"Initiative für Spätstarter" Mit 33 Jahren in die Ausbildung

BONN · Christin Bock aus Bonn hat sich eine Möglichkeit aufgetan, einen Berufsabschluss nachzuholen. Sie macht seit 1. Dezember vergangenen Jahres eine Ausbildung zur Personaldienstleistungskauffrau.

 An ihrem Arbeitsplatz in der Verwaltung von Unique: Auszubildende Christin Bock. FOTO: BARBARA FROMMANN

An ihrem Arbeitsplatz in der Verwaltung von Unique: Auszubildende Christin Bock. FOTO: BARBARA FROMMANN

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Alleinerziehende haben es auf dem Arbeitsmarkt schwer. Häufig werden sie arbeitslos oder müssen ihre Ausbildung abbrechen, weil sich Familie und Job nicht vereinbaren lassen. Für Christin Bock aus Bonn hat sich eine Möglichkeit aufgetan, einen Berufsabschluss nachzuholen. Sie macht seit 1. Dezember vergangenen Jahres eine Ausbildung zur Personaldienstleistungskauffrau.

Mit ihren 33 Jahren ist sie eine Spätstarterin. "Meine persönlichen Umstände haben sich irgendwann leider so entwickelt, dass ich als alleinerziehende Mutter mein Studium abbrechen musste", so Christin Bock. Sie habe dann einen Job im Einzelhandel angenommen. Als dort aus betrieblichen Gründen die Arbeitszeit reduziert wurde, habe sie sich an das Jobcenter gewandt.

"Mein Arbeitsvermittler hat mir von der Möglichkeit einer betrieblichen Umschulung erzählt, die man auch mit über 30 noch beginnen kann", berichtet Bock. Artur Glogowski vom Jobcenter stellte den Kontakt zur Firma Unique Personalservice GmbH, die Arbeitnehmer in Zeitarbeit vermittelt, her. Christin Bock lernt bei der Personaldienstleistungsfirma alles über Personalverwaltung, die Betreuung von Kunden und Mitarbeitern und ist bei Vorstellungsgesprächen dabei. "Die Perspektive, so doch noch eine Ausbildung nachzuholen, die mir künftig bessere Jobchancen eröffnet, fand ich sehr attraktiv." Kind und Job unter einen Hut zu bekommen, sei kein Problem: "Das klappt prima."

Darius Miler, Niederlassungsleiter von Unique Personalservice in Bonn ist zufrieden: "Wir haben eine tolle Auszubildende gefunden." Sie werde jetzt nach und nach an das Tagesgeschehen herangeführt. Der Kontakt zum Jobcenter funktioniere sehr gut. Er lernte Glogowski im vergangenen Jahr auf einer Jobmesse kennen. Seitdem stehen sie im regelmäßigen Austausch. Auch Zeitarbeiter vermittelt ihm das Jobcenter regelmäßig

Das Jobcenter Bonn kann viele Ausbildungsgänge als betriebliche Einzelumschulung finanziell fördern. Das Besondere: "Die dreijährige Ausbildungszeit wird dabei um ein Drittel verkürzt", erläutert Glogowski. Christin Bock ist also nach zwei Jahren mit ihrer Ausbildung fertig. Während der Ausbildungszeit bekommt sie durch das Jobcenter weiter aufstockende Leistungen.

Damit noch weitere Alleinerziehende von solchen Umschulungen profitieren können, halten Arthur Glogowski und seine Kollegen vom Vermittlungsservice des Jobcenters Bonn engen Kontakt zu Arbeitgebern: "Gerade bei Menschen mit Zickzack-Lebenslauf ist es wichtig, die Arbeitgeber gezielt darauf hinzuweisen, dass es sich lohnt, den Bewerber anzuschauen." Das Jobcenter Bonn betreut derzeit 2991 erwerbsfähige Mütter bis 35 Jahre und mindestens einem minderjährigen Kind. Darunter sind rund 870 Alleinerziehende. Über 80 Prozent davon haben keine abgeschlossene Berufsausbildung.

"Fachkräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung werden im Schnitt besser entlohnt als angelernte Arbeitskräfte und sind seltener arbeitslos", so Glogowski. Die besseren Chancen am Arbeitsmarkt zahlten sich auch im Alter aus. Je mehr Rentenbeiträge ein Arbeitnehmer über die Jahre entrichtet habe, desto geringer sei das Risiko von Altersarmut. Die Förderung der beruflichen Weiterbildung von Arbeitslosen ist in diesem Jahr ein Schwerpunkt der Integrationsarbeit des Jobcenters Bonn, denn fehlende berufliche Qualifikationen sei einer der häufigsten Ursachen für Langzeitarbeitslosigkeit. Darum geht es gezielt bei der "Initiative für Spätstarter". "Zielgruppe sind insbesondere Arbeitslose zwischen 25 und 35 Jahren ohne Berufsabschluss", sagt Günter Schmidt-Klag, Geschäftsführer des Jobcenters Bonn. Es gehe darum, den Kunden abhängig von den persönlichen Voraussetzungen ein passgenaues Angebot zu unterbreiten. "Im Jahr 2015 möchte das Jobcenter Bonn 400 Arbeitslosen den Eintritt in eine Weiterbildungsmaßnahme ermöglichen", so Schmidt-Klag. 100 davon sollen einen Berufsabschluss zum Ziel haben. Bundesweit haben Arbeitsagentur und Jobcenter bislang 30.000 Menschen über 25 Jahren auf diese Weise zu einer Erstausbildung verholfen.

Bei Christin Bock hat es mit dem Einstieg in eine Ausbildung als Umschulung reibungslos geklappt. Sie hat ihre neue Firma über ein sechswöchiges Praktikum kennengelernt. In dieser Zeit bekam sie ihre Sozialleistungen ganz normal weiter. "Im Einzelfall können wir bis zu zwölf Wochen Praktikum fördern", berichtet Glogowski. Da könnten sich Arbeitgeber und künftiger Auszubildender zunächst einmal kennenlernen. In ihrer Berufsschulklasse ist Bock die Älteste. Das sei aber kein Problem: "Alle sind sehr nett."

30 plus sei natürlich nicht das klassische Alter für eine duale Ausbildung, meint Darius Miler: "Aber ich glaube, dass auch Arbeitgeber flexibler werden müssen, wenn es darum geht, Mitarbeiter mit Potenzial zu finden.

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