Bonner Paläontologe Kai Jäger Deutscher Meister des "Science Slam"

BONN · Spätestens mit dem Sequel von Jurassic World als dritterfolgreichstem Film aller Zeiten ist eines deutlich geworden: Dinosaurier begeistern uns. Vielleicht ist das der Grund, warum der Paläontologe Kai Jäger von der Universität Bonn ein Jungstar in der Science-Slam-Szene ist.

 "Science Slam"-Champ Kai Jäger leckt auf der Bühne auch mal an einem Knochen.

"Science Slam"-Champ Kai Jäger leckt auf der Bühne auch mal an einem Knochen.

Foto: Muc

Mit seinem Vortrag "Ein Fossil zum Knutschen" tourt der 28-Jährige seit rund anderthalb Jahren auf Deutschlands Bühnen und beweist immer wieder, warum gerade er der amtierende Science-Slam-Meister ist.

Bereits als Kind wusste der gebürtige Bonner, wie sein späterer Traumberuf einmal heißen sollte: Paläontologe. So wurden die Spielzeugdinosaurier recht schnell gegen echte Schätze ausgetauscht. "Meine erste Ausgrabung hatte ich im Alter von fünf Jahren. Da habe ich am Vilicher Bach mein erstes Fossil gefunden", erinnert sich Jäger.

Seit jeher begibt er sich auf die Spuren der ausgestorbenen Reptilien. Nach dem Abitur studierte er Geologie an der Universität Bonn, die hier deutschlandweit noch einen der größten Fachbereiche hat.

Von 20 Professuren sind fünf in Bonn

Paläontologie gehört zu den sogenannten Orchideenfächern, die immer seltener gelehrt werden. "Seit den 90er Jahren sind die Hälfte der Professuren gestrichen worden. Heute gibt es noch etwa 20 Professuren, von denen fünf in Bonn sind", erklärt Jäger.

Deshalb sei er nach dem Studium in der Region geblieben, um sich auf seinen Studienschwerpunkt der Wirbeltierpaläontologie zu konzentrieren. In seiner Doktorarbeit untersucht er das Kauverhalten der ersten Säugetiere. Seine Erkenntnisse sollen helfen, eines der wichtigsten Schlüsselmerkmale der Evolution zu prüfen: Die Entwicklung unserer Zähne.

Zweifel an der Signifikanz seiner Forschung räumt Jäger aus: "Bei der Grundlagenforschung weiß man vorher nie, ob sie für die Zukunft relevant ist oder nicht. In den 60er Jahren war Kryptografie brotlose Kunst, während heute jeder Chip eine Verschlüsselung benötigt." Auf dieser Leidenschaft für das eigene Fach gründet wohl sein Bühnenerfolg.

Bei seinen bisherigen Science Slams konnte sich der Paläontologe bereits einige Male gegen die drei bis fünf Nachwuchswissenschaftler durchsetzen, die wie Jäger in maximal zehn Minuten versuchen, das Publikum von ihrer Forschungsarbeit zu überzeugen. Ob mit einer Gesangseinlage, einer Power-Point-Präsentation oder im Superheldenkostüm, ist dabei ihnen überlassen.

Informativ und witzig

Informativ und witzig müsse es sein, findet der Doktorand, denn im Publikum säßen Laien, die mit langweiligen Fachvorträgen nicht viel anfangen könnten. "Es ist eine Gratwanderung zwischen Wissenschaft und Unterhaltung, doch vor allem im digitalen Zeitalter, wo im Internet jeder falsche Informationen veröffentlichen kann, müssen Forscher mehr kommunizieren", sagt Jäger.

Wissenschaftliche Arbeit werde zunehmend an ihrer Öffentlichkeitsarbeit gemessen, und er sehe sich beruflich mit Fragen konfrontiert wie: Wie populär ist deine Wissenschaft? Oder: In wie vielen Fachpublikationen hast du veröffentlicht? Wissenschaftliche Inhalte seien so gezwungen, stärker populärwissenschaftlich publiziert zu werden, präzisiert der junge Forscher.

In der weltweiten Forschergemeinde herrscht aktuell ein reger Diskurs über Sinn und Unsinn von Science Slams. Wie banal dürfe Wissenschaft eigentlich sein? "Wir wollen unsere Forschung nicht als Comedy-Veranstaltung darstellen, aber wir brauchen Unterhaltung, um die Menschen mit Wissenschaft in Kontakt zu bringen", erklärt Jäger. Dabei sei es wichtig, seriös und authentisch zu bleiben.

Diese Verknüpfung scheint ihm zu gelingen. Nach rund 20 Auftritten, teils vor mehreren tausend Zuschauern, hat er als "ein Fossil zum Knutschen" die größten deutschen Science-Slam-Titel gewinnen können. Nicht zuletzt, weil er auf der Bühne an einem Knochen leckt, verrät Jäger. Das komme gut an. Momentan will sich der leidenschaftliche Wissenschaftler seiner Doktorarbeit widmen, bevor er vor einer ganz besonderen Herausforderung steht: einer festen Arbeitsstelle.

Kai Jägers Paläontologie-Vortrag beim Berliner Finale des 36. "Science Slam"

Science Slam mit Thomas Gottschalk

Ein "Science Slam" ist ein wissenschaftliches Vortrags-Event, bei dem Nachwuchswissenschaftler innerhalb von zehn Minuten auf der Bühne ihre Forschungsprojekte vorstellen. Sie dürfen ihre Hilfsmittel frei wählen - PowerPoint, Musik, Tanzeinlagen, Exponate, egal. Das Publikum kürt am Ende des Abends einen Gewinner.

Kai Jäger ist Sieger der Deutschen Science-Slam-Meisterschaften 2014, ausgerichtet von der Plattform www.science-slam.com und der Biologin Dr. Jutta Offe (www.scienceslam.de). Sie richtet seit 2009 Science Slams in Deutschland aus. Der nächste Science Slam in Bonn steigt am Freitag von 19 bis 21 Uhr im Ernst-Moritz-Arndt Gymnasium (Wegelerstraße 1). Es slammen Stipendiaten der Dr.-Hans-Riegel-Stiftung, es moderiert Thomas Gottschalk.

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