Zentrum für Entwicklungsforschung Sonam Tashi untersucht die Landwirtschaft in Bhutan

BONN · Bhutan ist ein besonderes Land, sowohl in geographischer, sozialer wie auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Das Königreich ist flächenmäßig kleiner als die Schweiz und gibt rund 700 000 Menschen tief im Himalaya zwischen Indien und China eine Heimat.

Rund 70 Prozent der Einwohner verdienen ihren Unterhalt als Bauern und kämpfen täglich mit den außergewöhnlichen geographischen Begebenheiten vor Ort: Mehr als zwei Drittel des Landes sind bewaldet, Tief- und Hochländer wechseln sich ab.

Seit 1979 steht in dem kleinen Land das sogenannte "Bruttonationalglück" (BNG) im Fokus der Wirtschaft. Den Ausdruck prägte der damalige König, Jigme Singye Wangchuck - seitdem werden die wirtschaftlichen Interessen des Landes dem Umwelt- und Naturschutz untergeordnet.

Grund dafür war das sehr niedrige Bruttoinlandsprodukt, dem Wangchuck eine Alternative gegenüberstellen wollte und diese mit dem BNG auch fand. In Bhutan wird seitdem nach dem Glück gestrebt und dieses auch gemessen. "Der Staat bemüht sich, jene Bedingungen zu fördern, die das Streben nach Bruttonationalglück ermöglichen", steht in der nationalen Verfassung in Artikel 9, Absatz 2.

Eine ganz wichtige Rolle spielen dabei die Natur und die Landwirtschaft, letztere soll erstere nicht zerstören, was für die Bhutaner eine Herausforderung darstellt. Bis 2020 soll deshalb die ökologische Landwirtschaft in Bhutan vollständig etabliert sein.

"Die ökologische Landwirtschaft wird weltweit zunehmend als bessere Alternative zur konventionellen Landwirtschaft angesehen - vor allem was die Produktion von gesunden Lebensmitteln und die Linderung der Armut angeht. Des Weiteren werden weniger Umweltschäden verursacht", erklärt Sonam Tashi, Agrarwissenschaftler aus Bhutan, der am Zentrum für Entwicklungsforschung der Universität Bonn (ZEF) derzeit seine Doktorarbeit schreibt. Dabei führt er eine aufwendige Machbarkeitsstudie durch, mit deren Hilfe er herausfinden möchte, ob die komplette Umstellung auf eine ökologische Landwirtschaft gelingen kann.

Nun kehrte der 44-jährige Wissenschaftler von einem erneuten Aufenthalt in Bhutan zurück; in den vergangenen drei Jahren verbrachte er mehr als 21 Monate in dem Königreich. In ganz Bhutan, in 20 Bezirken, führte Tashi mehr als 750 Interviews mit Bauern, die entweder konventionell oder schon ökologisch anbauen. Zusätzlich traf sich der Wissenschaftler mit mehreren Dutzend Experten aus Politik und Wirtschaft.

"Mein Hauptaugenmerk liegt auf dem Rohreis", erklärt er. "Natürlich werden in Bhutan auch andere Lebensmittel angebaut, aber der Reis ist eines der wichtigsten landwirtschaftlichen Erzeugnisse", so Tashi. Rund 172 Kilogramm Reis werden pro Kopf im Jahr verspeist. 50 Prozent des Gesamt-Reisverbrauches muss durch Importe aus dem Ausland, vor allem Indien, gedeckt werden. "Daher würde sich eine vollständige Einführung von ökologischer Landwirtschaft doppelt rentieren: Aus ökologischer und wirtschaftlicher Hinsicht", sagt der Wissenschaftler.

Dass diese Umstellung in den nächsten fünf Jahren vollbracht wird, zweifelt Tashi an - rein theoretisch sei dies möglich, praktisch aber nicht umsetzbar, da es noch zu viele Hürden gebe. Die ökologische Landwirtschaft hat ihren Preis, den viele der Kleinbauern sich nicht leisten können. Zudem macht das Relief Probleme: Die vielen Wälder sind geschützt und dürfen nicht angetastet werden, die Tal- und Bergform des kleinen Landes kommt erschwerend hinzu.

So sind die Bauern durch Gesetze, aber auch durch die Natur in ihren Möglichkeiten beschnitten. Außerdem dauert es sehr lange, bis die landwirtschaftlichen Produkte für den internationalen Markt zertifiziert sind. Daher fordert Tashi, dass die Bauern finanziell unterstützt und für die ökologische Landwirtschaft geschult werden, so wie in Indien auch. Zwar gebe es schon Unterstützung unter anderem aus Japan, aber nicht genug.

Sonam Tashi, der normalerweise am College of Natural Resources der Royal University of Bhutan forscht, wurde 2012 vom König von Bhutan für seine akademischen Leistungen geehrt. "Ich konnte mit ihm sprechen; er interessierte sich sehr für meine Arbeit und holt sich noch heute Erkundigungen ein", freut sich Tashi, der auch Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) und für diesen als Botschafter tätig ist.

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