Immobilienskandal Das Augustinum kämpft um seine Häuser

BAD NEUENAHR/BONN · Das Augustinum ist in einen handfesten Immobilienskandal verwickelt. Der evangelische Seniorenheimbetreiber kämpft vor Gericht um 14 seiner bundesweit 23 Luxus-Altenheime, deren Immobilien er in den vergangenen Jahren an eine Firma in Schleswig-Holstein verkauft hat.

 Unter Wert verkauft? Die Augustinum-Seniorenresidenzen in Bad Neuenahr...

Unter Wert verkauft? Die Augustinum-Seniorenresidenzen in Bad Neuenahr...

Foto: Martin Gausmann

Bei dem Verkauf soll der Altenheimbetreiber, unter tatkräftiger Mithilfe zweier eigener ehemaliger Spitzenmanager, systematisch betrogen worden sein. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, ein ehemaliger Geschäftsführer saß vorübergehend in Untersuchungshaft. Zu den betroffenen Immobilien gehören auch die beiden Einrichtungen in Bonn und Bad Neuenahr mit jeweils rund 400 Senioren. Die Bewohner sind verunsichert.

Bei dem Verkauf und der gleichzeitigen Wiederanmietung der Immobilien zwischen 2010 und 2013 sei es dem Augustinum darum gegangen, bilanzielle Mittel für die weitere Expansion verfügbar zu machen, sagte ein Sprecher in der Augustinum-Zentrale in München.

Dieses Verfahren ist in der Wirtschaft nicht unüblich. Große Warenhausketten wie Karstadt hatten in der Vergangenheit ihre Kaufhäuser an Immobiliengesellschaften verkauft und langfristig zurückgemietet.

Beim Augustinum ging es aber nach Auffassung des gemeinnützigen Unternehmens nicht mit rechten Dingen zu: "Die Immobilien wurden unter Wert veräußert, um im Zuge von Weiterverkäufen Mehrerlöse in Millionenhöhe zu erzielen und zwischen den Beteiligten aufzuteilen", so der Sprecher.

Zudem seien Gelder in Millionenhöhe - verschleiert durch eine zwischengeschaltete Schweizer Treuhandgesellschaft und fingierte Rechnungen - in illegaler Weise an die Beschuldigten transferiert worden.

Drahtzieher seien der ehemalige, im vergangenen Jahr gestorbene Aufsichtsratschef des Augustinums sowie ein ehemaliger Geschäftsführer gewesen, die mit dem Käufer der Immobilien gemeinsame Sache gemacht hätten. Aufkäufer der Immobilien zum Preis von fast einer dreiviertel Milliarde Euro sei die kleine norddeutsche Firma Nordic Kontor mit einem Grundkapital von gerade einmal 25.000 Euro gewesen.

Das Geld für den Kauf sei der Firma vom Augustinum zum größten Teil als Kredit zur Verfügung gestellt worden. Ein anonymes Schreiben habe die Vorgänge ans Tageslicht gebracht. Insgesamt sollen sich fünf Personen, alles Beteiligte des Immobiliendeals, mit 35 Millionen Euro bereichert haben, berichtete die "Süddeutsche Zeitung". Die Vorwürfe lauten auf Betrug, Untreue und Korruption.

Nun versucht die Augustinum-Spitze, den Verkauf wieder rückgängig zu machen, dazu laufen mehrere Prozesse. Die Staatsanwaltschaft in München bestätigte Ermittlungen, wollte sich aber zu Details nicht äußern. Der Unternehmenssprecher zeigte sich zuversichtlich, "dass wir nach den ersten Urteilen weiterhin Eigentümer der Immobilien sind". Die Grundbucheinträge seien von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt, so dass sämtliche Grundstücksgeschäfte bis auf Weiteres unterbunden seien.

Auf die Bewohner, die für eine Wohnung in den Heimen bis zu 4740 Euro monatlich zahlen, soll der Streit keine Auswirkungen haben. "Der Betrieb ist davon überhaupt nicht betroffen", sagte der Augustinum-Sprecher. Wegen stornierter Mietzahlungen durch die Münchener hatte allerdings der neue Eigentümer eine Räumungsklage gegen die Bewohner der Hamburger Augustinum-Residenz eingereicht. Diese wurde jedoch vom Gericht auf Eis gelegt.

Nicht berührt sein sollen auch die sogenannten "Wohnkredite" von Bewohnern oder Bewerbern um eine Wohnung. Hierbei handelt es sich nach Darstellung des Unternehmens um vier- bis fünfstellige Beträge, die Senioren dem Stift unbefristet zur Verfügung stellen können und die derzeit nach Angaben des Sprechers mit vier Prozent verzinst werden. Sie seien im Grundbuch erstrangig abgesichert, so der Sprecher. "Unsere wirtschaftliche Lage ist gesund", betonte er.

Das Augustinum

Die Augustinum-Gruppe wurde 1954 vom evangelischen Pfarrer Georg Rückert in München gegründet, wo sie bis heute ihren Hauptsitz hat. Zu ihr gehören bundesweit 23 Wohnstifte mit rund 7500 Bewohnern, zwei Sanatorien für Demenzkranke, eine Klinik, dazu einige Schulen und Internate.

2013 erwirtschaftete die familiengeführte Holding - Georg Rückerts Sohn Markus übernahm 1988 die Leitung - mit ihren 4300 Mitarbeitern einen Umsatz von 326 Millionen Euro nach 314 Millionen im Vorjahr.

Der Gewinn lag 2013 bei knapp sieben Millionen Euro und bleibt, entsprechend der Gemeinnützigkeit, im Unternehmen. Hauptgesellschafter der gemeinnützigen GmbH ist die gleichnamige Stiftung. Das Augustinum ist Mitglied im Diakonischen Werk der evangelischen Kirche.

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