Nach der Bundestagswahl Katzenjammer und Zuversicht in Bonn

BONN · Nach der Wahl ist vor der Wahl. Zeit für eine Verschnaufpause haben die Bonner Parteispitzen nicht. Am 25. Mai 2014 ist Kommunal- und Europawahl. Und ein Jahr später wird das Stadtoberhaupt gewählt. Denn Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch (SPD) bekräftigte, er wolle seine sechsjährige Amtszeit voll ausschöpfen. Und die endet regulär erst am 20. Oktober 2015. Ob er noch einmal antritt, entscheide er im Sommer 2014.

Die Spitzen von CDU und SPD in Bonn fühlen sich durch die Ergebnisse der Bundestagswahl für die Kommunalwahl gut gewappnet und versprühten am Montag Zuversicht. "Für uns ist das gute Abschneiden von Ulrich Kelber und auch der Zugewinn bei den Zweitstimmen Ermunterung, aber auch Ermahnung zugleich, im Kommunalwahlkampf alles zu geben, um im Rathaus von der Oppositionsbank wieder ans Ruder zu kommen", sagte SPD-Parteichef Ernesto Harder.

Die Kandidaten sind bereits aufgestellt und stünden in den Startlöchern. Auf die Frage, ob die SPD 2015 Jürgen Nimptsch wieder als OB-Kandidaten ins Rennen schickt, sagte er, das werde nach der Kommunalwahl entschieden.

Harders Amtskollege von der CDU, Philipp Lerch, sieht die Ausgangslage für seine Partei nach der Bundestagswahl ebenfalls als gut an. Obgleich die CDU mit ihrem Zweitstimmenanteil deutlich unter dem Bundesergebnis liegt. "Wir haben aber bei den Zweitstimmen zehn Prozent mehr als die SPD gewonnen", sagte Lerch und wertet dies als gutes Omen für die Kommunalwahl. "Wir wollen auf jeden Fall die Gestaltungsmehrheit im Rat behalten."

Dabei könne er sich durchaus vorstellen, dass die CDU erneut mit den Grünen zusammengehe, sagte er. Anders als die Genossen muss die CDU allerdings im Dezember noch ihre Kandidaten für den Stadtrat küren. Und obendrein für Lerch einen Nachfolger finden. Der 31-Jährige tritt, wie berichtet, aus persönlichen Gründen bei der Vorstandswahl im November nicht mehr an.

Als potenzieller Nachfolger ist der Hardtberger CDU-Chef Christos Katzidis im Gespräch. "Ich denke noch darüber nach", sagte Katzidis gestern auf GA-Nachfrage. "Wir warten auf Bewerbungen aus der Mitgliederschaft", betonte Lerch. Die soll auch das erste Wort bei der Suche nach einem OB-Kandidaten der CDU haben. Seit beinahe 20 Jahren ist das OB-Amt in der einstigen CDU-Hochburg fest in SPD-Hand.

Der Versuch der Christdemokraten, bei der Kommunalwahl 2009 mit dem Meckenheimer Christian Dürig den Chefsessel im Rathaus zurückzuerobern, ging gründlich schief. Er galt als Verlegenheitskandidat und als einsame Personalentscheidung des einstigen CDU-Landtagsfraktionsvorsitzenden Helmut Stahl. Das hatte bei der Basis viel Unmut erregt.

Trotz des Absturzes der Bundes-FDP ist Bonns Liberalen-Chef Werner Hümmrich zuversichtlich. Er geht nicht davon aus, dass die FDP im Stadtrat das gleiche Schicksal ereilt. Die Statistik macht ihm Hoffnung: Trotz der Riesenverluste, die Guido Westerwelle wegstecken musste, ist Bonn im Vergleich zu den meisten anderen Wahlkreisen in NRW immer noch eine FDP-Hochburg.

Befürchtungen, das schlechte Ergebnis der Grünen könne sich auf die Kommunalwahl auswirken, hat Grünen-Parteisprecher Martin Heyer nicht. "Ich glaube, das Ergebnis hat auch nichts mit Bonn, sondern mit dem Bund zu tun."

Acht Monate seien außerdem Zeit genug, noch einmal für die grünen Themen zu werben. Für eine Verlängerung der schwarz-grünen Koalition wollten die Grünen nicht kämpfen, sagte er, genauso wenig werde man für eine Zusammenarbeit mit der SPD werben. "Wir werden einen pur grünen Wahlkampf machen."

Politikwissenschaftler sieht bei Kelber den Promi-Faktor

Dass Ulrich Kelber (SPD) den Kampf um das Direktmandat knapp für sich entscheiden konnte, hat er nach Einschätzung des Bonner Politikwissenschaftlers Frank Decker vor allem seiner Prominenz zu verdanken. „Ulrich Kelber ist sehr bekannt, setzt sich medial gut in Szene und vertritt lautstark die Interessen Bonns.“

Das habe ihm auch unter CDU-Wählern eine gewisse Wertschätzung verschafft. Nur ein CDU-Kandidat, der ähnlich erfahren und bekannt sei, habe eine realistische Chance, Kelber zu schlagen. „Bei der nächsten Wahl einen bekannten CDU-Politiker nach Bonn zu verpflanzen, wäre eine mögliche Lösung.“

Dass die CDU im traditionell schwarzen Adenauer-Wahlkreis hinter dem Bundesergebnis geblieben ist, führt Decker darauf zurück, dass ein starker Kandidat wie Kelber auch Zweitstimmen bindet.

Auch die veränderte Wählerstruktur der Stadt habe eine Rolle gespielt: „Bonn hat sich zu einer Studentenstadt entwickelt, in der die Grünen sehr stark sind.“ Ein Faktor im Bonner Wahl-Krimi sei wohl auch gewesen, dass das Stimmensplitting Kelber zugute kam. Kurz vor der Wahl hatte die Grünen-Direktkandidatin Katja Dörner ausdrücklich mit dem Slogan „ Zweitstimme Grün“ geworben.

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