"Honors-" und "Exzellenz"-Programme Lorbeeren für die Hoffnungsträger

BONN · Elisabeth Lewerenz ist nur eine von 34 000 Hochschülern der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität und zählt zugleich zu einem elitären Kreis von derzeit gerade mal dreihundert "Honors-Studierenden".

 Examensfeier an der Universität Harvard (USA): Auch an "normalen" Hochschulen werden besonders gute Studenten speziell gefördert.

Examensfeier an der Universität Harvard (USA): Auch an "normalen" Hochschulen werden besonders gute Studenten speziell gefördert.

Foto: dpa

Das sind nach angelsächsischem Vorbild buchstäblich "ausgezeichnete" Talente aller Fächer vor ihrem ersten Studienabschluss. Elisabeth etwa lernt im fünften Semester Englisch und Medienwissenschaft.

Aufgrund der Noten nimmt die Uni jedes Jahr rund hundert kluge Köpfe in die Honors-Liste auf. Erklärtes Ziel ist es, "besonders für die Wissenschaft begabte Studierende früh zu identifizieren und gezielt zu fördern." Geld gibt es dabei keins - wohl aber ein besonders "angereichertes" Lehrangebot, zusätzlich zu dem für alle Mitstudenten üblichen.

Damit schauen sie über den Tellerrand des eigenen Faches, erläutert Prorektor Jürgen von Hagen. Ein Kurs in allgemeiner Wissenschaftstheorie ist Pflicht, weitere Schnupperkurse stehen zur Wahl. Elisabeth etwa hat sich für Kriminologie entschieden. Mit einer kleinen Seminararbeit üben sich die Honors-Studenten außerdem früh im wissenschaftlichen Schreiben. Am Ende winkt eine besondere Urkunde, die alle Zusatzleistungen eigens aufführt. "Das ist gut für den Lebenslauf", hofft Elisabeth.

Beim Allgemeinen Studierendenausschuss (Asta) der Uni stößt das Honors-Programm auf entschiedenen Widerspruch. Asta- Referent Simon Hansen erklärt, eine frühe Leistungsdifferenzierung unter den Studierenden verletze die gebotene Chancengleichheit. Ursprünglich waren nur die Jahrgangsbesten auf Einladung der Dozenten zugelassen. Jemand, der sich übergangen fühlte, klagte aber 2013 mit Unterstützung des Asta dagegen und bekam Recht.

Das Hochschulgesetz, so der Richter, sehe kein elitäres Exklusivangebot vor, das das "Teilnahmerecht an grundsätzlich allen Lehrveranstaltungen" einschränkt. Indessen hat sich, so Prorektor von Hagen, auch seitdem niemand selbst dazu angemeldet. Das zusätzliche Lernpensum geht eben schnell auf Kosten der Freizeit und/oder des Jobs. Doch haben viele der eingeladenen Honors-Studenten gleichzeitig ein Stipendium von einem Begabtenförderungswerk wie der Studienstiftung des deutschen Volkes.

Die Uni Bonn hat sich der "Leitidee Forschungsuniversität" verschrieben und will damit ihre "internationale Sichtbarkeit erhöhen." Dieses Ziel entspricht der amtlichen "Exzellenzinitiative zur Förderung von Wissenschaft und Forschung an deutschen Hochschulen", die Bund und Länder vor zehn Jahren ins Leben riefen. Die Verantwortlichen gingen und gehen davon aus, dass "Spitzenforschung der beste Weg ist, um das Land im Wettbewerb zu behaupten und voran zu bringen."

Dafür loben sie Preisgelder in Milliardenhöhe aus, weshalb die Hochschulen dann ihrerseits die besten Forscher im Nachwuchs suchen. Von den derzeit mehr als zweieinhalb Millionen Studierenden bundesweit kommt für diese Leistungselite freilich immer nur eine kleine Minderheit in Frage. Unterschiedliche Studienangebote für die Wenigsten und die Meisten erscheinen insoweit sinnvoller denn je.

Schrittmacher auf diesem Wege ist schon seit 2003 das regierungsamtliche "Elitenetzwerk Bayern". Die besten Abiturienten können sich bewerben, jährlich werden "ein paar hundert" aufgenommen. Etwa dank Sprachkursen oder Rhetorik-Seminaren können sie ihre Fähigkeiten noch besser zur Geltung bringen.

Eine Besonderheit ist der "Honors-Elitestudiengang" für Bachelor-Studenten der Wirtschaftswissenschaften an der Uni Regensburg: Im Unterschied zum Bonner Modell geht es dabei weniger um fachfremdes Zusatzwissen als vielmehr um ein anspruchsvolleres Studienprogramm auf der Überholspur im eigenen Fach.

Wirtschaftswissenschaftliche Fachbereiche kümmern sich überhaupt häufiger als alle anderen um die Auszeichnung - oder in ihrer Fachsprache: Vermarktung - der studentischen Elite. An den Unis Köln oder Frankfurt dienen dazu beispielweise "Dean's Lists", in die der Dekan die nach dem Notendurchschnitt fünf oder zehn Prozent Jahrgangsbesten aufnimmt. "Das Wichtigste ist, die Studierenden sehen, dass uns Leistung wichtig ist", sagt der Kölner Dekan Werner Mellis. Entsprechend vermittelt er seinen Top-Studenten auch Firmenkontakte und eine individuellere Betreuung im weiteren Studium.

Auch Fachhochschulen betreiben Eliteförderung. So bietet der Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der FH Bonn-Rhein-Sieg einer Handvoll der jahrgangsbesten Bachelor-Studenten, also einem sehr exklusiven Kreis, ein "Programme for Excellence". Da gibt es etwa Tipps für Bewerbungen und Seminare für Business Behavior, das passende persönliche Auftreten im Geschäftsleben.

Daniel Behrendt etwa sieht in seiner "amtlichen" Exzellenz nicht zuletzt einen Türöffner für das bevorstehende Praxissemester in einem Unternehmen. Unter Mitstudenten, die von seiner Auszeichnung wissen, stoße die auf keine Ablehnung oder Neid, sagt er: "So etwas wie Begabtenförderung ist den anderen ärgstenfalls egal." Jedenfalls in Rheinbach.

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