Der Fall Uli Hoeneß Haftstrafe für Hoeneß - FC Bayern unter Druck

München · Uli Hoeneß muss für seine millionenschwere Steuerhinterziehung büßen und soll dreieinhalb Jahre in Haft.

 Uli Hoeneß und seine Frau Susi verlassen nach der Urteilsverkündung das Landgericht München II. Foto: Andreas Gebert

Uli Hoeneß und seine Frau Susi verlassen nach der Urteilsverkündung das Landgericht München II. Foto: Andreas Gebert

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Das Landgericht München sprach den Präsidenten des FC Bayern München in einem der spektakulärsten Steuerverfahren in Deutschland in sieben Fällen schuldig. Seine Verteidiger kündigten Revision an. Die Staatsanwaltschaft hält sich dies offen. Der 62-Jährige wurde nach dem Urteil nicht abgeführt. Der Haftbefehl aus dem Frühjahr 2013 bleibt weiter gegen eine Millionen-Kaution ausgesetzt.

Aus dem Fußball erhielt Hoeneß viel Aufmunterung. Die Politik dagegen lobte den Richterspruch.

"Ein Freispruch war zu keinem Zeitpunkt zu erwarten", erläuterte Richter Rupert Heindl bei seiner Urteilsbegründung. "Es ist keine missglückte Selbstanzeige, sondern eine unzureichende Selbstanzeige." Für das Gericht war es allerdings kein besonders schwerer Fall der Hinterziehung, dann wäre die Strafe höher ausgefallen.

Hoeneß hat dem Fiskus mit seinem Schweizer Geheimkonto mindestens 28,5 Millionen Euro an Steuern vorenthalten. Die neue, nochmals um mehr als eine Million Euro höhere Summe nannte Heindl. Er begründete den Anstieg mit dem Solidaritätszuschlag. Inklusive Zinsen wird Hoeneß aber wohl noch viel mehr Geld an die Staatskasse zahlen müssen.

Der 62-Jährige verließ nach der Urteilsbegründung wortlos den Gerichtssaal. Sein Anwalt blickte derweil schon auf die nächste Instanz, den Bundesgerichtshof in Karlsruhe. "Die Verteidigung wird das Urteil anfechten mit dem Mittel der Revision. Entscheidend ist, wie mit einer solch nicht idealen Selbstanzeige umzugehen ist", sagte der Frankfurter Staranwalt Hanns Feigen.

Der FC Bayern gab zunächst keine Stellungnahme ab. Der deutsche Rekordmeister kündigte an, dass Präsidium, Verwaltungsbeirat und Aufsichtsrat "kurzfristig zu Beratungen zusammenkommen" würden. Die Öffentlichkeit solle "zeitnah" - aber nicht vor Freitag - über die Ergebnisse informiert werden, hieß es in einer Mitteilung des Clubs.

Der noch amtierende Bayern-Boss Hoeneß blickte beim Urteilsspruch zu Boden und zeigte nur wenig Regung. Das Gericht habe beim Strafmaß "natürlich ganz erheblich zu Ihren Gunsten das Geständnis gewertet", sagte Heindl an ihn gewandt. "Sie hatten viele Jahre Zeit, Ihre Angelegenheiten in Ordnung zu bringen. Sie haben es nicht getan, sondern, wie Sie selbst eingeräumt haben, auf Zeit gespielt." Am Ende sei er "getrieben worden von Angst vor Entdeckung".

Das Gericht blieb deutlich unter der Forderung von Staatsanwalt Achim von Engel, der wegen eines besonders schweren Falles von Steuerhinterziehung für eine Haft von fünf Jahren und sechs Monaten plädiert hatte. Die Verteidigung hielt höchstens eine Bewährungsstrafe für angemessen, sollte das Gericht die Selbstanzeige als unwirksam erachten.

Hoeneß' Hoffnung, den Saal 134 im Münchner Justizpalast doch noch als endgültig freier Mann verlassen zu können, zerschlug sich um 14.07, als Heindl das Urteil verkündete. Hoeneß' Mundwinkel zuckten, seine Ehefrau Susi litt im Zuschauerbereich mit und wirkte nach dem Richterspruch erstarrt. Die Staatsanwaltschaft sieht in dem Ausgang des Verfahrens eine "Signalwirkung" dadurch gegeben, dass der Sachverhalt unabhängig vom Ansehen der Person beurteilt wurde.

Hoeneß hatte sich in seinem Schlusswort lediglich dem rund 50-minütigen Schlussplädoyer seines Anwaltes angeschlossen. "Ich habe dem Vortrag von meinem Verteidiger nichts hinzuzufügen. Er hat alles gesagt, was ich nicht besser hätte formulieren können", erklärte er.

Das Urteil erschüttert auch den FC Bayern. Hoeneß ist seit Jahrzehnten das Gesicht des Vereins. Als Spieler, Manager, Präsident und Aufsichtsratsvorsitzender der AG prägte und prägt der Patriarch vom Tegernsee den erfolgreichsten deutschen Fußball-Club. Kann er seine Ämter als Präsident und Aufsichtsrat auch nun noch behalten?

Der seit 2009 als Präsident amtierende Hoeneß hatte auf der Mitgliederversammlung im November 2013 angekündigt, nach dem Prozess die "Vertrauensfrage" zu stellen. "Ich werde mich jedem Votum, das sie treffen, unterwerfen", hatte Hoeneß zu den Mitgliedern. Er wolle ihnen auf einer außerordentlichen Hauptversammlung "das Recht geben, zu entscheiden, ob ich noch der richtige Präsident für diesen Verein bin". Ob es dazu jetzt noch kommen wird, ist völlig offen.

Im Kern ging es bei den Plädoyers um die strafbefreiende Wirkung der im Januar 2013 von Hoeneß gestellten Selbstanzeige. "Eine wirksame Selbstanzeige, die die Verfolgung verhindern würde, liegt nicht vor", meinte der Staatsanwalt. "Die Tat wird überlagert von einer vollständigen Rückkehr zur Steuerehrlichkeit", entgegnete Feigen.

"Die Stunde Null dieses Verfahrens ist der 17. Januar 2013. Das war die Rückkehr des Herrn Hoeneß zur Steuerehrlichkeit", betonte der Verteidiger. Schon aus der Selbstanzeige hätten sich über eine Schätzung die Steuerschulden errechnen lassen. Daraus habe die Finanzverwaltung zwei Wochen nach dem Einreichen der im Januar 2013 eingereichten Selbstanzeige in einer Probeberechnung sogar eine Steuerschuld von 70 Millionen Euro errechnet. Da habe die vor Gericht veranschlagte Summe deutlich darunter gelegen, sagte Feigen.

Die Dimension des gesamten Vorgangs habe auch den Deutschen Fußball-Bund überrascht, erklärte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, betonte aber auch: "Die großen Verdienste von Uli Hoeneß für Bayern München und den gesamten deutschen Fußball bleiben unabhängig von diesem Prozess bestehen." Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) erklärte: "Ich bin zuallererst menschlich betroffen, weil eine Freiheitsstrafe natürlich für jeden Menschen, und damit auch für Uli Hoeneß, ein gravierender Eingriff ist." Als Politiker und Ministerpräsident habe er das Ergebnis eines rechtsstaatlichen Prozesses zu respektieren.

Andere Politiker begrüßten das Urteil als "wichtig", "angemessen" oder "absolut richtig". "Die Haftstrafe ohne Bewährung war unausweichlich. Angesichts der riesigen Summen konnte das Gericht nicht anders entscheiden", sagte die Vorsitzende des Bundestags-Rechtsausschusses, Renate Künast (Grüne).

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