Sabine Bätzing-Lichtenthäler Das Lachen einer Indianerin

UNKEL · Ein Lachen, noch eins, und noch eins. Herzhaft, offen ist es jedes Mal, ja, fast ansteckend. "Opposition ist Mist", sagt sie. Und lacht. Sagt SPD-kritisch, dass für den Endspurt keine Fettnäpfchen mehr unterwegs seien - "die hat Peer Steinbrück doch schon alle mitgenommen." Sie lacht.

 Sabine Bätzing-Lichtenthäler im nachgestellten Arbeitszimmer von Willy Brandt: Im Unkeler Forum des einstigen Bundeskanzlers fühlt sich die Altenkirchenerin wohl.

Sabine Bätzing-Lichtenthäler im nachgestellten Arbeitszimmer von Willy Brandt: Im Unkeler Forum des einstigen Bundeskanzlers fühlt sich die Altenkirchenerin wohl.

Foto: Frank Homann

Wenn es stimmt, dass heutzutage die Sympathie mit dem Kandidaten eine Wahl entscheidet, dann wird sich Sabine Bätzing-Lichtenthäler vermutlich nur wenige Sorgen machen müssen, vier weitere Jahre in Berlin mitmischen zu dürfen.

Der Interview-Termin beginnt anders. Ohne Lachen, dafür mit einer Entschuldigung. Die 38-Jährige ist acht Minuten zu spät dran, es ist die Last des Wahlkampfs. Wir sprechen im Willy-Brandt-Forum in Unkel, natürlich dort. Sie hat sich den Ort ausgesucht. Weil er ihr wichtig ist.

Weil er für ein Stück Geschichte ihrer Partei steht. Und weil sie Brandt als Charakterkopf bewundert, als prägende Figur, "unerreichbar". Sie hingegen ist das Gegenteil: In Puderbach stellte sie sich an diesem Vormittag vor, ging von Haustür zu Haustür. 5000 Haushalte sollen es bis zum Wahltag werden. "Ausgerechnet die letzte Dame bat mich herein, um mir Fotos zu zeigen", sagt sie entschuldigend, lächelt gehetzt, sieht eine Mitarbeiterin des Forums, umarmt sie herzlich - und: lacht.

Um ihre liebliche Waffe weiß auch die SPD-Frau. Schon bei der vergangenen Wahl erhielt sie zwölf Prozent mehr Stimmen als ihre Partei. "Optimal ist sicher eine Kombination aus Sympathie und Argumenten, aber am Ende entscheidet wohl das Lachen. Für uns Politiker ist das erschreckend", sagt sie, und erzählt, wie sie als Drogenbeauftragte der Schröder-Regierung in einer Live-Schalte der "Tagesschau" auftrat.

Als ihr ein guter Freund aus dem Ausland gratulierte und sie wissen wollte, was er von dem Gesagten hielte, sagte dieser: "Keine Ahnung, was du da gesagt hast - aber du sahst verdammt gut aus." Die agile, junge Ehefrau und Mutter einer zweijährigen Tochter auf ihr Erscheinungsbild zu reduzieren, wäre ähnlich frevelhaft, wie die Sozialdemokraten an den Fehltritten Steinbrücks zu messen.

Die Karriere, die Bätzing-Lichtenthäler hinlegte, ist außergewöhnlich: 2002 wurde sie im Alter von 27 Jahren in den Deutschen Bundestag gewählt. Wurde unter Gerhard Schröder schließlich Drogenbeauftragte und muss sich seit vier Jahren in der Opposition durchschlagen. Und die ist ja bekanntlich "Mist": "In der Regierung kann man etwas bewegen. In der Opposition arbeitet man nur für den Papierkorb", sagt sie. Und das 21 Sitzungswochen im Jahr.

Ihre politischen Steckenpferde: demographischer Wandel, Sport, Finanzen, Gerechtigkeit. Sie plädiert für einen Demografiefaktor, nach dem von Überalterung besonders betroffene Kommunen mit einer Anschubfinanzierung unterstützt werden. Sie macht sich Sorgen um die Landärzte, die keine Nachfolger finden. "Lasst uns darum kümmern. Wir haben lang genug vor der Statistik verharrt", fordert Bätzing-Lichtenthäler deshalb ebenso wie flexible Arbeitszeiten und ausreichend Kinderbetreuung.

Doch was sie tatsächlich am meisten antreibe, seien die Probleme in ihrem Wahlkreis, die sie wirklich lösen könne: "Wenn eine alleinerziehende Mutter von drei Kindern anruft und sagt, ich habe ihr bei der Bewilligung einer Mutter-Kind-Kur geholfen - das macht mich glücklich." In Berlin, so sagt sie, sei sie nie angekommen. Für sie sei das wie "auf Montage sein". Dort gebe es sechs, sieben Häuptlinge, "aber auch ganz viele Indianer", beschreibt sie, "wir brauchen natürlich Köpfe, aber auch Politiker in den Reihen dahinter, die nicht nur abnicken."

Letzte Frage: Wie sie persönlich die Politikverdrossenheit empfinde, das nicht wahrgenommene Recht, die Wahlfreiheit, für die sie anderswo blutig kämpfen? Ihre Antwort: "Mit tut das weh." Kurz, ehrlich. Ganz ohne Lachen.

Fünf Fragen

Welche drei Dinge haben Sie immer im Kühlschrank?
Sabine Bätzing-Lichtenthäler: Kirsch-Joghurt, Apfelschorle, bunte Partyeier.

Welches Buch liegt bei Ihnen auf dem Nachtisch?
Bätzing-Lichtenthäler: "Schneewittchen muss sterben" von Nele Neuhaus.

Ihr Lieblingsfach in der Schule?
Bätzing-Lichtenthäler: Biologie.

Womit haben Sie Ihr erstes Geld verdient?
Bätzing-Lichtenthäler: An der Supermarktkasse in Altenkirchen.

Ihr letztes Konzert?
Bätzing-Lichtenthäler: Herbert Grönemeyer.

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