Bundestagswahl 2013 Liberale an Rhein und Ruhr in Schockstarre

DÜSSELDORF · Untergangsstimmung: Mit der ersten Prognose Punkt 18 Uhr versteinern die Gesichtszüge der Liberalen im Düsseldorfer "Marcel's". Nach dem 14,6-Prozent-Höhenflug 2009 ist die FDP brutal auf ein Drittel der Stimmen abgestürzt.

 Leere Plätze vor dem FDP-Präsidium. NRW-Generalsekretär Marco Buschmann ist mahnt nach dem Wahl-Desaster an: "Personelle Konsequenzen sind unvermeidbar."

Leere Plätze vor dem FDP-Präsidium. NRW-Generalsekretär Marco Buschmann ist mahnt nach dem Wahl-Desaster an: "Personelle Konsequenzen sind unvermeidbar."

Foto: dpa

Generalsekretär Marco Buschmann ist "konsterniert über die Härte des Einschlags. Personelle Konsequenzen sind unvermeidbar." Die FDP-Abgeordnete Gisela Piltz hat feuchte Augen. In der NRW-FDP ist klar: Hoffnungsträger Christian Lindner soll Bundesvorsitzender werden. FDP-Mann Robert Orth redet Fraktur: "Das Duo Rösler-Brüderle hat es nicht gebracht."

Es sind bittere Stunden für die Liberalen. Bei Pils und Wasser kritisiert der Jungliberale Cord Schulz die "kaputte Kampagne der Berliner". Die Leute seien ausgerastet, als Brüderle das Überleben der FDP mit Angela Merkel verknüpft habe, klagt Schulz. In NRW sind die Liberalen im Parlament weiter präsent - nicht zuletzt dank der Ein-Mann-Speerspitze Lindner. Orth glaubt, dass Lindner in Düsseldorf Fraktionschef bleiben und im Bund Parteichef werden kann - und muss.

"NRW muss wieder mehr Verantwortung in der Partei übernehmen." Die NRW-FDP, die ein leicht besseres Ergebnis erzielt hat als im Bundesschnitt, macht sich im historischen Fall selbst Mut. "Die Grünen sind 1990 aus dem Bundestag geflogen und heute wieder da", erinnert die Noch-Bundestagsabgeordnete Gisela Piltz sichtlich mitgenommen. Die Vizechefin der FDP-Bundestagsfraktion zeigt späte Reue: "Wir haben das eine oder andere Mal nicht den richtigen Takt in der Koalition gefunden."

In der CDU-Parteizentrale in Düsseldorf ist die Stimmung nach dem Sieg hoch euphorisch. Dass die CDU in NRW die Zweitstimmen-Kampagne der FDP torpediert hat, halten viele für ein richtiges Signal. CDU-Landeschef Armin Laschet ist sehr zufrieden, dass sein Landesverband fast 40 Prozent der Stimmen geholt hat. "Die CDU ist wieder da", sagt Laschet unserer Zeitung. In der neuen Bundesregierung müsse die NRW-CDU "stark vertreten sein". Ob Landeschef Laschet selbst als Minister ins Kabinett Merkel gerufen wird, dürfte erst am Ende von Koalitionsgesprächen entschieden werden. Laschet will in Koalitionsverhandlungen für den Industriestandort NRW kämpfen.

[kein Linktext vorhanden]Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, deren starker SPD-Landesverband einer großen Koalition äußerst kritisch gegenübersteht, sieht es als Aufgabe von Angela Merkel, sich eine deutliche Mehrheit zu suchen. Über den Bundesrat regiert Kraft als Koordinatorin der SPD-Länder in jedem Fall mit. SPD-Fraktionschef Norbert Römer will den Preis für eine schwarz-rote Koalition hochtreiben und zeigt wenig Begeisterung für ein Bündnis mit Merkel. Grünen-Landeschefs Sven Lehmann und Monika Düker sprechen von "bitterer Niederlage".

Der FDP-Landesvorstand in NRW berät heute die Folgen des Debakels im Bund. Mit Guido Westerwelle und Daniel Bahr müssen gleich zwei Minister ihre Ämter aufgeben. Gesundheitsminister Bahr klagt, dass die politischen Erfolge der FDP vom Wähler nicht honoriert worden seien. Die Partei setzt nun voll auf den Neuanfang im Bund. Im größten FDP-Landesverband gibt es zu Lindner demnach als "letzter Patrone im Colt" keine Alternative.

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