Traditions-Bäckerei droht Zahlungsunfähigkeit "Der alte Lubig war ein Pionier"

Bonn · "Viele Konsumenten legen einfach keinen Wert mehr auf Qualität", findet eine Verkäuferin der Bonner Bäckerei Lubig. Sie ist eine von 170 Mitarbeitern des Traditionsunternehmens, das vergangenen Donnerstag beim Amtsgericht Insolvenzantrag gestellt hatte.

"Die Mitteilung kam ja gestern schon in den Nachrichten", erzählt sie. „Ich denke nicht, dass Personal abgebaut wird. Aber es muss ein neues Konzept her, damit die Ware preiswerter angeboten werden kann, um auch mit den Discountern konkurrieren zu können.“ Der Umsatz gehe zunehmend zurück.

Die Familie Lubig selbst, die das Unternehmen im Jahr 1894 gründete, seit Anfang 2014 aber nicht mehr Eigentümer der 28 Filialen in Bonn und Umgebung ist, wollte sich am Freitag auf Anfrage des General-Anzeigers nicht äußern.

Man stünde immer noch mit dem neuen Inhaber in Kontakt. Dieser habe die Familie auch selbst in Kenntnis gesetzt. Zuletzt führten die beiden Brüder Christian und Markus Lubig das Unternehmen in der vierten Generation.

Die Mitarbeiter wurden im Gegensatz zur Familie nicht alle direkt am Donnerstag informiert. Einige erfuhren die Neuigkeiten wohl zuerst aus den Medien.

Wie der Unternehmenssprecher für die Sanierung Holger Vosskuhl am Freitag erklärte, sei das "aus juristischen Gründen" organisatorisch nicht vermeidbar gewesen.

Ein Kurier habe die einzelnen Filialen angefahren, allerdings waren viele zu diesem Zeitpunkt bereits geschlossen. Anfang nächster Woche sollen die Mitarbeiter noch ein mal ausführlich über den Stand der Dinge informiert werden.

"Wir bedauern die Situation von Lubig sehr", sagt Elke Siewert, Geschäftsführerin der Bäcker-Innung Bonn/Rhein-Sieg. Doch es gebe Hoffnung. "Die angestrebte Sanierung kann gelingen, weil Lubig mit besonderen Produkten und langer Tradition aufwarten kann", so Siewert.

Lubig hatte die Insolvenz auch angemeldet, da das Unternehmen nötige Investitionen nicht mehr aus eigenen Mitteln stemmen konnte.

Auch Theo Voigt, Geschäftsführer der regionalen Bäckerei und Konditorei Voigt mit über 40 Filialen spürt den Druck in der Branche: "Es ist noch nicht gravierend, aber auch wir verlieren leicht Marktanteile", erklärt er. "Wir haben den Vorteil, dass wir auch im Konditoreibereich sehr stark sind."

[zahlen]Neben der Qualität hält er vor allem die Standortwahl für entscheidend, ob Handwerksbetriebe heute noch überleben können. Die Vorkassezonen in Supermärkten seien dabei sehr interessant.

"Wir müssen Nischen besetzen und zeigen, dass die Produkte zwar teurer, aber auch einzigartig und qualitativ hochwertig sind", sagt der Obermeister der Bäcker-Innung Bonn/Rhein-Sieg Bernhard Rott.

Gleichwohl könne man kein ganzes Handwerk in eine Nische pressen. "Die Discounter haben sich mit Brot und Brötchen genau die Produkte vorgeknöpft, mit denen der Bäcker das Geld verdient hat", erklärt Rott.

Doch selbst mit einer ganzen Reihe einzigartiger Produkte, wie dem mehrfach patentierten Laktosebrot und 100 weiteren Patentanmeldungen, braucht Lubig einen neuen Investor.

"Der alte Lubig war ein Pionier", sagt Franz-Josef Gilgen von der gleichnamigen Bäckereikette mit 39 Filialen aus Hennef. Mit Bio-Backwaren habe er eine "super Idee" umgesetzt, findet Gilgen. Doch: "Man hat in den letzten Jahren nicht schnell genug geschaltet und sich dem Markt angepasst."

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