Wende im Prozess Milde Strafen im Teldafax-Prozess möglich

Troisdorf/Bonn · Das Gericht stellt den Angeklagten überraschend zwei Jahre auf Bewährung in Aussicht.

Spektakuläre Wende im Prozess vor dem Bonner Landgericht um die Pleite des ehemaligen Troisdorfer Energiekonzerns Teldafax: Nach einem Anfang dieser Woche hinter verschlossenen Türen geführten Rechtsgespräch haben die Richter der Wirtschaftsstrafkammer am gestrigen 41. Verhandlungstag mitgeteilt, dass die drei Angeklagten wohl mit Bewährungsstrafen rechnen können.

Die beiden ehemaligen Vorstände Klaus B. (51) und Gernot K. (52) sowie Michael J. (62), der nach seiner Tätigkeit im Vorstand in den Aufsichtsrat gewechselt war, müssen sich wie berichtet wegen Insolvenzverschleppung, vierfachen Bankrotts und gewerbsmäßigen Betruges in 241 Fällen vor Gericht verantworten.

Das Hauptproblem des seit Januar dieses Jahres laufenden Prozesses ist die Frage, wann der Insolvenzantrag hätte gestellt werden müssen. Laut Anklage war der Energiekonzern bereits Mitte 2009 zahlungsunfähig und überschuldet. Gestellt wurde der Insolvenzantrag jedoch erst im Juni 2011.

Laut der jetzt verkündeten "vorläufigen Einschätzung" des Gerichts weist derzeit jedoch einiges darauf hin, dass sich die wirtschaftliche Situation des Unternehmens 2010 verbessert hat - und möglicherweise zu diesem Zeitpunkt kein Insolvenzantrag mehr gestellt werden musste.

Vorschlag: Konzentrieren auf die Insolvenzverschleppung

Dies hätte weitreichende Konsequenzen: Es müsste nur noch darüber entschieden werden, wie die Lage im Jahr 2009 war. Damit wären aber vor allem sämtliche angeklagten Betrugsfälle, die laut Anklage ab dem Sommer 2010 begangen wurden, vom Tisch. Aus prozessökonomischen Gründen hatte die Staatsanwaltschaft nicht alle Fälle von potenziell betroffenen Kunden angeklagt. Allein der von den Staatsanwälten Sebastian Peters und Alexander Klingberg aufgelistete Schaden beläuft sich auf 185 000 Euro.

Der Kammervorsitzende Marc Eumann schlug aufgrund dieser derzeitigen Einschätzung vor, sich auf die Insolvenzverschleppung zu konzentrieren und die restlichen Anklagepunkte einzustellen. Zudem wurden vom Gericht mögliche Strafobergrenzen bei einer Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung ins Spiel gebracht: Diese belaufen sich laut dem Vorschlag bei dem Angeklagten Klaus B. auf zwei Jahre mit Bewährung, bei dem Angeklagten Gernot K., der sich bislang als einziger Angeklagte zu den Vorwürfen geäußert hat, auf eine 18-monatige Bewährungsstrafe.

Zweifel haben die Richter, ob sich der in der Anklage erhobene Vorwurf, Michael J. sei zwar offiziell nur im Aufsichtsrat gewesen, habe faktisch jedoch die Geschicke im Vorstand geführt, beweisen lässt. Ihrer Meinung nach kommt eher eine Verurteilung wegen Beihilfe zur Insolvenzverschleppung in Betracht. Eine Strafe würde voraussichtlich nicht mehr als ein Jahr auf Bewährung betragen.

Die Richter wiesen darauf hin, dass die Strafen noch milder ausfallen könnten, falls die Angeklagten Klaus B. und Michael J. sich äußern und ein Geständnis ablegen würden.

Zudem erhalten die Angeklagten wohl aus einem weiteren Grund noch einen Strafrabatt: Etwa drei Monate ihrer Strafen sollen die drei Manager aufgrund einer justizbedingten Verfahrensverzögerung erlassen bekommen: Ein erster Prozess war im März 2014 geplatzt, da die Verteidiger erfolgreich moniert hatten, dass das Landgericht eine Hilfsstrafkammer errichtet hatte, die den Fall verhandeln sollte. Die Staatsanwälte scheinen sich dem Ansinnen des Gerichts nicht zu verschließen: Sie wollen zwar über den Vorschlag noch beraten, gaben jedoch zu verstehen, dass sie sich eine Zustimmung durchaus vorstellen könnten. Aus rechtlichen Gründen gehen sie sogar davon aus, dass die höchste Strafe für eine Insolvenzverschleppung wohl nicht mehr als anderthalb Jahre betragen dürfte.

Norbert Gatzweiler, Verteidiger des Angeklagten Klaus B., kommentierte die seiner Meinung nach "sensationelle Entwicklung" mit den Worten: "Die Luft ist raus. Wenn die Angeklagten überhaupt verurteilt werden, dann zu äußerst milden Strafen." Der Prozess wird fortgesetzt.

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