Ludwig Morenz Professor stellte sein Buch über das älteste Zahlensystem vor

BONN · Zahlen fallen nicht einfach vom Himmel, sie haben eine Geschichte. Das älteste Zahlensystem, an dem man eine Entstehungsgeschichte beobachten kann, entstand bereits um 3000 vor Christus in der altägyptischen Kultur des Niltals. Ludwig D. Morenz, Professor für Ägyptologie an der Universität Bonn, stellte sein neues Buch "Zählen.Vorstellen. Darstellen" im Ägyptischen Museum vor.

 Professor Ludwig D. Morenz präsentiert sein Buch über das älteste Zahlensystem im Ägyptischen Museum.

Professor Ludwig D. Morenz präsentiert sein Buch über das älteste Zahlensystem im Ägyptischen Museum.

Foto: Barbara Frommann

Zwei Jahre lang forschte der Ägyptologe an frühen Schriften und archäologischen Fundstücken und fand dabei heraus: Die Vollendung des Dezimalsystems ereignete sich im alten Ägypten parallel zur Herausbildung der Schrift und des Territorialstaates, mit weitreichenden Folgen für die damalige Kultur, vom Sozialwesen bis hin zur Architektur der Pyramiden.

Einen Kronzeugen der altägyptischen Zahlen- und Rechenkunst zeigte Morenz dem interessierten Publikum der Buchpräsentation direkt vor Ort. Dazu wies er auf eine kleine Widderkopfskulptur aus Serpentinit hin, die Teil der Sonderausstellung des Ägyptischen Museums zum Thema Zählen und Messen ist.

Der Widderkopf ist ein Bestandteil eines "Hunderter Messstricks". "Wir können mit einem stärker zeremoniellen Gebrauch bei besonders festlichen Anlässen rechnen", erklärte Morenz. Dies sei nicht überraschend, denn obwohl das ägyptische Zahlensystem für mathematische Berechnungen funktioniert habe, habe es doch in der alten Kultur eine starke Symbolfunktion gehabt.

Eine besondere Bedeutung komme laut Morenz der Zehn zu. Diese Zahl ist die jüngste Ziffer in dem altägyptischen Zahlensystem und fehlte in frühen Überlieferungen. Dies belegte er anhand einer frühen Inschrift aus dem Niltal, auf denen die Zahl 12 noch anhand von simplen Einer-Strichen dargestellt war. Zunächst habe das Zahlensystem aus einem Nebeneinander von Einer- und Viele-Zeichen bestanden. Das Viele-Zeichen, eine Spirale, habe sich später zum Bild der Zahl 100 gewandelt. Dies habe den Menschen im Alltag ausgereicht.

"Erst später haben die Ägypter mit dem Zeichen für Zehn das Dezimalsystem perfekt gemacht", so Morenz. "Man kann den Denkern anhand der Funde praktisch dabei zugucken, wie es bei ihnen klick gemacht hat." Das Bild, das die Ägypter für die Zehn wählten - ein Halbkreis mit geraden Linien an beiden Enden - verkörpert nach Ansicht des Bonner Forschers eine gedachte Reihe von Einer-Strichen, die an ihren beiden Enden durch einen Bogen verbunden sind. "Damit wird die Verbindung vom ersten und zehnten Finger ausgedrückt", so Morenz.

Erschienen ist das Buch von Ludwig D. Morenz als erster Band der neuen Reihe Bonner Ägyptologische Studien im Berliner EB-Verlag. Es ist im Handel erhältlich: 19,80 Euro (ISBN: 978-3-86893-121-1).

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