Verein Weihnachtslicht Spende für Bonner Initiative "Handeln statt Misshandeln"

BONN · Der Verein Weihnachtslicht spendet für die modellhafte Bonner Initiative "Handeln statt Misshandeln". Diese nimmt seit 15 Jahren eine Vorreiterrolle in Deutschland ein.

 Pflegebedürftige Senioren können zu Hause oder im Heim Opfer von Gewalt und Vernachlässigung werden .

Pflegebedürftige Senioren können zu Hause oder im Heim Opfer von Gewalt und Vernachlässigung werden .

Foto: dpa

Das Telefon klingelt. Eine aufgeregte Stimme ist zu hören: "Sie müssen ganz schnell kommen. Bei der Familie nebenan wird die Oma eingesperrt und geschlagen". Solche und ähnliche Anrufe sind für Bärbel Makowsky-Rohe, Sozialarbeiterin, keine Seltenheit. "Wir nehmen jeden Anruf ernst und schauen, wer helfen kann. Dafür machen wir Hausbesuche und suchen das Gespräch."

Gemeinsam mit Marita Halfen und vielen weiteren ehrenamtlichen Helfern engagiert sie sich beim Verein "Handeln statt Misshandeln - Bonner Initiative gegen Gewalt im Alter" (HsM). 1997 wurde die erste Notruf- und Krisenberatungsstelle für ältere Menschen in Deutschland gegründet. "Die Arbeit des Vereins ist sehr wichtig.

Es spricht ein Tabu in unserer Gesellschaft an. Somit nimmt die Initiative seit 15 Jahren eine Vorreiterrolle in Deutschland ein", sagt Bernd Leyendecker, Vorsitzender des Vereins Weihnachtslicht. "Dieses außergewöhnliche Engagement fördern wir und spenden seit vielen Jahren Geld an HsM."

Gewalt bedeute nicht nur Schläge oder Misshandlungen, sondern auch Respektlosigkeit oder psychische Schädigungen durch Vernachlässigung, Einschränkung des freien Willens oder finanzielle Schädigung, so Professor Rolf Hirsch, Vorsitzender des Vereins und Facharzt für Nervenheilkunde und Geriatrie. "Gewalt gegen alte Menschen ist ein Thema von großer gesellschaftlicher Bedeutung. Sie geschieht im öffentlichen Raum, in der Familie und in Institutionen"

Neben der häuslichen Gewalt berichten die Ehrenamtler auch über viele Fälle in den Heimen. Immer wieder berichten Pflegebedürftige oder deren Angehörige von Fesselungen, Vernachlässigung oder Bevormundung. "Diese Freiheitsberaubung passiert Tag für Tag", versichert Hirsch. Die Experten gehen von einer hohen Dunkelziffer von Gewalt-Opfern aus.

Bis zu zehn Prozent der Pflegebedürftigen seien zu Hause Gewalt ausgesetzt. In Heimen sind es bis zu 20 Prozent, und bei den Demenzerkrankten sei es gar jeder Zweite. Bestürzend sei vor allem, dass die Gewalt meist von Pflegern und Angehörigen selbst ausgehe.

Auch in den Krankenhäusern besteht die Gefahr, Opfer von Gewalt zu werden. Eine Praktikantin in einem Pflegeheim war entsetzt von den Zuständen und berichtete den Vereinsmitgliedern, dass den Bewohner zum Beispiel Windeln angezogen würden, weil die Pfleger nicht genug Zeit hätten, die alten Menschen zur Toilette zu begleiten.

Der Verein will für das Thema sensibilisieren und aufzeigen, was Unrecht ist. "Wir haben in den 15 Jahren viel erreicht. So ist Gewalt im Alter inzwischen Lehrstoff in der Alten- und Krankenpflege", berichtet Marita Halfen, die selbst als Dozentin in die Schulen geht.

Die Krisenberatungsstelle bietet unterschiedliche Angebote für ältere Menschen wie Beratung und Begleitung in kritischen Lebens- und Pflegesituationen. Auch pflegende Angehörige bekommen Unterstützung in Krisensituationen und können sich in Gesprächskreisen austauschen. "Für unser vielfältiges Engagement suchen wir immer Helfer, vor allem jüngere", sagt Hirsch.

Weitere Informationen über den Verein "Handeln statt Misshandeln" gibt es im Internet unter www.hsm-bonn.de. Der Notruf ist telefonisch zu erreichen unter der Telefonnummer 0228/696868.

HsM in Zahlen
In den vergangenen 15 Jahren sind beim Verein "Handeln statt Misshandeln" (HsM) rund 35.500 Anrufe beim Notruf eingegangen. Es wurden rund 3300 Beratungsgespräche geführt. Rund 70 Mitglieder engagieren sich im Verein. Seit 15 Jahren koordiniert HsM den Runden Tisch "Gewalt gegen ältere Menschen in Bonn". Im Oktober 2012 tagte der 30. Runde Tisch.

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