Studium für Nicht-EU-Studenten Das Studium bleibt gebührenfrei

BONN · Vor zwei Jahren hat das Land Nordrhein-Westfalen Studiengebühren an staatlichen Hochschulen abgeschafft. Bis dahin beliefen sie sich in der Regel auf 500 Euro pro Kopf und Semester. Inzwischen verzichten auch alle anderen Bundesländer auf solche Beiträge.

 Der syrische Student Housam Zakkour (links) und Lasertechnik-Dozent Jens Bliedtner an der FH Jena.

Der syrische Student Housam Zakkour (links) und Lasertechnik-Dozent Jens Bliedtner an der FH Jena.

Foto: dpa

Aber angesichts einer chronischen Unterfinanzierung bei steigenden Studentenzahlen befürworten jetzt immer mehr Hochschulleiter Sonderabgaben von Gaststudenten aus der weiten Welt. Sie brauchen eine kostspielige Betreuung, erklärt etwa der Rektor der Technischen Hochschule Aachen. Sein Amtskollege von der TU München ergänzt: "Die Zugereisten werden sich nicht einmal beschweren" - weil sie in der Schweiz, England, Amerika oder Australien je nachdem noch höhere Gebühren zahlen müssen.

Die Universität Bonn ist mit einem besonderen "Betreuungsbeitrag" im vergangenen Jahrzehnt sogar schon einmal vorgeprescht. Ab dem Wintersemester 2006/7 mussten "Bildungsausländer" ohne EU-Pass 300 Euro im Jahr extra zahlen. Das Geld diente etwa Sprachkursen. Massive Proteste der Studierenden führten jedoch 2009 zum Verzicht auf den Sonderbeitrag. Vor diesem Hintergrund erklärt der heutige Vorsitzende des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA), Jonas Janoschka: "Wir waren und sind überhaupt gegen Studiengebühren, also auch gegen Sonderbeiträge von Ausländern." Auch Rektor Jürgen Fohrmann sagt: "Der Universität Bonn geht es nicht darum, irgendwen mit Gebühren zu belasten." Wie Betreuungsangebote finanziert werden sollen, sei allein Sache des Gesetzgebers. Für den Präsidenten der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, Hartmut Ihne, steht die Gebührenfrage ebenfalls nicht auf der Tagesordnung. Seine Sprecherin ergänzt, eine solche "Ausländer-Maut" sei kontraproduktiv bei der Absicht, mehr internationale Studierende zu gewinnen. Auch der AStA der Hochschule neigt zum Verzicht auf eine solche Gebühr.

Dabei sind Studienbewerber aus der Europäischen Union schon von Rechts wegen von Gebühren befreit, weil mit Deutschen gleichgestellt. Das gilt auch für hierzulande aufgewachsene Abiturienten ohne EU-Pass, etwa aus türkischen Familien. Dass aber alle anderen Ausländer (gegenwärtig 2300 an der Uni Bonn, bundesweit rund 120.000) keinen Anspruch auf Gebührenfreiheit haben, stellt jetzt ein juristisches Gutachten im Auftrag der Landesregierung Baden-Württembergs klar. Dies gilt nach Prüfung völker- und europarechtlicher Gesichtspunkte sowie der Vorgaben des Grundgesetzes bundesweit, unterstreicht der Autor, Rechtsprofessor Eibe Riedel (Mannheim/Genf).

Nach seiner Empfehlung könnten staatliche Hochschulen bis zur Hälfte der tatsächlichen Studienplatzkosten verlangen, derzeit pro Kopf bis zu 4000 Euro im Jahr. Würden sich die Hochschulen der Region mit nur 2000 begnügen, könnte die Uni von ihren Nicht-EU-Studenten ohne deutsches Abitur derzeit fast fünf Millionen Euro im Jahr einziehen, die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg mehr als 900.000 Euro. Bisher hat aber allein Sachsen den Weg freigemacht und es den Hochschulen selbst überlassen, ob oder wie viel Gebühren sie fordern. Die Musikhochschule Leipzig mit vielen Studierenden aus Südostasien verlangt jährlich 3600 Euro, wogegen Betroffene sich aber noch vor Gericht wehren. In Baden-Württemberg hat die Vorsitzende der Grünen im Landtag, der größten Regierungsfraktion, die Gebührenfrage aufgeworfen. Sie gibt zu bedenken: "In der Regel stammen diejenigen, die aus den USA oder Asien zu uns kommen, nicht aus den ärmsten Elternhäusern."

Allerdings müssen die Gebühren nach dem Rechtsgutachten auch dem Ärmsten, der den Weg nach Deutschland gefunden hat, eine Chance auf Hochschulbildung bieten. Dazu zwingen, erklärt Eibe Riedel, zahlreiche internationale Vereinbarungen, zum Teil im Rahmen der Vereinten Nationen. Die erforderliche "Sozialverträglichkeit" ist etwa durch Darlehen oder Stipendien zu erreichen. Diese werden von vielen öffentlichen und privaten, in- und ausländischen Stellen angeboten. In Verbindung mit solchen Fördermaßnahmen befürwortet auch Horst Hippler, Präsident der bundesweiten Hochschulrektorenkonferenz (HRK) die "Studienmaut" für Nicht-EU-Ausländer. Die Stipendiaten-Auswahl diene nicht zuletzt der Qualitätssicherung unter den Studierenden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort