Ausländische Studenten in Bonn Attraktiv, gut organisiert, günstig

BONN · Deutschland wird für Studierende als Einwanderungsland immer attraktiver. Mittlerweile sind mehr als 300.000 Menschen aus dem Ausland an deutschen Hochschulen eingeschrieben. Doch die Wohnungssuche ist ein großes Problem.

 Deutschland als Traum-Studienort: Der junge Ukrainer Paul Hrosul vor dem Hauptgebäude der Uni. Er hat die deutsche Sprache schon in der Schule gelernt.

Deutschland als Traum-Studienort: Der junge Ukrainer Paul Hrosul vor dem Hauptgebäude der Uni. Er hat die deutsche Sprache schon in der Schule gelernt.

Foto: Torsten Gertkemper

"Deutschland war von Anfang an mein absoluter Favorit", erzählt Paul Hrosul. Der 22-jährige Politikstudent aus der Ukraine ist seit fast fünf Jahren in Bonn. Auch für den gleichaltrigen Edouard Schuppert aus Frankreich war Deutschland als Studienort die erste Wahl: "Die Sprache habe ich bereits in der Schule gehabt und war so am besten auf Land und Leute vorbereitet."

Beide bestätigen den Trend: Deutschland wird für Studierende als Einwanderungsland immer attraktiver. Mittlerweile sind mehr als 300.000 Menschen aus dem Ausland an deutschen Hochschulen eingeschrieben; 2004 waren es noch knapp unter 250.000. Das geht aus dem Zahlenreport hervor, den der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) und das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) erstellt haben.

"Die Bundesregierung erwartet, dass die Zielmarke von 350.000 Studierenden im Jahr 2020 sogar noch übertroffen wird", sagt Margret Wintermantel, Präsidentin des DAAD. "Das ist sehr positiv, denn internationale Spitzenkräfte sind eine Bereicherung für unsere Gesellschaft." Auch in Bonn ist diese Entwicklung zu beobachten. Insgesamt studierten im Wintersemester 2014/2015 rund 4200 junge Ausländer in der Beethovenstadt - ein Anteil von mehr als zwölf Prozent aller Studenten. "Wir liegen damit über dem durchschnittlichen Ausländeranteil der deutschen Hochschulen", sagt Sandra Groeger vom International Office der Universität Bonn. Vor allem für Nicht-Europäer ist die ehemalige Bundeshauptstadt attraktiv; die meisten ausländischen Studierenden kommen aus China und der Türkei.

Befragung unter 11.000 jungen Ausländern

Die Attraktivität Deutschlands hat mehrere Ursachen. Im Rahmen einer Studie hat der DAAD über 11.000 junge Ausländer zu ihrem Studium befragt. Sie schätzen das Hochschulsystem und die Qualität der Bildung. Edouard kann das nur bestätigen: "Die Lehrmethoden sind in Deutschland zum Beispiel viel besser als in Frankreich. Auch die Organisation des Studiums fällt mir hier viel leichter als in meinem Heimatland." Dazu kommen die Lebenshaltungskosten, die im Vergleich zu Deutschlands Nachbarn sehr gering sind - die Hälfte aller Befragten gab das an.

Neben den positiven Meldungen gibt es aber noch viele Probleme für die jungen Studienbewerber aus dem Ausland. Das sagt Margret Wintermantel und verweist dabei auch auf die Studie: "Für viele ausländische Studenten stellt die Wohnungssuche das größte Problem dar." Vor allem, wer bei der Suche nach einer Wohnung nicht auf die Hilfe der Hochschule bauen kann, hat große Schwierigkeiten. Deshalb ist Edouard so dankbar, dass er durch das Studierendenwerk der Universität Bonn unterstützt wurde: "So war die Suche nach einer Unterkunft für mich überhaupt kein Problem", sagt er. Viel schwieriger fielen ihm die Behördengänge. "Es war schwer, die Sprache zu verstehen, vor allem wenn die Leute so schnell sprechen." Paul ging es da ähnlich: "Zum Glück war mein Cousin bereits in Deutschland. Er hat mir mit den Dokumenten viel geholfen. Ohne ihn wäre ich vielleicht gar nicht hier."

Förderung vom Auswärtigen Amt

Viele Befragte beklagten sich in der Studie darüber, dass Betreuungsangebote der Universitäten und Fachhochschulen nicht bei ihnen ankämen. Dabei werde schon viel in die Unterstützung der ausländischen Studenten investiert, so Wintermantel. "Allein das Auswärtige Amt fördert Stipendien- und Betreuungsprogramme mit rund 7,5 Millionen Euro pro Jahr." Auch in Bonn bietet das International Office eine Vielzahl an Betreuungsprogrammen, darunter ein umfangreiches Deutschkursangebot und interkulturelle Workshops, in denen sich Ausländer über ihre Erfahrungen austauschen können.

Ein Mangel an Hilfsangeboten besteht also nicht, häufig erreichen sie die Zielgruppe aber nicht. Das Problem liege im Zuschnitt der Angebote, sagt Sandra Groeger: "Eine umfassende Studienverlaufsanalyse würde dabei helfen, bedarfsgerecht auf die Bedürfnisse der ausländischen Studierenden einzugehen." Dennoch sieht sie die Bonner Universität durch die Vielzahl an Angeboten gut gerüstet. Edouard gewinnt den anfänglichen Schwierigkeiten eines Studiums im Ausland sogar etwas Positives ab. "Durch die Herausforderungen ist man gezwungen, neue Fähigkeiten zu erlernen. Das hat mir sehr geholfen."

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