaß am Leben.

Aber ich musste lernen, im Leben zurechtzukommen, ohne richtig hören zu können. Weil ich die Hörgeräte erst mit drei Jahren bekommen habe, konnte ich nicht so gut reden wie andere Kinder in meinem Alter.

Ich musste viel mit den Händen zeigen, was ich meinte, und viel überlegen, was andere meinen könnten, weil ich nicht alles verstand. Wenn ich mit meiner Familie abends zusammen am Esstisch saß, war es oft schwer für mich, im Gespräch mitzuhalten, wenn alle durcheinander reden.

Meine Hörgeräte helfen mir zu hören, aber sie schaffen es trotzdem nicht, dass ich alles hören kann, was andere Menschen hören.

Das Leben als Schwerhörige ist oft umständlicher als bei anderen Menschen. Im Schwimmbad muss ich zum Beispiel meine Hörgeräte ausziehen, weil diese nicht nass werden dürfen. Dadurch kann ich im Schwimmbad nichts hören, und das ist schwierig beim Kommunizieren mit anderen Badegästen.

Ich brauche einen extra Wecker (der vibriert oder einen Licht-Wecker), weil ich von einem normalen Wecker nicht wach werde. Wenn ich im Kino bin, kann ich nicht alles verstehen, was gesagt wird - trotz meiner Hörgeräte - , deswegen muss ich oft länger nachdenken, was gemeint ist.

Zuhause beim Fernsehen mache ich oft Untertitel an und lese jeden Satz, der in dem Film gesprochen wird. Von der ersten bis zur siebten Klasse ging ich in die Landesschule für Schwerhörige und Gehörlose in Neuwied. Seit der achten Klasse besuche ich jetzt die Realschule plus. Im Unterricht bekomme ich auch nicht alles mit, aber da hilft mir die FM-Anlage, ein Mikrofon, das der Lehrer trägt. Leider kann ich trotzdem nicht verstehen, was andere Schüler zum Unterricht beitragen.

Dadurch ist es für mich schwieriger zu lernen als für andere Kinder. Dennoch habe ich viele Freundinnen und rede mit ihnen ganz normal. Leider müssen sie oft den Satz wiederholen, weil ich es nicht verstanden habe. So gehört es zu meinem Alltag, ständig etwas nicht ganz zu verstehen oder öfters nachzufragen. Oft haben Menschen keine Geduld mit mir, das Gesagte zu wiederholen. Aber meine Freundinnen sind gerne mit mir zusammen. Sie erklären mir geduldig und selbstverständlich, was gesagt wurde.

Aber ich habe auch Fähigkeiten, die andere nicht haben. Ich kann beispielsweise von den Lippen ablesen, was andere sagen und mit den Augen oft Dinge wahrnehmen, die andere nicht bemerken. Mit anderen schwerhörigen Menschen kann ich sogar in Gebärdensprache kommunizieren. Ich bin schwerhörig, aber ich bin genau so ein Mensch wie andere. Es gibt viel schlimmere Dinge im Leben, die einem passieren können, als schwerhörig zu sein.

Erich Kästner Realschule plus Bad Neuenahr-Ahrweiler, Klasse 8a

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