Bonner Radioastronomen Die Vermessung des Himmels

BONN · Die Bonner Astronomie kehrt zu den Ursprüngen zurück: Von 1852 bis 1862 unternahm Friedrich Wilhelm Argelander hier die "Bonner Durchmusterung": 324 198 Sterne nahm sein Team durch handgesteuerte (!) Teleskope in den Blick, maß ihre genaue Position und Helligkeit und zeichnete sie in Sternkarten ein. Jetzt wollen die Bonner Sternkundler das in weitaus intergalaktischerem Maßstab wiederholen und planen nichts Geringeres als "die größte Kartierung des Universums".

Nicht allein, natürlich: Am Projekt "Square Kilometer Array" (SKA) arbeiten Wissenschaftler aus mehr als zehn Ländern mit. Chef der internationalen Arbeitsgruppe ist Professor Roy Maartens von der West-Kap-Universität in Südafrika, auf Bonner Seite ist das Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) mit Dr. Hans-Rainer Klöckner dabei.

Das Vorhaben soll in zwei Bauabschnitten verwirklicht werden: Im ersten werden von 2018 bis 2023 eine "locker besetzte Anordnung von Parabolspiegeln in Südafrika und einfachen Antennen in Australien" entstehen. Schon diese Anlagen sollen eine Gesamt-Teleskopfläche von 15 Fußballfeldern haben und pro Tag ein Datenvolumen verarbeiten können, das (wie die Experten mitteilen) "den heutigen Datenverkehr des globalen Internet um ein Vielfaches überschreitet": Die Teil-Teleskope werden per Glasfaser vernetzt, per Computer zusammengeschaltet und arbeiten daher so genau, als seien sie ein einziges Riesenteleskop. Im zweiten Bauabschnitt kommen bis etwa zum Jahr 2030 eine "deutlich höhere Anzahl dieser Einzelteleskope und Antennenelemente" sowie weitere Empfänger hinzu: Dies soll die Empfindlichkeit der Anlage noch einmal "erheblich erhöhen".

Nicht ganz unwichtig ist die Frage, was man mit einer derart kosmischen Datenmenge anfangen soll. Die Forscher haben vorab darüber nachgedacht und jetzt eine Reihe von Vorschlägen für Experimente veröffentlicht: Sie wollen zum Beispiel einen 3D-Atlas des Kosmos erstellen, die Ausdehnung des Universums in Echtzeit messen, Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie nachprüfen und nach einer fünften Grundkraft der Naturgesetze suchen. Kosten soll das alles rund anderthalb Milliarden Euro. Aber auch zwischen noch so strahlenden Sternen gibt es viel Dunkelheit: Der deutsche Anteil der Finanzierung ist unklar. Der Bund hat sich im letzten Jahr aus dem Projekt zurückgezogen.

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