Handwerkskammer Köln Vermittlung von Migranten an Betriebe in der Region

BONN · Nicht nur in der Schule, sondern auch auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz: Jugendliche mit Migrationshintergrund haben häufig mit Vorurteilen zu kämpfen. Doch auf dem Ausbildungsmarkt tut sich so langsam etwas.

 Erster Job nach der Ausbildung: Funda Gavaser wurde bei der Bäckerei Eich in Troisdorf übernommen.

Erster Job nach der Ausbildung: Funda Gavaser wurde bei der Bäckerei Eich in Troisdorf übernommen.

Foto: Jedicke

Die Handwerkskammer zu Köln versucht jetzt ganz gezielt, junge Bewerber mit Migrationshintergrund an Betriebe in der Region zu vermitteln.

Claudia Siegmund, Inhaberin der Bäckerei Eich in Troisdorf, macht schon seit vielen Jahren gute Erfahrungen mit jungen Migranten in ihrem Betrieb. Anfangs seien ihre Verkäuferinnen von den Kunden angesprochen worden, warum sie ein Kopftuch tragen. "Ich habe mit meinen Azubis geübt, darauf zu antworten", sagt Siegmund. Dass es zu ihrem Glauben gehört, sie es freiwillig tragen und es abgesehen davon in einer Bäckerei auch viel hygienischer sei, antworten die Frauen dann.

Frauen mit Kopftuch an Betriebe zu vermitteln, sei manchmal nicht so einfach, sagt Angela Arndt, Ausbildungsvermittlerin bei der Handwerkskammer zu Köln. "Viele Unternehmen neigen eher dazu, das zu nehmen, was sie kennen", sagt sie. Deshalb sei es wichtig, Betriebe wie die Bäckerei Eich zu haben. "Umgekehrt ist es häufig problematisch, dass das duale System aus betrieblicher und schulischer Ausbildung in anderen Ländern nicht so bekannt ist", sagt Arndt.

Viele Migranten würden sich daher für ein Berufskolleg entscheiden. Erst wenn beispielsweise eine Studienplatzbewerbung scheitert, bewerben sie sich auf einen Ausbildungsplatz. Ausbildungsberater der Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg gehen in Moscheen, um potenzielle Bewerber und ihre Familien über das deutsche Ausbildungssystem zu informieren.

Auch viele Freunde von Funda Gavaser haben eine Ausbildung erst gar nicht in Betracht gezogen. Die Familie der 20-Jährigen stammt aus der Türkei. Nach dem Realschulabschluss wurde sie vom Jugendbüro Troisdorf an die Bäckerei Eich vermittelt. Gerade hat sie ihre Ausbildung abgeschlossen und ist übernommen worden. "Das Verkäuferische lag mir schon immer", sagt Funda Gavaser. "Kein Wunder", sagt ihre Ausbilderin. "Schließlich gelten die Türken von jeher als Händlervolk." Sprachprobleme kennt Claudia Siegmund von ihren Azubis nicht. Die meisten seien in der zweiten Generation in Deutschland und sprächen perfekt Deutsch.

Bei der Handwerkskammer zu Köln sieht man da dennoch Handlungsbedarf. Zuwandererfamilien aus der Türkei können dort in türkischer Sprache persönlich beraten werden. Außerdem gibt es Faltblätter zum Ausbildungssystem unter anderem in türkischer, russischer und bulgarischer Sprache. Auch Betriebsinhaber, die aus Zuwandererfamilien stammen, sollen verstärkt für die Berufsausbildung gewonnen werden.

In den Handwerksunternehmen der Region Köln-Bonn werden nach Angaben der Handwerkskammer derzeit 1139 Jugendliche ausländischer Staatsangehörigkeit ausgebildet. Das ist ein Anteil von 8,6 Prozent an allen Ausbildungsverhältnissen. 509 Jugendliche sind türkischer Staatsangehörigkeit.

Dass das in Zukunft mehr werden, da hat man zumindest in der Bäckerei Eich nichts gegen einzuwenden. "Bei uns fragen die Kunden jetzt schon gar nicht mehr nach dem Kopftuch", sagt die Inhaberin.

Infos für Ausbilder

Die Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg bietet Betriebsinhabern aus Zuwandererfamilien an, online nach geeigneten Bewerbern zu suchen. Auf der Plattform jetzt-ausbilden.de gibt es fremdsprachige Beiträge über das deutsche Ausbildungssystem. Hier können sie auch Ausbildungsaufrufe in ihrer Muttersprache ins Netz stellen.

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