Roland Donninger "Ich habe genug gute Probleme"

BONN · Irgendwie kommt das Gespräch immer wieder auf Albert Einstein und seine Allgemeine Relativitätstheorie zurück. Vielleicht, weil das Thema Roland Donninger sehr nahe ist - auch wenn der Mathematiker betont, dass er mittlerweile eigentlich einen etwas anderen Fokus gesetzt hat als damals in seiner Diplomarbeit.

 Für Roland Donningers Forschungen ist kein Labor nötig: Mathematiker arbeiten mit dem Kopf und mit dem Computer.

Für Roland Donningers Forschungen ist kein Labor nötig: Mathematiker arbeiten mit dem Kopf und mit dem Computer.

Foto: Thomas Kölsch

Die Physik liefert ihm Anstöße, die Mathematik die eigentlichen Probleme. Von denen hat er genug, wie er lachend bekennt. "Bei anderen Menschen wäre das ein Grund zur Sorge, für jemanden wie mich ist das herrlich."

Der Österreicher, der im November 2014 mit dem weltweit renommierten Sofja-Kovalevskaja-Preis der Alexander-von-Humboldt-Stiftung ausgezeichnet wurde und inzwischen in Bonn forscht, ist ein Grenzgänger, einer, den die mathematische Seite der Physik reizt. "Seit Isaac Newton bestehen Naturbeschreibungen eigentlich aus Differentialgleichungen", erläutert er das Thema. "Nun stellt sich aber die Frage, ob die auch lösbar sind - denn wenn nicht, wäre die Theorie fehlerhaft. Leider sind die Gleichungen so ungeheuer komplex, dass man das nicht so einfach sagen kann. Aber man kann etwas über die Eigenschaften von bestimmten Lösungen herausfinden."

Genau dort setzt Donninger an. Er analysiert Gruppen von Gleichungen, die von der Allgemeinen Relativitätstheorie und der Teilchenphysik inspiriert sind, und versucht Aussagen über ihr Verhalten. "Es geht zum Beispiel darum, Eigenschaften von Lösungen direkt aus der Gleichung abzulesen, ohne diese wirklich zu lösen, was im Allgemeinen auch gar nicht möglich ist", erklärt Donninger. Mit den "nichtlinearen Wellengleichungen" hat er sich einen der schwierigsten Teilbereiche seines Gebiets ausgesucht. Schall, Elektromagnetismus, Gravitation: Alles Wellen. "Daher ist das, was wir in der Mathematik machen, zwar sehr abstrakt, aber letztlich durchaus relevant."

Oft fragt man ihn, "was meine Forschungen bringen sollen. Dabei geht es letztlich um Verständnis. Alle großen Entdeckungen in den Naturwissenschaften wären ohne die Erkenntnisse der Mathematik nicht denkbar gewesen. Dann hätten wir heute zwar fantastische Kerzenleuchter, aber kein elektrisches Licht."

Um seine Forschungen durchführen zu können, war für Donninger eines schon früh klar: "Man muss an die besten Hochschulen gehen, um weiterzukommen." Daher habe er sich auch für Bonn entschieden, sagt er, obwohl er mit dem Sofja-Kovalevskaja-Preis und den dazugehörigen, auf fünf Jahre verteilten 1,65 Millionen Euro Preisgeld praktisch überall hätte hingehen können: "Das Mathematische Institut in Bonn gehört zu den besten der Welt, nicht nur punktuell, sondern in seiner gesamten Bandbreite", betont er.

Hinzu kam, dass ihn mit Professor Herbert Koch ein Gastgeber erwartete, der als einer von nur wenigen Mathematikern im deutschsprachigen Raum ebenfalls in Donningers Fachgebiet tätig ist. Dieser kann sich nun austoben. "Es ist schon ein Luxus, zu einhundert Prozent Forschung betreiben zu können", gesteht er. "Diese Zeit möchte ich auch nutzen, etwa um mir zusätzliche Werkzeuge anzueignen und mal über den Tellerrand zu schauen."

Dabei war zunächst alles anders geplant. "Ich war ein guter Schüler, aber kein Wunderkind", erinnert er sich. "Mathe und Physik hatten mich schon damals interessiert, und so habe ich diese Fächer zunächst auf Lehramt studiert. Mir war damals überhaupt nicht klar, dass es so etwas wie mathematische Forschung überhaupt gab. Irgendwann saß ich dann in einer Vorlesung über theoretische Physik - und es hat Klick gemacht. Das fand ich spannend."

Was in besagter Diplomarbeit über Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie mündete. "Damit war ich schon ein Exot", sagt Donninger lachend. "Dafür habe ich im Anschluss eine Doktorandenstelle angeboten bekommen und konnte dann dank eines Stipendiums nach Chicago. Die Arbeit dort war trotz des knallharten Wettbewerbs eine Art zweiter Offenbarung."

Seitdem ist der schon zuvor für sein Fach brennende Donninger vollends entflammt. In Bonn hofft er, den richtigen Nährstoff zu finden. Die Grundlagen scheinen zumindest zu stimmen. Bei all den auf dem Schreibtisch liegenden Problemen.

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